Kreis Wittenberg Kreis Wittenberg: Drei Haare sind ein weißer Fleck
PREMSENDORF/MZ. - Friedhelm Müller - dieser Name ist nicht einmalig in Deutschland. Es gibt beispielsweise im Land Rechtsanwälte, Unternehmer, Lehrer gleichen Namens und einen Steuerberater in Stuttgart. Ausgerechnet in der Stadt, in der Friedhelm Müller aus Premsendorf seinen größten Erfolg feiern konnte. 2003 wurde der Kaninchenzüchter in der Hauptstadt von Baden-Württemberg Bundesmeister mit seinen Mecklenburger Schecken. Erst seit 1997, nach seinem Renteneintritt, betreibt der heute 73-Jährige sein Hobby aus Kindertagen intensiv. Doch hat er seither eine stattliche Zahl an Preisen, Urkunden und Pokalen angesammelt. 110 Tiere befinden sich derzeit in seiner Obhut. Alle picobello gepflegt und gesund.
Seine Frau Christa, einst selbst erfolgreiche Züchterin, ist dabei stets an seiner Seite. Ihr obliegt es auch, die rot-weiß gezeichneten Schecken für Ausstellungen fit zu machen. "Das kann ich nicht", sagt der Gatte, "ich denke immer, das tut denen weh. Außerdem können Frauen doch viel besser mit der Pinzette arbeiten. Sie machen sich doch auch schön, bevor sie ausgehen." Um bei solchen Tierschauen, wie beispielsweise am kommenden Wochenende in Annaburg eine zu sehen ist, vorn mit dabei zu sein, müssen die Tiere vorher noch mal unter die Lupe genommen werden. Farbliche Irritationen im Fell ziehen gnadenlos Punktabzug nach sich. Da müssen die Lieblinge vorher mit der Pinzette Haare lassen. Getreu dem altbekannten Züchterspruch: "Drei Haare sind ein weißer Fleck." Dabei kann ein Laie an solch einem Tier nur Schönes finden. Niedlich sind sie. So richtig zum Kuscheln.
Das findet auch Marlene, die Enkelin von Christa und Friedhelm. Die Vierjährige freut sich riesig, wenn es aus dem thüringischen Buttstädt zu Opa und Oma geht. Hier wartet ein braun-weißer Kuschelfreund auf sie. Den beschmust sie mit Hingabe. Erst neulich verkündete sie: "Heute habe ich ihn geküsst!" Wehe dem Opa, der diesen seiner eigentlichen Bestimmung zuführen würde . Das weiß Friedhelm Müller. Und so führt der "Kuschelhase" von Marlene ein relativ sorgloses Leben.
Nicht ganz so sorglos können andere Langohren in die Welt blicken, denn die hübsche Rasse ist "spalterbig". Das heißt, dass bei der Verpaarung nur 50 Prozent der Jungtiere den Anforderungen an die Zeichnung der Rasse entsprechen. Die andere Hälfte kommt einfarbig oder mit wilden Flecken zur Welt und ist für die Weiterzucht ungeeignet. Aber auch die zieht Friedhelm Müller groß und gibt sie dann später ab.
Manchmal, wenn wieder eine Geburt ansteht, erinnert sich der staatlich geprüfte Landwirt an seine züchterischen Anfänge. Als Kind wollte er unbedingt drei Kaninchenfarben in einem vereinen. Doch solch ein Glückshase gelang ihm nicht, obwohl tatsächlich so genannte Japanerfarbige existieren. Schon beizeiten musste der Junge im elterlichen, 40 Hektar großen landwirtschaftlichen Betrieb mit ran. Es galt, 14 Kühe und 60 Schweine zu versorgen. Zwei Jahre lang ging er beim Vater in die Lehre, dann qualifizierte er sich zum Meister und schloss schließlich ein Studium an.
Heute sucht er nicht mehr den Glückshasen. Aber sein Glück hat er offensichtlich bei seinen "Hasen" gefunden. Und ein glückliches Händchen in der Zucht hat er sowieso. Oft winken die anderen Züchter schon ab, wenn Friedhelm Müller seine Tiere bei Ausstellungen auspackt: "Wenn der da ist", sagen sie anerkennend, "haben wir doch kaum eine Chance". So war es 2009 im sächsischen Ostrau, wo der Premsendorfer mit einer Sammlung, das sind vier Tiere, für die erreichten 384 Punkte den Großen Ehrenpreis für seine Mecklenburger Schecken zugesprochen bekam. Acht seiner Schönheiten, die rund fünf Kilo wiegen, wird er mit nach Annaburg nehmen und wer weiß, vielleicht begegnet er dort auch seinem Namensvetter aus Stendal. Der ist nämlich auch begeisterter Kaninchenzüchter.
Die Kaninchenausstellung in der Turnhalle am Kellerberg in Annaburg hat am Sonnabend von 9 bis 17 Uhr und am Sonntag von 10 bis 16 Uhr geöffnet.