Jessen Jessen: Schlange stehen für Reifenwechsel

Jessen/MZ - „Dramatisch“ nennt Benno Schmidt den Arbeitsanfall. In seinem Auto Check in Jessen stehen die Pkw-Besitzer bildhaft gesprochen Schlange, um ihre Winterreifen gegen Sommer-Pneus tauschen zu lassen. Und diese Situation ist symptomatisch für die Kfz-Werkstätten der Region.
Der Frühling fehlt
„Wir wissen nicht, was wir zuerst machen sollen“, sagt Benno Schmidt. „Es fehlt der Frühling. In anderen Jahren wurden die Räder schon vorausschauend bei sowieso anstehenden Durchsichten gewechselt. Jetzt kommen alle auf einmal.“ Parallel dazu sind die turnusmäßigen Inspektionen, eventuelle Reparaturen und Blechschäden abzuarbeiten. „Kunden müssen inzwischen bis zehn Tage warten auf das Umschrauben der Räder. Ich kann nur auf ihr Verständnis hoffen.“ Und die missliche Lage ist noch nicht ausgestanden: „Wir haben bislang erst 40 Prozent der eingelagerten Sommerräder montiert.“
Preiswerte Pneus werden rar
Auf zwei, drei Tage Wartezeit müssen sich Kunden des Kfz- und Reifendienstes von Eckhard Schwerdt in Seyda einstellen, die Räder wechseln lassen möchten. Überstunden werden keine gefahren, winkt der Chef ab. Lieferbeschränkungen bei neuen Sommerreifen seien ebenfalls noch nicht aufgetreten. Allerdings, schränkt Eckhard Schwerdt ein, werden die preiswerten Pneus langsam rar. Dabei braucht er noch etwa zwei Wochen, bis alle Sommerräder an den Fahrzeugen sind.
Als Temperatur-Richtwert für das Umstellen von Winter- auf Sommer-Pneus und umgekehrt gelten in dem Seydaer Betrieb zehn Grad Celsius. „Wo die Marke da konkret liegt, darüber streiten sich die Gelehrten. Das hängt sicher auch von den klimatischen und den landschaftlichen Gegebenheiten ab“, meint Eckhard Schwerdt.
Zu Ostern habe im Jessener Honda-Autohaus Preuschaft die Sommerreifensaison begonnen, sagt Norbert Preuschaft. Inzwischen sei rund die Hälfte des Pensums abgearbeitet. „Nur die Reifen wechseln, das macht heute kaum noch jemand, 95 Prozent der Kunden tauschen komplette Räder“, beschreibt er einen grundlegenden Trend. Das gehe wesentlich schneller. „Vier Reifen zu demontieren und neue aufzuziehen dauert mit Auswuchten eine Stunde. Das Wechseln von vier kompletten Rädern ist dagegen in zehn Minuten erledigt.“ Besagte Komplett-Räder wuchte man nur auf Wunsch aus oder falls ein Flattern auftrete. Damit sei diese Variante für die Kunden günstiger.
Stahlfelgen im Winter
„Fast alle Neuwagen haben inzwischen Leichtmetallfelgen, und für die Winterreifen wird dann meist eine Stahlfelge genommen“, schildert Norbert Preuschaft den Status quo. „Dafür gibt’s auch Komplettangebote ab Hersteller und auf dem freien Markt.“ Noch ein Hinweis aus seinem Mund: Winterreifen bestehen aus weicherem Gummi, daher sollte man sie nicht zu lange in den Sommer hinein fahren, wegen des höheren Verschleißes. Nach drei, vier Jahren, so seine Erfahrung, ist ein Winterreifenwechsel anzuraten. „Entweder sie sind dann runter oder sie werden hart und haften nicht mehr richtig.“
Andreas Rothbart, der seine Werkstatt in Holzdorf erst Anfang März eröffnet hat, ist momentan zu 80 Prozent mit dem Rädertausch befasst. „Ein paar Neureifen sind bei der Gelegenheit auch aufzuziehen und hin und wieder fällt eine Reparatur mit an, an den Bremsen zum Beispiel oder den Achsgelenken. Das ist nach dem Winter oft zu finden.“ Der Ansturm, der in seinem Unternehmen akut wurde, nachdem der letzte Schnee geschmolzen war, werde wohl ziemlich schnell wieder abklingen, schätzt er und empfiehlt, die Sommerreifen-Montage mit einem Frühjahrs-Check zu verbinden.