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Berufsorientierung in Jessen Berufsorientierung in Jessen: Stellwerk für die Zukunft

Von Ute Otto 10.07.2019, 08:44

Jessen - Das Gymnasium Jessen ist von der Landesinitiative „Berufswahlsiegel“ zum Botschafter des gleichnamigen Zertifikats für Sachsen-Anhalt berufen worden. Darüber informierte die Direktorin des Gymnasiums, Monika Kaufhold zum Ende des Schuljahres. In einem Workshop in Berlin im September werden Petra Klemmed und Marion Parsch, die Lehrerinnen, die an der Schule Projekte zur Berufsorientierung organisieren, erfahren, welche neuen Aufgaben damit verbunden sind.

Das Jessener Gymnasium hat das 2013 erstmals verliehene Berufswahlsiegel in diesem Jahr erfolgreich verteidigt. Es sei ein Trugschluss, dass sich Gymnasiasten zumindest in der Kursstufe bewusster mit ihrer beruflichen Zukunft befassen als Sekundarschüler, die sich am Ende der zehnten Klasse weitgehend entschieden haben müssen.

„Wir erleben auch Schüler, die haben in der Zwölften noch keinen Plan, weil sie sich erst einmal nur auf das Abitur konzentrieren“, sagt Monika Kaufhold. Berufsorientierung sei mitnichten ein Selbstläufer am Gymnasium.

Auch praktische Berufe

Der Schwerpunkt liege naturgemäß auf dem Studium. Ausgeschlossen seien praktische Berufe dennoch nicht, zumal bei einigen Studiengängen eine vorhergehende praktische Ausbildung von Vorteil, wenn nicht sogar Voraussetzung ist. „Wer pfiffig ist, schaut auch nach einem Dualen Studium“, so die Direktorin.

Zur Sicherung ihres Führungskräftenachwuchses bieten Unternehmen zunehmend die Möglichkeit an, Hochschulausbildung und Praxis zu kombinieren. Allerdings seien die Firmen in der Region mit ihren Angeboten, Gymnasiasten im Rahmen eines Praktikums dort schnuppern zu lassen, wo ihre Akademiker arbeiten, noch verhalten.

„Ich denke, dass die Betriebe in Zukunft dafür offener werden“, meint die Direktorin dazu. Ab der neunten Klasse werden die Gymnasiasten „auf den Weg“ gebracht, sich mit ihrer beruflichen Zukunft zu beschäftigen. Monatlich ist der Berufsberater des Berufsinformationszentrums (Biz) der Agentur für Arbeit im Hause, auch werden die Schüler animiert, eigenständig das Biz aufzusuchen.

Den Schülern steht es frei, das Angebot anzunehmen. Im Projekt „Berufsknigge“ dreht sich alles um die Bewerbung. Auch die Gymnasiasten absolvieren Praktika in Betrieben und Einrichtungen der Region. Deren Mitarbeiter wiederum treten bei einschlägigen Veranstaltungen als Referenten im Gymnasium auf. Studienfeldbezogene Tests im zehnten und elften Schuljahr helfen den Schülern, eine Richtung zu finden, die zu ihren Fähigkeiten und Neigungen passt.

Ein solcher Test habe einst einen Schüler darauf gebracht, Meteorologie zu studieren, erzählt Marion Parsch. „Heute freue ich mich immer, wenn ich Manuel Voigt (Absolvent 2007 - die Redaktion) vom Deutschen Wetterdienst im Radio höre.“

Universität erkundet

„Perfektioniert“ wurde nach Worten von Marion Parsch das Erkundungsprojekt in der Jahrgangsstufe elf. Die Betriebsbesichtigungen würden individueller gestaltet, die Schüler könnten aus sechs Unternehmen wählen, wo sie sich umsehen möchten und seien in kleinen Gruppen unterwegs, sodass mehr Zeit für Gespräche vor Ort bleibe.

Außerdem fahren die Elftklässler für eine Woche nach Halle zur Martin-Luther-Universität. Sie lernen den Campus kennen, bekommen einen Einblick in den Studienbetrieb, können Vorlesungen besuchen und werden in der Bibliothek in das wissenschaftliche Arbeiten eingeführt. Vom Studentenwerk werden sie informiert, wie der Bafög-Antrag gestellt wird und wie man zu einem Platz im Wohnheim kommt.

Bei den Schülern komme das sehr gut an. Unterstützt werde die Berufs- und Studienorientierung von aktiven Eltern. Andererseits sehen die verantwortlichen Lehrer ausgerechnet im Elternpart noch Reserven: „Fragen sie in der neunten Klasse, wer schon einmal im Betrieb der Eltern gewesen ist, meldet sich kaum jemand“, berichtet Petra Klemmed.

Für beiden Lehrerinnen, die außerdem Deutsch, Fremdsprachen und Ethik unterrichten, ist es ein schöner Lohn, wenn sie Ehemaligen bei den Betriebserkundungen in Leitungspositionen wieder begegnen. Zum Beispiel Madlen Schaller-Bock, die in Wittenberg Marketingleiterin der Versandapotheke Mycare ist. „Wir erkennen schon, dass Schüler, die sich beraten lassen haben, schnell ihren Weg gefunden haben“, sagt Petra Klemmed.

Berufswahlsiegel erstmals verteidigt

Bei der Auszeichnungsveranstaltung zum Berufswahlsiegel am 26. Juni in Magdeburg würdigte die Jury, dass an der Schule Instrumente zur Berufsorientierung, wie etwa der Berufswahlpass genutzt werden, obwohl diese für Gymnasien nicht verbindlich sind.

Hervorgehoben wurde des weiteren die Zusammenarbeit mit der Sekundarschule Jessen-Nord bei der Organisation der jährlichen Berufsmesse „Tag der Berufe“. Unter den rezertifizierten Schulen war das Jessener das einzige Gymnasium. „Wir waren damit 2013 Vorreiter im Land“, sagt die Direktorin Monika Kaufhold. (mz)