Kabarettist Florian Schroeder im Interview Kabarettist Florian Schroeder im Interview: "Humor und ein böser Blick sind wichtig"
Jessen/Torgau - 1979 in Lörrach in Baden-Württemberg geboren, entfaltete Florian Schroeder schon in Jugendjahren ein parodistisches und später kabarettistisches Talent. 2000 bis 2007 studierte er Germanistik und Philosophie in Freiburg und begann parallel dazu seine Bühnenkarriere, sammelte Erfahrungen als Radio- und Fernsehmoderator.
Darüber hinaus ist er - inzwischen in Berlin lebend und mehrfach ausgezeichnet - auch Autor, Kolumnist und gefragter Talkshow-Gast. In der Szene wird Florian Schroeder geschätzt für seine Mischung aus messerscharfer Beobachtungsgabe bezüglich politischer und gesellschaftlicher Entwicklungen, philosophischer Substanz und hintergründigem Humor. Derzeit ist er mit seinem neuen Soloprogramm „Ausnahmezustand“ unterwegs.
Im permanenten Ausnahmezustand unserer Zeit widmet sich der 37-Jährige darin der Frage nach Gut und Böse in politischer, philosophischer und anarchischer Dimension, getreu dem Motto: Erst wenn es richtig böse ist, ist Kabarett wirklich gut. Am Samstag, 26. August, um 20 Uhr sorgt er in der Torgauer Kulturbastion für einen Abend im „Ausnahmezustand“. Vorab gab Florian Schroeder der MZ ein Interview. Das Gespräch führte Redakteur Detlef Mayer.
Sie haben sich schon recht früh entschieden, in Richtung Parodie, Bühne und Medienpräsenz zu gehen. Gibt es dafür einen Grund?
Florian Schroeder: Ja. Wenn man in der Schule bis auf Deutsch und Geschichte mittelmäßig ist, unsportlich und viele Pickel hat, gibt es wenige Möglichkeiten, an Mädels ranzukommen. Also habe ich frühzeitig begonnen, Lehrer zu parodieren. Damit konnte ich bei meinen Mitschülern punkten.
Sind Sie, was Comedy und Kleinkunst angeht, von elterlicher Seite vorbelastet?
Tatsächlich verfügen Mutter wie Vater über ein großes komödiantisches Talent. Schon als ich Kind war, haben wir gemeinsam Leute parodiert, also Bekannte, Freunde oder Nachbarn nachgemacht. Von meinen Eltern habe ich vor allem das Gefühl für die richtige Überzeichnung im richtigen Moment - wenn man so will - in die Wiege gelegt bekommen. Das war schon eine Einflussgröße.
Statt zur Bundeswehr zu gehen, haben Sie Zivildienst geleistet. Darf man daraus auf eine pazifistische Einstellung schließen?
Den Wehrdienst habe ich zum einen verweigert, weil ich ein miserabler Wehrdienstleistender gewesen wäre. Ich habe überhaupt keine Neigung zu Waffen und bin als Befehlsempfänger denkbar ungeeignet. Zum anderen hatte ich die Chance, in meinem Zivildienst Patienten-Radio an der Uni-Klinik in Freiburg zu machen. Das war für mich eine sehr attraktive Stelle. Da konnte ich das tun, was mir lag.
Sie sind ja in so vielen Bereichen und zu unterschiedlichsten Anlässen öffentlich präsent. Wird das nicht manchmal ein bisschen viel?
Nein, das ist glücklicherweise nicht der Fall. Eher befruchten sich die verschiedenen Aktivitäten gegenseitig. Und es findet ja nie alles zur selben Zeit statt.
Halten Sie einen philosophierenden Germanisten für besonders berufen, intelligentes Kabarett zu machen?
Nicht jeder studierte Germanist und Philosoph ist automatisch ein guter Kabarettist. Genauso wie nicht jeder Kabarettist mit Germanistik oder Philosophie vorbelastet sein muss. Aber es kann schon helfen. Man lernt dabei gegen den Strich zu denken. Viele philosophische Texte zum Beispiel haben ja großes kabarettistisches Potenzial. Gucken Sie sich nur Kants Definition der Ehe an: „Ein Gesellschaftsvertrag zur gegenseitigen Nutzung der Geschlechtsorgane.“
Florian Schroeder: „Die meisten Kabarettisten sind nachdenkliche Geister“
Über den privaten Florian Schroeder weiß die Öffentlichkeit recht wenig. Sind Sie ein humorvoller Mensch oder eher ein ernster?
Ich denke beides trifft zu. Humor und ein böser Blick sind wichtig fürs Kabarett, eine gewisse Ernsthaftigkeit aber auch. Die meisten Kabarettisten und Humoristen, die ich kenne, sind nachdenkliche Geister.
Ist das Schreiben eines neuen Kabarett-Programms eher Arbeit für Sie oder mehr Vergnügen? Geht es Ihnen leicht von der Hand?
Natürlich macht so ein Kabarett-Programm Arbeit. Aber es trifft schon beides zu, mit Vergnügen ist das auch verbunden. Wenn man erst mal einen Zugang gefunden hat zum Thema, geht es oft leicht von der Hand. Aber von Themenfindung bis Dramaturgie alles zu bedenken und in eine sinnvolle Komposition einzubinden, ist massive Arbeit. Und die erfordert eine liebevolle, geduldige Hand.
Wie lange nimmt dieser ziemlich facettenreiche Schöpfungsprozess für gewöhnlich in Anspruch?
Vom Beginn der Recherche bis zum fertigen Programm dauert es bestimmt ein gutes halbes Jahr, einschließlich einer Phase sehr intensiver Arbeit von etwa drei Monaten.
Torgau ist zwar Kreis-, aber keine Großstadt. Passen Sie Ihre Programme, wie jetzt „Ausnahmezustand“, an den jeweiligen Auftrittsort an? Verändern Sie eventuell deren Länge oder lassen Sie lokale Bezüge einfließen?
Regionale Einfärbungen, bezogen auf Torgau oder andere Spielorte, gibt es nicht. Bei 120 Auftritten im Jahr ist das einfach nicht zu machen. Allerdings versuche ich, jedes Mal einen anderen Einstieg zu finden. Außerdem improvisiere ich sehr viel, die Zuschauer können mir Fragen stellen etc., so dass am Ende ein Abend steht, der nur einmal in dieser Stadt mit diesem Publikum stattfinden konnte.
Warum sollte man sich gerade Ihr neues Kabarett-Programm ansehen?
Um es mal selbstbewusst zu formulieren: Weil es eine Mischung aus Leichtsinn und Ernsthaftigkeit ist, die es so nur bei mir zu erleben gibt.
Ist das Publikum in ihren Veranstaltungen eher gesetzteren Alters oder jung?
Es ist heute bunt gemischt. Früher saßen viele ältere Leute im Publikum. Inzwischen bringen die Eltern aber ihre Kinder mit und die wieder ihre Freunde. Das ist beruhigend, da ich so Anlass zur Hoffnung habe, dass auch in 30 Jahren noch Leute kommen werden.
(mz)