Kreis Wittenberg Kreis Wittenberg: «Das passt nicht»
Prettin/MZ. - Gut ein Drittel der Hallenbreite nimmt die vollautomatische Bearbeitungsmaschine ein. Und sie zieht sich mit ihrem computergesteuerten Regal über deren gesamte Länge. Ohne diese Hochtechnologie hätte Roland Görmer mit seiner PM-CNC Gussbearbeitung GmbH die bisherigen Höhen und Tiefen des wirtschaftlichen Wegs kaum meistern können. Doch für solcher Art Anlagen - hier stehen noch weitere sieben Bearbeitungsmaschinen, ebenfalls alle computergesteuert - braucht er hochqualifizierte Fachleute als Mitarbeiter.
Da reicht Pünktlichkeit nicht allein. So fragt er Anwärter im Bewerbungsgespräch schon mal nach dem Satz des Pythagoras. Und ist vom Ergebnis nicht selten enttäuscht. Betriebsanleitungen in Englisch verstehen? - Fehlanzeige. "Das passt nicht."
"Wir hatten in 22 Jahren Sachsen-Anhalt 14 Schulreformen, irgendwann müssen die Schulen auch mal zur Ruhe kommen können und ihre originäre Aufgabe erfüllen", spricht Wittenbergs Landrat Jürgen Dannenberg (Linke) aus seiner Sicht einen möglichen Grund für diese Situation an. Zum Arbeitsbesuch hat er sich eingefunden. Und heischt Zustimmung von Görmer, der sagt: Unternehmensnachwuchs zu finden "fängt nicht mit der Lehrzeit an". Im vergangenen Jahr, erinnert er, gab es die Möglichkeit, einem Lehrabbrecher ein Praktikum in seinem Betrieb zu geben. "Das war eine gute Sache", lobt Görmer. Selbst, wenn er und der junge Mann im vergangenen Jahr nicht unter einen Hut kamen. Aber Lehrabbrechern die Chance zu geben, sich in anderen Branchen auszuprobieren, um dann noch mal eine neue Lehre zu starten, hält er für eine passende Lösung. Dannenberg erklärt, dass er gar nichts davon halte, wenn etwa Arbeitsagenturen angesichts der jetzigen Schulabgängersituation von den Unternehmen forderten, ihre Ansprüche zurück zuschrauben.
Insgesamt arbeiten bei PM-CNC gegenwärtig 49 Mitarbeiter. Bis 2009 waren es schon mal mehr, erinnert Görmer. Doch das hat nun weniger mit der Qualität der Bewerber zu tun. Nach der Wirtschaftskrise, die ab 2009 auch auf sein Unternehmen durchschlug, hat er es etwas umstrukturiert. Keine Großserien mehr. Klein- und mittelgroße Serien bestimmen nun die Fertigung. Görmer entschied sich, sich unabhängiger von Großaufträgen zu machen. Das heißt vor allem, von der "heißen Autoindustrie", wie er formuliert. Bis dato bearbeitete seine Firma unter anderem Gussteile für Daimler-Benz.
Seine "Nische", erklärte Görmer, seien jetzt Aufträge, bei denen er mit Flexibilität, Qualität und Schnelligkeit überzeugen könne. Statt der Autoteile sind jetzt mehr Umwelttechnologien ins Blickfeld gerückt. Entsorgungsanlagen etwa. Gehäuse für Hochdruckpumpen zählen dazu, für elektrische Verstellmotoren, auch Getriebegehäuse für Treppenliftanlagen, nennt Görmer einige Beispiele. Nach wie vor ist die Deutsche Bahn sein Kunde, für die er ebenfalls Gehäuse bearbeitet, immerhin als so genannter "Q1"-Lieferant.