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Katzenelend  Katzenelend : 35-Jährige sucht Unterstützer, die Herz für streunernde Tiere haben

Von Ute Otto 25.10.2016, 04:00
Auch streunende Katzen müssen geschützt werden.
Auch streunende Katzen müssen geschützt werden. Archiv/dpa

Annaburg - In der Stadt Annaburg werden tierliebe Menschen gesucht, die sich eines Problems annehmen: streunende Katzen. Dass es dort zwei Schwerpunkte gibt, hat die Schweinitzerin Anja Wache durch Zufall erfahren.

Anonyme Hilfe für streunernde Katzen in Annaburg

Die 35-Jährige arbeitet in Jessen in einer Tierfutterhandlung. Sie wurde dort auf eine Kundin aufmerksam, die große Mengen Katzenfutter kaufte. Die Frau aus Annaburg, die ungenannt bleiben will, erzählte ihr, dass sie gut 20 Katzen auf ihrem großen Grundstück versorgt, einstige Streuner, die sie aufgelesen und kastrieren lassen hat. Als die Annaburgerin sagte, dass es in ihrer Stadt zu viele Katzen gebe, die zwar von einer Frau aus Falkenberg regelmäßig gefüttert werden, aber ansonsten ihrem Schicksal überlassen sind, wurde Anja Wache hellhörig.

Seit 2014 Mitglied des Vereins Tierhilfe Südbrandenburg mit Sitz in Herzberg hat sie sich in jüngerer Zeit schon verwilderten oder verwahrlosten Katzen im Jessener Raum angenommen. „Persönlich geht mir so etwas sehr nahe“, sagt die Tierschützerin.

Als sie abends nach Einbruch der Dunkelheit die bezeichneten Stellen in Annaburg aufsuchte, kamen - wohl in Erwartung der Futterpatin - je bis zu 15 Katzen aus der Deckung des Gestrüpps. Schon im Scheinwerferlicht ihres Autos konnte Anja Wache erkennen, dass es um die meisten Tiere nicht gut bestellt ist.

Alle Katzen, die sie und ihre zwölfjährige Tochter mit Hilfe der Annaburgerin seither mit Fallen vom Verein eingefangen haben um sie kastrieren zu lassen, sind krank, haben Katzenschnupfen oder Bauchfellentzündung. Einige weisen zudem Verletzungen auf, „die eindeutig von Misshandlungen herrühren“ - gebrochene oder gequetschte Gliedmaßen etwa.

Es sei beobachtet worden, dass betrunkene Jugendliche die Tiere quälen. Tatsächlich häufen sich in der Nähe eines der beiden Katzenreviere Scherben zerschlagener Schnapsflaschen. „Manche Katzen sind auch angeschossen“, erzählt Wache. Bald erreichen die Tierarztkosten vierstellige Höhe. „Unser Verein finanziert sich nur aus Spenden.“ Auch kräftemäßig gerate sie an ihre Grenzen, sagt die junge Frau. „Ich kann nicht allein die Welt retten.“

Viel fachliche Unterstützung erhält die Schweinitzerin von Rico Lange. Der 29-jährige wohnt ebenfalls in Schweinitz und ist Vorsitzender des 750 Mitglieder zählenden Tierschutzvereins in Falkensee bei Berlin. „Solche Probleme wie in Annaburg kennt man dort nicht.“ Die Kommunen im Berliner Umland sind besser bei Kasse und haben auch mehr Mittel für den Tierschutz.

Hierzulande beschränke sich das auf eine kleine Haushaltsposition für die Überbringung von Fundtieren im Tierheim. Das betreffe aber hauptsächlich Hunde, hat Lange erfahren. „Streunende Katzen kann man sowieso nicht ins Tierheim bringen, die würden dort eingehen. Also lässt man Katzen da einfach hinten runter fallen.“

„Manche Leute verstehen nicht, warum wir uns überhaupt um diese Katzen kümmern“, so Wache. Aus Angst, angegriffen zu werden, wolle sich auch die Frau, die die Katzen füttert, nicht zu erkennen geben. „Lassen wir die Tiere hungern, gehen sie an Mülltonnen oder räubern Nester von Wildkaninchen und Singvögeln.“

Das Problem würde sich mitnichten von selbst erledigen, sondern noch verschlimmern durch die Reproduktion. Zudem übertragen die Katzen Krankheiten, die normale andere Freigänger anstecken oder über die Schuhe vom Menschen bis zu Wohnungskatzen vordringen können.

Auf der Suche nach einer Lösung für die Annaburger Streuner haben sich Rico Lange und Anja Wache an die Stadt und das Veterinäramt des Kreises gewandt. „Beide Stellen haben sofort reagiert, das ist nicht überall so“, anerkennt Lange.

Interessierte treffen sich in Annaburg

Vergangene Woche gab es ein Treffen vor Ort. Freilich machten sich die Katzen da gerade rar, nur einzelne belauschten unter Büschen abgeduckt, was da besprochen wurde: Ute Hillebrandt, die Veterinärin von der Kreisverwaltung, empfahl, die Tiere von der Stelle, wo die Gefahr besteht, dass sie verletzt werden oder sich selber an den Glasscherben verletzen, wegzulocken.

Gut wäre es, wenn es gelänge, auf städtischem oder privatem Grund Futterplätze in einem trockenen Unterstand - etwa einer alten Scheune - einzurichten. Die Frau, die die Katzen füttert, soll unbedingt einbezogen werden. Die Veterinärin erbot sich, mit ihr zu sprechen, auch um ihr noch Hinweise für eine vernünftige Fütterung zu geben.

Einig war man sich darüber, dass es viele ehrenamtliche Unterstützer braucht, dem Problem Herr zu werden. Ideal wäre es, so die Meinung der Anwesenden, wenn eine Tierschutz-Ortsgruppe zustande käme, die unter dem Dach eines anerkannten Vereins in Sachsen-Anhalt arbeitet. Dann könnten Fördermittel des Deutschen Tierschutzbundes auch für die Kastration wildlebender Katzen beantragt und Spenden eingeworben werden.

Letzteres hat Anja Wache schon über ihren Verein im Nachbarland angeschoben. Spenden können auf dessen Konto mit Zweckbindung für die Annaburger Katzen überwiesen werden. „500 Euro haben wir jetzt zusammen“, berichtet sie. Für einen Aufruf zur Unterstützung bietet die Stadtverwaltung Annaburg den Initiatoren eine kostenlosen Veröffentlichung im Amtsblatt an. (mz)