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Grundschule Schweinitz Darum backen Lehrer für ihre Schüler Muffins

Das Kollegium der Grundschule Schweinitz bäckt Muffins für die Schüler. Wo diese aufgestellt werden und was der Anlass ist.

Von Thomas Tominski 22.09.2023, 12:00
Der Startschuss ist gefallen! Jedes Kind der Grundschule Schweinitz  darf sich einen Muffin aussuchen.
Der Startschuss ist gefallen! Jedes Kind der Grundschule Schweinitz darf sich einen Muffin aussuchen. (Foto: Thomas Tominski)

Schweinitz/MZ - Das Gedränge am Mittelkreis des Fußballplatzes wird immer heftiger. Die Lehrer der Grundschule Schweinitz gehen noch kurz für ein Erinnerungsfoto in die Hocke, Sekunden nach dem Startsignal schnappt sich jedes Kind schwungvoll einen Muffin.

„Alle Lehrer haben fleißig gebacken“, erklärt Chefin Marlen Dinda, die sich mit ihrem Kollegium zum Weltkindertag eine ganz besondere Überraschung ausgedacht hat.

In jedem Muffin steckt eine kleine Länderfahne, die zeigen soll, wie bunt die Welt ist. „Wir sind eine Interkulturelle Modellschule mit Schülern aus insgesamt zwölf Nationen“, verweist Marlen Dinda auf die kürzliche Verleihung des Titels nebst Tafel seitens des Landesnetzwerkes Migrantenorganisationen Sachsen-Anhalt (die MZ berichtete), zudem unterstreicht der gewählte Song „Hand in Hand“, dass an der Bildungseinrichtung Dinge wie Integration, Toleranz oder Zusammengehörigkeitsgefühl groß geschrieben werden. „Mit dieser kleinen Aktion möchte das Kollegium den Kindern an ihrem Ehrentag vor allem eine Freude bereiten“, meint die Chefin, die vor dem Sturm auf die geschmückten Muffins in viele erwartungsfrohe Gesichter blickt.

Glücklicher Junge

Schon vor dem Betreten des Kleinfeldplatzes schallt vom Pausenhof lautes Stimmengewirr herüber, die insgesamt 147 Schüler spüren: Heute passiert etwas! Als die ersten Kinder den Platz betreten, ist die Überraschung groß. „Alle hinter die blaue Linie“, ruft die Chefin in die Menge, um ein ungeplantes Durcheinander zu vermeiden. Die Lehrer informieren anschaulich über den Weltkindertag, der in diesem Jahr unter dem Motto „Jedes Kind braucht eine Zukunft“ steht, verschiedene Grundrechte und erinnern auch daran, dass es Länder gibt, wo diese mehr auf dem Papier bestehen.

Beim Lied  „Hand  in Hand“  wird fleißig  abgeklatscht.
Beim Lied „Hand in Hand“ wird fleißig abgeklatscht.
(Foto: Thomas Tominski)

Auf ihrer neunten Vollversammlung haben die Vereinten Nationen am 21. September 1954 den Mitgliedsstaaten empfohlen, diesen Weltkindertag einzurichten. Die Schüler werden in die jeweils kurzen Erläuterungen mit eingebunden. Sie erzählen vom Recht auf Bildung, Freizeit, Privatsphäre und elterlicher Fürsorge, anderseits wissen alle, dass sie als Kinder auch Pflichten haben wie zum Beispiel im Haushalt mitzuhelfen.

Camilo Elstermann aus der vierten Klasse erzählt, dass er zu Hause meist den Mülleimer rausbringen den Geschirrspüler ausräumen muss, Wäsche zusammenlegen gehört nicht unbedingt zu seinen Stärken. „Ich helfe meiner Mutter gern, doch ich kann das nicht richtig“, gibt er zu und deutet mit den Händen an, wie die Arbeit im Einzelnen aussieht. Der Neunjährige findet es super, dass es einen Weltkindertag gibt und die Lehrer „über unsere Rechte sprechen“. „Der Muffin schmeckt lecker. Ich esse überhaupt gern Kuchen“, so Elstermann, der zu Hause „total glücklich“ ist.

Plötzlich auf der Flucht

Lea Richter, die Mathematik, Ethik und Sport zu ihren Lieblingsfächern zählt, ist ebenfalls mit im Haushalt eingebunden. Sie berichtet von Tisch decken und wieder abräumen, Geschirrspüler ausräumen und mit dem Hund die Gassirunde drehen. Das Kinderrecht Schutz im Krieg und auf der Flucht geht der Achtjährigen durch den Kopf. Es muss „einfach nur schrecklich“ sein, wenn Kinder wie jetzt im Ukraine-Krieg plötzlich auf der Flucht sind. Sie packen schnell das Nötigste in den Koffer, verlassen Haus sowie Heimat und müssen sich in anderen Ländern zurechtfinden. Es sei zwar gut, dass es Kinderrechte gibt, doch in solchen Ausnahmesituationen werden sie bestimmt nicht eingehalten.

Vor dem Sturm   auf die  selbstgebackenen Muffins hocken  sich die  Lehrkräfte noch  schnell  für ein Gruppenfoto hin.
Vor dem Sturm auf die selbstgebackenen Muffins hocken sich die Lehrkräfte noch schnell für ein Gruppenfoto hin.
(Foto: Thomas Tominski)

Freundin Eva Auch ergänzt, dass sie gern zur Schule geht und deshalb das Recht auf Bildung als großes Privileg empfindet. „Hier in Schweinitz treffe ich jeden Tag meine Freunde. Mathematik ist mein absolutes Lieblingsfach“, sagt die Drittklässlerin, die sich zu Hause hauptsächlich um ihre Tiere kümmert. „Ich füttere Hasen, Hühner und den Hund“, sagt Eva Auch, die bei Bedarf auch für die Müllentsorgung zuständig ist. „Manchmal habe ich mich gerade zehn Minuten hingelegt...“ Dann heißt es: Wie geht es den Tieren?

Die ersten Kinder haben ihren Muffin verputzt, einige Jungs spielen auf dem Platz Fußball. „Papier und Fahnen nicht auf den Hof oder in die Hecken werfen. Wir sind eine saubere Schule“, ruft die Chefin in die Menge. Auch wenn die Kinder an ihrem Ehrentag im Mittelpunkt stehen, klare Regeln gelten trotzdem.