Buchvorstellung "Von Wilna nach Schlieben" Buchvorstellung "Von Wilna nach Schlieben": Tragische Geschichte einer Familie
Schlieben - „Gewidmet meinen in Litauen 1941 bis 1944 ermordeten Großeltern Sarah-Esther und Abraham, allen Familienangehörigen, die ich nie kennenlernen durfte, und meinem Vater Peter.“ Diese Worte stellt Uwe Schwarz der Geschichte voran, die er in seinem Buch „Von Wilna nach Schlieben“ schildert. Uwe Schwarz ist zweifacher Familienvater, der in Cottbus lebt. Aufgewachsen in Schlieben, im Elbe-Elster-Kreis, arbeitet er in einem Wohnheim für Auszubildende. „Es ist die Geschichte des Vaters, die den Sohn nicht loslässt“, beschreibt Stephanie Kammer, Inhaberin des Herzberger Verlages „BücherKammer“, die Motivation des Autors. Nach dem Lesen des Manuskripts hat sich Stephanie Kammer sehr gern auf die Zusammenarbeit mit Uwe Schwarz eingelassen. Kürzlich ist das 200 Seiten umfassende Buch erschienen.
Fragen über Fragen
Nichts macht Menschen neugieriger als das Schweigen in der Familie, als Andeutungen und selten gewährte Nachfragen, die knapp beantwortet, noch mehr Fragen aufwerfen. „In meinem Kopf gab es massenhaft Fragen und nur wenig klärende Antworten“, sagt Uwe Schwarz. Er wusste von Kindheit an: In Schlieben-Berga befand sich ein Lager. Sein Vater war dort während des Krieges als „antifaschistischer Gegner des Hitlerkrieges“ inhaftiert. Über Einzelheiten, was genau in dem Außenlager des KZ Buchenwald geschah, was Einheimische über die mörderische Zwangsarbeit für den HASAG-Rüstungskonzern wussten – dazu wurde zu DDR-Zeiten und auch noch lange nach der Wende geschwiegen. Peter Schwarz sprach kaum darüber, dass er Jude und Überlebender des Holocausts war. „Die seelischen Wunden und der Schmerz über den Verlust der Herkunftsfamilie schienen zu groß“, sagt der Sohn. Erst in seinen letzten Lebensjahren begann der Vater, behutsam gestellte Fragen zu beantworten. Uwe Schwarz nennt diese Gespräche „kostbare Erinnerungen“. Nach dem Tod von Peter Schwarz im Jahr 1987 wurden sie Ausgangspunkt für aufwändige Recherchen: in deutschen Archiven, den USA, Litauen und Israel. „Ich lernte Menschen kennen – persönlich und über das Internet – von denen mich einige sehr berührten.“ Er erzählt von Reglindis Rauca, Enkelin eines SS-Hauptscharführers. Ihr Großvater war in führender Position an der Ermordung der jüdischen Bevölkerung in Litauen beteiligt. „Auch meine Großeltern waren darunter. Sollte ich sie also hassen? Sie hat ebenfalls ihre Familiengeschichte aufgearbeitet.“
Geschwister überlebten
1945, nach der Befreiung, versuchte Peter Schwarz vergeblich, nach Litauen zu gelangen, um Spuren seiner Familie zu finden. „Er hat nie erfahren, dass einige Geschwister tatsächlich überlebt haben. Diese wiederum vermuteten ihren Bruder unter den Toten“, macht sein Sohn die Tragik der Familiengeschichte deutlich. Im Zuge seiner Recherchen reist Uwe Schwarz 1996 mit seinen Kindern nach Israel. Dort trifft er Michla, die hochbetagte Schwester seines Vaters. Schon zuvor gab es Briefkontakt. Die Familie konnte nicht nachvollziehen, warum Peter ausgerechnet in Schlieben geblieben ist, unweit jenes Ortes, der ihm „die Hölle“ war, und warum er eine Deutsche geheiratet hat. Dennoch werden Uwe Schwarz und seine Kinder freundlich empfangen.
Für den 10. April, 19 Uhr, lädt der Autor zu einer Buchvorstellung nach Herzberg (Elbe-Elster-Kreis) in die „BücherKammer“, Torgauer Straße 21, ein. Der Eintritt ist frei. Um Voranmeldung unter Telefonnummer 03535/24 87 79 wird gebeten. (mz/gzn)