Besuch bei Seydaland Besuch bei Seydaland: Sanddorn-Bauern machen Kraftakt in Dürrezeit

Mark Zwuschen - „Wir haben 60 Prozent der Ernte gerettet“, sagt Ralf Donath, der sich mit dieser Aussage als positiv denkender Mensch outet. Die Trockenheit hat dem Sanddorn auf der 125 Hektar großen Fläche in Mark Zwuschen ordentlich zugesetzt. Die Früchte sind klein, das Fruchtfleisch wenig ausgebildet. „Das war ein richtiges Katastrophenjahr“, sagt der 49-Jährige, der bei den Seydaland Vereinigten Agrarbetrieben zuständig für den Sanddorn und zugleich Chef des Kreisbauernverbandes ist.
Donath fügt an, dass 40 Prozent Ernteausfall ein Desaster sind und einen kleinen Betrieb an den Rand der Liquidität drängen können. In den Anbau hat sein Unternehmen jede Menge Herzblut und Geld investiert. Da es sich um eine Dauerkultur handelt, habe Seydaland die Flächen gekauft und ist stolz auf die verliehene Bio-Zertifizierung.
„Trotz aller Verluste überwiegt das Positive. Wie gesagt: Wir haben mehr als die Hälfte gerettet.“ Mit zur Rettung der Ernte hat die Tropfenschlauch-Bewässerung beigetragen. Jede Pflanze, so der Verantwortliche, habe aller zwei Tage zwölf Liter Wasser bekommen. Die Maßnahme zur Vermeidung von Trockenstress kann aber einen Dauerregen nicht ersetzen.
Die Seydaland Vereinigte Agrarbetriebe sind mit ihren Sanddorn- und Aronia-Erzeugnissen Partner des Regionalmarkts Mittelelbe. Dort integriert sind zum Beispiel auch das Weingut Hanke, Weinhaus Zwicker, der Obsthof Zwicker (alle Jessen) oder die Fläminggarten GmbH aus Zahna.
Drei Sorten Sanddorn baut Seydaland auf insgesamt 125 Hektar an. Die Ernte erfolgt in drei Durchgängen maschinell. Alle Flächen erfüllen den Qualitätsstandard „Bio“. Es gibt männliche und weibliche Pflanzen. Die Blüten werden gewöhnlich vom Wind bestäubt. Daher stehen die „Männer“ in der ersten Reihe und nutzen den Westwind. Der Sanddorn wächst als Strauch und erreicht Höhen bis zu sechs Metern.
Als echtes Power-Paket in Sachen Vitamine gilt der Sanddorn. Er liefert reichlich Vitamine der Gruppen B, C und E sowie Betacarotin. Gesunde Beeren enthalten zehnmal mehr Vitamin C als Zitronen.
Starke Mongolen
Als Donath die Stimme erhebt, wird es ruhig in der Runde. Die 60 Mitglieder der Landseniorenvereinigung des Bauernverbandes Landkreis Wittenberg bilden einen Kreis um den 49-Jährigen und lassen sich in die Welt des Sanddorns entführen. Der Chef startet gleich voll durch. Der sagenumwobene Mongolenherrscher Dschingis Khan soll mit dem Öl der Früchte das Immunsystem von Ross und Reiter auf Trab gehalten haben, in Saudi-Arabien verpassen Halter ihren Kamelen vor entscheidenden Rennen eine große Portion biologisches Doping, damit diese als Sieger über die Ziellinie flitzen.
Der 49-Jährige erzählt von der Produktion zu DDR-Zeiten, den Anfängen in Mark Zwuschen, Begegnungen mit russischen und japanischen Unternehmern sowie der schwierigen Ernte vor Ort. „Mit der Hand geht nicht, da bekommt man beim Pflücken einen Bart.“ Also haben die Mitarbeiter von Seydaland improvisiert und eine Maschine nebst Anhänger gebaut.
Die Reihen, sagt Donath, sind bis vier Kilometer lang. Insgesamt bewirtschaftet sein Unternehmen 700 Hektar reine Bioflächen. Beim Anbau von Süßkartoffeln werden noch Erfahrungen gesammelt. Als Verantwortlicher streicht der 49-Jährige die Vorzüge der gesunden Beeren heraus. „Sie sind richtige Multivitaminbomben“, sagt er und erzielt mit dieser Aussage den nächsten Aha-Effekt.
Die Creme bremst den Alterungsprozess der Haut, das Öl verbannt Entzündungen aus dem Körper. Donath weist auf sein linkes Handgelenk. Er heizt mitunter Holz und zieht sich deshalb leichte Verbrennungen an dieser Stelle zu. Ein paar Tropfen Sanddorn-Öl drauf - und am nächsten Tag ist die Wunde Geschichte. Die Sonne steigt höher.
Auf der Anbaufläche wird es warm. „Die reinste Erholung“, meint der Verantwortliche, der am Vortag einem Fernsehsender 4,5 Stunden Rede und Antwort gestanden hat. „Und das für drei Minuten Zusammenschnitt in einer Gesundheitssendung.“ Für ihr Durchhaltevermögen werden die Teilnehmer belohnt. Die Sekretärin des Bauernverbandes, Jutta Hesse, spendiert jedem ein Fläschchen Sanddorn-Likör.
Applaus für Vortrag
Der Applaus kommt von Herzen. „Toll gemacht und sehr ausführlich erklärt“, sagt Hartmut Wienmeister aus Zahna, dem der Vortrag von Donath zum Anbau in Mark Zwuschen sehr gefallen hat. Das Mitglied der Landseniorenvereinigung erzählt, dass er im Rahmen dieser Veranstaltung gleich mehrere Wissenslücken geschlossen hat.
„Jetzt ist für mich vom Anbau bis zur Ernte alles nachvollziehbar. Ich habe gar nicht gewusst, wie gesundheitsfördernd Sanddorn ist“, so Wienmeister. Friedhelm Ettlich aus Klöden hat der einstündige Vortrag ebenfalls gefallen. „Schön anschaulich erklärt“, erzählt der 76-Jährige, der in seinem Garten Aronia und Sanddorn erntet. „Nur ein bisschen und zum Spaß“, meint Ettlich, dem die sauren Beeren lecker schmecken. Der Rentner aus Klöden hat früher bei Seydaland als Elektriker gearbeitet. Seit 15 Jahren fährt er auf die „Katzenzehe“ nach Kleindröben und hilft dort auf dem Weinberg mit. „Das macht mir Spaß“, so Ettlich, der mit erhobenem Zeigefinger anfügt, dass die „Katzenzehe“ komplett vom Unkraut befreit ist.
Die Landseniorenvereinigung besitzt 120 Mitglieder, die hauptsächlich in landwirtschaftlichen Berufen gearbeitet haben. Auf dem Programm stehen jährlich mehrere Veranstaltungen oder Busausflüge, Vorsitzender ist seit fünf Jahren Günter Thiele. An dem Aktionstag in Mark Zwuschen haben 60 Personen teilgenommen. Im November wird das 20-jährige Bestehen gefeiert.
(mz)

