Cent-Münzen Cent-Münzen: Wie nervig ist's Klimpergeld?

Jessen/MZ - Sie sind kupferfarben, messen anderthalb und knapp zwei Zentimeter im Durchmesser und sind zumindest bei schlechtem Licht nicht auf den ersten Blick zu unterscheiden - die Ein- und Zwei-Cent-Münzen. Mancher sagt Eurocent dazu, um sie auch sprachlich etwa von den amerikanischen Kleinmünzen zu unterscheiden. Und außerdem steht es auch so drauf auf der Vorderseite. Die beiden kleinsten Euro-Münzchen sollen nun weg. Zumindest sieht das ein Vorschlag der Europäischen Kommission so vor.
Es ist einer von vieren. Die unterscheiden sich von Weitermachen so wie bisher, über das langsame und schrittweise Einziehen der im Umlauf befindlichen Ein- und Zwei-Cent-Münzen bis hin zum harten Schnitt, sie zu einem Stichtag ungültig zu erklären.
Bundesbank-Präsident Jens Weidmann hat sich unterdessen öffentlich erklärt. Er verweist gegenüber einer überregionalen Boulevardzeitung auf die Bevölkerung, in der der Wunsch bestünde, die Kleinmünzen beizubehalten. „Ich persönlich kann mich dem nur anschließen“, wird er in der Presse zitiert.
Spontane Umfrage
Hundertprozentig hat er damit jedoch nicht recht. Das zeigt eine Spontanumfrage der Mitteldeutschen Zeitung auf dem Jessener Wochenmarkt. Der ist recht gut besucht. Von Händlern und Kunden. Ein einhelliges Stimmungsbild ergibt die kurze Nachfrage keineswegs.
„Ich habe keine Probleme damit“, bekundet Karola Fischer aus Langennaundorf. Als Verkäuferin in Suhrs Fischwagen hat sie den passenden Namen, wird von den Kunden gleich schmunzelnd kommentiert, die das kurze Gespräch verfolgen. „Ich denke, es würde schwierig werden. Wenn wir die Ware abwiegen, kommen doch immer unrunde Summen raus.“ Sie mag sich die Verantwortung nicht auferlegen, die Summen gegenüber dem Kunden zu runden.
Die Graboerin Loni Freiwald, die schon fast eine Institution auf dem Jessener Wochenmarkt ist, seit es ihn gibt, bringt ein Beispiel: „Viele ältere Menschen kommen gleich mit einer ganzen Handvoll Klimpergeld. Mir macht das nichts aus.“ Sie spricht sich ganz direkt gegen die Abschaffung der Kleinmünzen aus. „Man müsste ja dann auch die Preise ganz anders festlegen“, so Loni Freiwald.
Sie kann mit jeder der Varianten leben - mit und auch ohne die Centchen -, lässt Bäckersfrau Hannelore Bour erkennen. Wenngleich sie den Umgang mit den kleinen Cents ganz persönlich eher belastend empfindet. Bei solchen Waren, wie Brötchen oder Kuchen, die doch eher kleinere Preise haben, können da an manchen Tagen schon rechte Mengen an Cent-Münzen zusammenkommen. Die müssen dann abends gerollt werden. Was bei dem kleinen Umfang der Geldstücke natürlich nicht so komfortabel ist, wie bei den handlicheren großen.
Kunden eher füs Abschaffen
„Die Einer und Zweier können weg“, erklärt Helgard Weiß aus Jessen kategorisch und erhält von Erika Vetter, mit der sie auf dem Markt ein Schwätzchen hält, volle Unterstützung. „Wie viele andere sehe ich zu, die kleinen Münzen als Erstes los zu werden“, erzählt sie. „Die Preise auf- oder abzurunden, das macht übers Jahr ganz schön was aus“, ist sich Helgard Weiß sicher.
„Die kleinen Münzen lassen sich in Portemonnaie schwer greifen“, diese Erfahrung macht Frances Gedenk regelmäßig. Nur ihre Großmutter Herta Hannemann bedauert es aus einem nachvollziehbaren Grund. „Die kleinen Geldstücke kommen bei mir immer in eine Kiste - für die Enkel.“
In gewisser Weise seiner Zeit voraus ist der Lebiener Bäckermeister Gerald Görz. Er sagt zwar: „Ist mir egal.“ Tatsächlich gibt es beim ihm zumindest in der Kuchentheke nur Preise, die auf „5“ enden. Bei Brötchen allerdings hat er noch richtig unrunde Preise.Conni Paitz, Verkäuferin in der Drogerie und Postagentur Bernharend in der Langen Straße in Jessen, formuliert eine Befürchtung, die in der MZ-Umfrage auch andere bereits anklingen ließen: jene nämlich, dass grundsätzlich nur nach oben gerundet würde, wenn es nur noch Münzen ab fünf Cent gäbe. „Dann würden wohl alle Sachen nur teurer werden“, meint sie und hält also eher fest an den Einern und Zweiern. Im Handling stören sie sie nicht. Doch auch Conni Paitz räumt ein, dass sie ganz privat das ganz kleine Geld als Erstes aus der Börse los sein möchte. Es macht das Portemonnaie voll und ist nicht viel wert.
Bleibt die Frage an die Geldprofis - die Sparkasse hat auch ihren Sitz am Jessener Marktplatz. Als Leiterin des Jessener Bereiches ihres Geldinstitutes, mag sich Erika Richter dazu nicht offiziell äußern. Sie weiß natürlich, dass die ganz kleinen Münzen insbesondere für die Mitarbeiter am Kundenschalter belastend sind. Da ist den Tag über viel zu rollen. Die Einer etwa in Rollen zu 50 kleinen Stücken. Die Zweier ergeben auch lediglich einen Euro, wenn sie im Formpapier gerollt sind. Wenn also jeweils 50 kleine Münzen in eine Reihe zu bringen sind. Als Profis haben sie und ihre Kollegen das so zu akzeptieren, wie es kommt. „Ganz persönlich bin ich voll dafür, die Einer und Zweier abzuschaffen“, erklärt sie.
Vorbild bei Nachbarn
Vorbilder im europäischen Raum gibt es derweil. Die Niederlande haben bereits in den frühen 2000er Jahren begonnen, die Ein- und Zwei-Cent-Münzen aus dem Verkehr zu ziehen. Seit 2004 verschwanden dort die kleinsten Münzen aus dem Umlauf. Seither wird bei Barzahlung auf den nächstliegenden Fünfer-Betrag auf- oder abgerundet. Ja, tatsächlich auch abgerundet, bestätigen Kenner der Niederlande. Mit dem Ende der Kleinmünzen verband seinerzeit die holländische Wirtschaft die Hoffnung, 30 Millionen Euro im Jahr einzusparen. Wie erfolgreich das war, war nicht zu ergründen.