Jessen Jessen: Familie erholt sich nach dramatischem Unfall
Gerbisbach/MZ. - Samuels zu frühe Geburt - er ist ein Acht-Monats-Kind und musste per Notkaiserschnitt entbunden werden - steht nämlich in direktem Zusammenhang mit dem schrecklichen Verkehrsunfall, den die Familie am 19. Juli auf der B 187 zwischen Jessen und Listerfehrda hatte. Inzwischen sind die sieben Familienmitglieder aus den Krankenhäusern entlassen und wieder zu Hause in Gerbisbach, beziehungsweise die drei großen Söhne Elias (neun), Leon (elf) und Lucas (13) erleben gerade ihre letzten Ferienlagertage in Grimma. "Sie brauchten dringend einen Tapetenwechsel", meint der Vater. Alle sind aber soweit wohlauf.
Jonas hat einen Leberriss
Eine kleine Einschränkung macht Ronny Kaiser im Fall des fünfjährigen Jonas. Von den Kindern hatte es ihn bei dem Unfall am schlimmsten erwischt. Sein Leberriss sei noch nicht völlig ausgeheilt, sagt der 34-Jährige. Der lebenslustige Junge bleibe weiter in Behandlung, sein Zustand werde aber schrittweise besser.
Ohne irgendwelche Blessuren war keiner der Insassen des Renault 19 davongekommen. Lucas klagte über eine Prellung am Knöchel, Leon zog sich eine Lungenprellung zu, Elias musste unterm Auge genäht werden. Ronny Kaiser als Fahrer zählt seine Person betreffend eine längere "Schadensliste" auf: Schlüssel- und Brustbein gebrochen, ebenso eine rechte Rippe und eine kräftige Lungenprellung. Schmerzfrei bewegen kann er sich bis heute nicht, vor allem das Aufstehen aus sitzender Position bereitet ihm Probleme.
Geschuldet ist die Schwere seiner Verletzungen sicher auch dem technischen Umstand, dass der relativ alte R 19, von dem nur ein Haufen Schrot übrig blieb, über keine Airbags verfügte. "Klar, es war kein neues Auto, aber wir hatten es noch gar nicht lange, gerade mal einen Monat etwa", erklärt der aus Thüringen stammende 34-Jährige. Seine Lebenspartnerin Maya Frank (33) hat sich, von der hochdramatischen Notgeburt abgesehen, im Beckenbereich verletzt, ein Haarriss im Knochen und großflächige Blutergüsse wurden wohl festgestellt. Der winzige Samuel habe, wie der Vater berichtet, das Licht der Welt mit zwei kleinen Löchern im Herzen erblickt. "Die wachsen aber zu."
Großes Glück gehabt
"Alles in allem", resümiert Ronny Kaiser mit spürbarer Erleichterung, "haben wir großes Glück gehabt". Entsprechend dankbar sind er und seine Lebensgefährtin den Krankenhäusern und den Ärzten, allen Rettungskräften und den Feuerwehrleuten, die zum Unfallort geeilt waren.
An den Tag des einschneidenden Ereignisses kann sich der junge Mann nicht durchgehend erinnern. "Wir waren auf dem Weg zur Schule nach Wittenberg." Die Familie ist erst vor einem halben Jahr aus Wittenberg nach Gerbisbach gezogen - "wir wollten raus aus der Stadt und haben wegen der Kinder sowieso eine größere Wohnung gebraucht" - und die Kinder sollten bis zum Schuljahresende noch in Wittenberg unterrichtet werden. "Es hat ein bisschen genieselt", denkt der 34-Jährige zurück. "Uns kam ein Lkw entgegen und ein Pkw wollte ihn in der Kurve überholen. Der Fahrer muss uns nicht gesehen haben." Dann seien reflexartige Reaktionen gefolgt, er habe versucht auszuweichen, sei gegen die Seite eines entgegenkommenden BMW geschleudert, der R 19 habe sich gedreht und sei mit dem Hinterteil gegen den Peugeot-Transporter gekracht. Damit enden die Bilder, die Ronny Kaiser nach eigenem Bekunden gespeichert hat. Bewusstlos wurde er per Helikopter nach Leipzig ins Krankenhaus gebracht. "Als ich aufwachte, hatte ich keine Ahnung, wie es den anderen geht und was mit dem Auto ist." Das habe ihn belastet. Viel später seien der Familie von der Polizei Bilder gezeigt worden. Da erst sei ihm und Maya Frank, die aus Wittenberg stammt, klar geworden, wie schlimm das Szenario aussah.
Sehr dankbar ist Ronny Kaiser seiner Schwiegermutter, die sich, während die Eltern im Krankenhaus lagen, auch darum gekümmert hat, dass die Kinder neue Sachen zum Anziehen bekamen. "Sie musste etliches kaufen, weil das, was die Jungs bei dem Unfall anhatten, ja zerrissen war oder bei der Unfallbehandlung teilweise zerschnitten werden musste." Komplett verloren sind die Schulsachen der drei Großen. Das betrifft vor allem die Ranzen und die Federmappen samt Inhalt. "Ein Glück, dass fast Ferien waren und wir die Bücher schon zurückgegeben hatten, sonst hätten wir die bestimmt bezahlen müssen", befürchtet der Neu-Gerbisbacher. Die Familie Kaiser / Frank lebt von Hartz IV, die Verluste durch den Unfall auszugleichen, fällt ihr alles andere als leicht. Weil man auf dem Lande auf einen Pkw angewiesen ist, hat sie sich als Notlösung übers Internet einen viel zu kleinen, aber billigen Ford Fiesta gesucht.
Straßenwärter gelernt
Ronny Kaiser hat ursprünglich Straßenwärter gelernt. Diese Tätigkeit kann er aber nicht mehr ausüben, wegen Problemen mit dem Becken und dem Stützapparat. "Ich darf weder ständig sitzen, noch ständig stehen." Da sei es natürlich schwer, eine passende Arbeitsstelle zu finden. "Wer will schon jemanden haben, der nicht richtig anpacken kann." In den zurückliegenden Jahren hat er sich mit verschiedenen Ein-Euro- oder Mini-Jobs über Wasser gehalten, beispielsweise als Vertretungszusteller für die MZ.
Wer Familie Kaiser / Falk mit Ranzen oder Federmappen für die Kinder unterstützen kann, melde sich bitte direkt bei ihr in der Gerbisbacher Dorfstraße 38.