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Grundschule Seyda Grundschule Seyda: Unterricht auf Sparflamme

Von Thomas Tominski 16.11.2018, 18:49
Der Wunsch der Seydaer Erst- und Zweitklässler ist deutlich zu lesen: Wir suchen einen Lehrer! Derzeit stehen der Grundschule für vier Klassen nur zwei Lehrer zur Verfügung. Das Landesschulamt Halle hat am Donnerstag Nachmittag reagiert und stockt das Personal zum 1. Dezember auf.
Der Wunsch der Seydaer Erst- und Zweitklässler ist deutlich zu lesen: Wir suchen einen Lehrer! Derzeit stehen der Grundschule für vier Klassen nur zwei Lehrer zur Verfügung. Das Landesschulamt Halle hat am Donnerstag Nachmittag reagiert und stockt das Personal zum 1. Dezember auf. Thomas Tominski

Seyda - „Wir müssen diese Krise überstehen“, sagt Direktorin Martina Nowack, die ganz offen von einer katastrophalen Situation spricht. Lediglich zwei Lehrer plus eine pädagogische Mitarbeiterin stehen ihr zur Absicherung des Unterrichts in der Grundschule Seyda zur Verfügung.

Die Fächer Mathematik, Deutsch und Sport werden unterrichtet, der Rest fällt sprichwörtlich ins Wasser. „Zwei Kollegen stehen uns dauerhaft nicht zur Verfügung“, so die Direktorin, die froh ist, dass Lehrer aus Elster und Jessen ihr Team zumindest stundenweise unterstützen. Lehrerkollegium und Schulelternrat haben auch die Eltern der Kinder mit ins Boot geholt, um die Betreuung abzusichern.

Nowack betont, dass Jessens Bürgermeister Michael Jahn (SPD) und das Landesschulamt ihr bei der Lösung des Problems zur Seite stehen, doch fehlende Lehrer nicht aus dem Hut zaubern können. Die gesamte Situation gehe zu Lasten der Schüler. Für Nowack, die als Chefin in Doppelfunktion zwischen Schweinitz und Seyda pendelt, wird es schwierig, für die Viertklässler zum Halbjahr Schullaufbahnempfehlungen zu schreiben, da der Unterricht auf Sparflamme über die Bühne geht. „Wir haben eine Schulpflicht, aber keine Lehrer“, sagt sie.

Fehlende Bezugsperson

Corina Meise ist jeden Tag mittendrin. Den Kindern fehlt eine Bezugsperson, betont sie, die Struktur sei aus den Fugen geraten. „Wir hangeln uns schlecht und recht von Woche zu Woche“, betont die Schulsozialpädagogin, die an einem praktischen Beispiel erklärt, wie schlecht es um die Grundschule wirklich steht. Vier Klassen und zwei Lehrer heißt: Die Kleinen (1./2. Klasse) fangen zeitig an, die Dritt- und Vierklässler gehen später zum Unterricht.

Zum Glück sind genügend engagierte Eltern vorhanden, die sich während der Ausfallstunden mit um die Betreuung der Kinder kümmern. „Meine Mutti Sandra ist immer freitags da“, sagt Henrik Clemens aus der „Ersten“, dem seit elf Wochen keine Klassenlehrerin zur Verfügung steht. Das ist traurig und schlecht zugleich, so der Sechsjährige, der gern in die Grundschule Seyda geht. „In den Pausen dürfen wir sogar Fußball spielen“, erklärt Clemens, der wie Klassenkameradin Emma Kötitz auf schnelle Besserung hofft.

„Wir haben viel zu wenig Stunden“, sagt die Sechsjährige, die sich nicht erst zu Weihnachten eine neue Klassenlehrerin wünscht. Deutsch plus Mathematik sei für einen Abc-Schützen zu wenig. Emma Kötitz erzählt, dass ihr acht Milchzähne fehlen und die Klasse toll zusammenhält. „Ich habe viele Freunde.“ Laut Einschätzung von Corina Meise, die zudem die Grundschulen in Jessen und Schweinitz als Sozialpädagogin betreut, geht den Kindern aufgrund des ständigen Lehrerwechsels die Motivation verloren. Das dezimierte Bildungsangebot reißt sie weder mit - noch vom Hocker. Lehrermangel darf keine Dauerlösung sein.

Wichtige Mitteilung

Jessens Bürgermeister Michael Jahn (SPD) bezeichnet die Situation als Katastrophe. Er habe mit der Schulleitung, Behörden sowie Verwaltungen gesprochen und sogar Sachsen-Anhalts Bildungsminister Marco Tullner (CDU) über die dramatische Lage in Seyda informiert. Es bringe aus seiner Sicht nichts, in Konferenzen die Zustände anzusprechen und aufzulisten.

„Es muss gehandelt werden“, sagt er. Der Stellenplan mit vier Lehrern plus einer Leiterin sei zwar prinzipiell okay, doch wenn keine Reserven vorhanden sind und mehrere Kräfte ausfallen, ist der Plan für die Katz’. Das Problem zieht sich durch den gesamten Altkreis. „Auch die Grundschulen in Schweinitz, Jessen und Annaburg arbeiten auf Kante“, so der Bürgermeister, der die Personalsituation in den Schulen aus dem Effeff kennt.

Für etwas Licht am Ende des Tunnels sorgt am Donnerstagnachmittag ein Schreiben des Landesschulamtes Halle, Referat Unterrichtsversorgung. In diesem heißt es: „Zum 1. Dezember wird an der Grundschule Seyda eine Grundschullehrerin hinzukommen. Damit wird sich die Unterrichtsversorgung an dieser Schule deutlich stabilisieren.

Gleichwohl kann es immer wieder zu Ausfällen von Lehrern zum Beispiel durch Krankheit kommen. In diesen Fällen reagiert das Fachreferat unmittelbar und ist bemüht, durch Abordnungen aus anderen Schulen die Vertretung der durch Krankheit abwesenden Lehrer/-innen zu gewährleisten“. (mz)

An der Grundschule Seyda werden 75 Kinder unterrichtet.
An der Grundschule Seyda werden 75 Kinder unterrichtet.
Detlef Mayer