Kreis Wittenberg Kreis Wittenberg: Erstmals kommandiert eine Frau 80 Soldaten
HOLZDORF/MZ. - Trotz manchem Vorurteil, das es gegenüber Soldatinnen geben mag - sie ist sich nicht zu fein für die anstrengende Ausbildung, äußerst aufgeschlossen und vor allem eins: Sie ist nicht das, was man sich unter einem Mannsweib vorstellt. Auch wenn sich die Bundeswehr in einem Punkt doch noch recht konservativ gibt: Ränge und Dienststellungen gibt es ausschließlich in der männlichen Form. Und so ist Frau Oberleutnant Nicole Kotsch seit Juli dieses Jahres nicht etwa Stabszugführer in im Fliegerhorst Schönewalde / Holzdorf, sondern Stabszugführer. Im Hubschraubergeschwader 64 hat sie circa 80 Soldaten und einige Zivilisten zu befehligen. Damit stellt sie für den hiesigen Bundeswehrstandort eine Besonderheit dar: Nicole Kotsch ist die erste Frau, die im Fliegerhorst einen Oberleutnantposten übernommen hat.
Sie selbst sieht in ihrer Rolle allerdings keine Rarität: "Frauen sind in der Bundeswehr mittlerweile akzeptiert. Außerdem ist Soldat ein völlig normaler Beruf, wie andere auch" erklärt die 28-Jährige. Scheu davor hatte sie überhaupt nicht. "2002, als ich Abitur gemacht habe, war das Thema in den Medien. Es hat mich interessiert, also habe ich mich beworben", begründet Kotsch ihre Wahl. Nach Holzdorf kam die junge Frau allerdings erst in diesem Jahr. "Das war Glück. Durch die Umgestaltung des Hubschraubergeschwaders war genau die Stelle frei, die ich suchte. Ich habe mich beworben und sofort Bescheid bekommen, dass ich den Posten antreten kann."
Damit leistet Nicole Kotsch ihren eigenen Beitrag zu einer höheren Frauenquote im Soldatenberuf. "Im Bundeswehrstandort Schönewalde / Holzdorf haben wir momentan einen Frauenanteil von sieben bis acht Prozent. Die weiblichen Soldaten arbeiten zwar meist im Innendienst, aber es werden auch mehr in den technischen Berufen. Die Frauen sind nicht mehr wegzudenken", berichtet Oberstabsfeldwebel Torsten Schöne, zuständig für die Pressearbeit des Fliegerhorsts.
An den Innendienst muss sich auch Oberleutnant Kotsch gewöhnen. Zu ihren Aufgaben gehören im Hubschraubergeschwader vor allem administratorische Arbeiten, wie die Aktenpflege und das Organisieren und Koordinieren von Lehrgängen. Für ihre militärische Zukunft hat sich Nicole Kotsch schon die nächsten Ziele gesetzt. Erst einmal möchte sie sich gut und ordentlich im Fliegerhorst einarbeiten und ihre Untergebenen persönlich kennen lernen, damit weiterhin eine "saubere Führung des Stabszuges" gewährleistet ist. Auch einen Freiwilligenantrag für einen Auslandseinsatz hat die 28-jährige bereits gestellt. Entgegen vieler Bedenken von außen ist sie sich bewusst: "Ich habe diesen Beruf gewählt und es gehört nun mal zu dieser Karriere dazu. Also lasse ich mich darauf ein." Bei ihrer Entscheidung dachte sie auch daran: "Ich bin allein stehend und flexibel, aber dennoch gefestigt genug. Es sollen lieber Soldaten zu Hause bleiben, die Kinder haben. Ich kann den Job übernehmen und meine Belastungsgrenze austesten."
Mit ihrer Position als Stabszugführer macht Oberleutnant Nicole Kotsch außerdem auf die Karrieremöglichkeiten in der Bundeswehr aufmerksam. Faktisch ist es Frauen erst seit Januar 2001 möglich, sich für jede Verwendung in den Streitkräften zu bewerben - vorher war der Zugang auf wenige Ausnahmen begrenzt. Seit der Öffnung für Frauen befindet sich die Bundeswehr in einem enormen Umformungsprozess - nicht nur was Uniformen in der Gestalt von Blusen und Röcken angeht.
Die Streitkräfte sind - unter anderem durch die Gesetzgebung - bemüht, dass sich der Soldatenberuf und das Familienleben besser miteinander vereinbaren lassen. Jeder Soldatin steht in vollem Umfang der Mutterschutz zu. Und auch während der Schwangerschaft wird den weiblichen Militärdienstleistenden ein Schutz eingeräumt, der sie von verschiedenen Diensten befreit. Dennoch wird kein Geschlecht bevorzugt. Mit der Devise "Soldat ist Soldat - egal ob Mann oder Frau" wird allen das Recht auf Elternzeit gewährt.
Ein letzter Unterschied ist seit Anfang diesen Jahres ebenfalls beseitigt. Die bisherige Gesetzeslage sah die Klausel vor, dass Frauen sich für den Dienst freiwillig melden müssen. Männer waren zum Dienst an der Waffe oder einer Ersatzleistung verpflichtet. Doch mittlerweile ist bekanntlich auch diese Differenz aufgehoben - genauer: ausgesetzt - worden.