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Geburtstagsmarsch Geburtstagsmarsch: Zu Fuß von Torgau nach Wittenberg

Von rainer Schultz 02.09.2013, 09:02
In Elster an der Fähre begrüßt Ortsbürgermeister Wolfgang Fröbe im Schifferhemd die Wanderer.
In Elster an der Fähre begrüßt Ortsbürgermeister Wolfgang Fröbe im Schifferhemd die Wanderer. Kuhn Lizenz

Wittenberg/Torgau/MZ - Torgau am Samstag gegen vier Uhr. Vor einer Pension haben sich zu nachtschlafender Zeit acht verwegen aussehende Gestalten eingefunden. Sie wollen zu Fuß nach Wittenberg, die Lutherstadt liegt immerhin 68 Kilometer entfernt, der Marsch erfordert jede Menge Kondition.

Geburtstagsgäste unterwegs

Als Geburtstagsgäste und Gratulanten für Kurfürst Friedrich den Weisen machen sich Martin Luther alias Bernhard Naumann, Bürgermeister Torsten Zugehör als Johann von Staupitz und väterlicher Freund des Reformators, Rainer Schultz als Hofmusikus und Chronist dieser Tour, die Botenläufer Bernd und Norman Güldner, Michael Wartmann und der Torgauer Wolfgang Raschke, der seinen Hund Joschi als Beschützer dabei hat, auf den Weg. Pünktlich wollen sie an der Geburtstagstafel im Wittenberger Cranachhof sitzen, da muss man früh aufbrechen.

Tags zuvor durften sie bereits manchen Humpen zur Vorfeier in Torgau mit Sänger und Entertainer Gunther Emmerlich leeren, der in das Gewand des Kurfürsten geschlüpft war. Neben reichlich Bier und Gesang lieferten Torgaus Oberbürgermeisterin Andrea Staude und ihr Wittenberger Amtskollege Torsten Zugehör die passenden Worte, um die Verbundenheit beider Städte mit der Einweihung eines Stadt-Werbe-Schildes zum Ausdruck zu bringen.

„Welche Freude, mein geliebtes Weib Katharina hier zu treffen“, mit diesen Worte schließt am Sonnabend Martin Luther das Torgauer Katharina-Double in seine Arme. Mit einem Lied auf den Lippen verlassen die acht mit Hundebegleitung fröhlich die noch schlafende Renaissancestadt. Flott ist das Anfangstempo - sechs Kilometer pro Stunde, da wird Dommitzsch nach 20 Kilometern gegen 7.30 Uhr erreicht. Noch sind alle gut drauf. Vor allem, weil zehn Kilometer vor Dommitzsch Heidrun Röder und Heidrun Rehmann aus Bad Schmiedeberg hinzu gestoßen sind. „Wir haben euch fast verpasst. Um vier Uhr standen wir am Schloss, doch ihr ward bereits weg. Unterwegs hörten wir Gesang. Da ahnten wir, das könnt nur ihr sein“, schildern die beiden Damen ihre Verfolgungsjagd.

Unterdessen haben Harald Koch, der Dommitzscher Bürgermeister, Pfarrer Koppischke und der Verein Mitteldeutsche Kirchenstraße ein Empfangskomitee gebildet, dem sich zahlreiche Dommitzscher anschließen. Selbst Sänger Gunther Emmerlich lässt es sich nicht nehmen, zu morgendlicher Stunde die „Ritter der Landstraße“ zu begrüßen. Gemeinsam lässt man sich das Frühstück auf dem Marktplatz munden. Nach einer Kirchenführung und dem Eintrag ins Gästebuch verlässt die Wanderschar gestärkt das kleine Städtchen.

Die Bilder gleichen sich

An der Schifferkirche in Priesitz warten Wittenberger Landsknechte, Ortsbürgermeisterin Gabriele Fischer und zahlreiche Priesitzer auf Bruder Martinus und dessen Gefolge. Die Bilder gleichen sich. Am Schlosspark Pretzsch empfängt Schlossherr Hans Löser alias Erhard Dubrau die tapferen Wanderer. „Die geschundenen Füße einmal ins Moor stecken, das soll Linderung schaffen“, verspricht er. Bruder Martin glaubt daran und opfert sich. Das Moor hat seine Schuldigkeit getan. Marion Koch und Karina Austermann von der Wittenberger Stadtverwaltung haben unterdessen in Bleddin ein Büfett eingerichtet. „Braucht ihr Blasenpflaster. Zwei davon haben wir noch“, so die zwei unermüdlichen Damen vom Versorgungsteam. Noch einmal verarzten ist angesagt, ehe die letzten 20 Kilometer in Angriff genommen werden. Joschi, der Hund, wittert unterdessen Wasser. Schnell springt er in einen alten Elbarm. Die Wanderer würden es ihm gern gleich tun. Doch es ist Zeit zum Weiterlaufen. Endlich 15.30 Uhr stehen alle an der Elbfähre Elster.

Ortsbürgermeister Wolfgang Fröbe, die Elsteraner Elbenixe und der Wittenberger Heimatverein empfangen die Helden. Am Bootshaus gibt es Bier. Plötzlich fallen ein paar Regentropfen. Sollten die Wanderer wirklich noch nass werden? Doch das Wetter beruhigt sich und trockenen Fußes gelangen alle zum Schild in Wittenberg, das als Pendant zum Torgauer von Torsten Zugehör und dem Torgauer Wolfgang Raschke enthüllt wird. Inzwischen hat ein feiner Nieselregen eingesetzt. „Denkt daran, der Herr hat es bis hier her gut mit uns gemeint“, erinnert Bruder Martin. „Die schlappen drei Kilometer schaffen wir noch.“ Da sind sich alle einig. Der Laufstil wirkt mittlerweile alles andere als elastisch. „Noch mal zusammenreißen“, spornen sich alle an.

Das große Finale beginnt. Flankiert von der Stadtwache, Bruder Philippus und dem alten Latiner und Dekan der Universität, Volker Werner, wird der Cranachhof erreicht. Oberbürgermeister Eckhard Naumann, Lucas Cranach (Rudi Kaufhold) und die Wittenberger Hofkapelle beglückwünschen die weit gereisten Geburtstagsgäste. Eine Festtagstorte rundet das Bild ab. „Wir sind dankbar dafür, dabei gewesen zu sein“, klingt es beglückt und unisono aus dem Munde aller Beteiligten. 16 Stunden erlebte Gemeinschaft. Die Blessuren werden rasch vernarbt sein. Was bleibt ist die Erinnerung an ein einmaliges Erlebnis.

In der Lutherstadt Wittenberg wird der Tross am Cranachhof erwartet und mit einem großen Bahnhof geehrt.
In der Lutherstadt Wittenberg wird der Tross am Cranachhof erwartet und mit einem großen Bahnhof geehrt.
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