Ausstellung in der Lichtenburg Ausstellung in der Lichtenburg: Auf den Spuren der Prettiner Schankkultur

Prettin/MZ - Die Ausstellung, die derzeit in der Lichtenburg zu sehen ist, zog bereits am Tage ihrer Eröffnung viele Prettiner in ihren Bann. Sie widmet sich den Gaststätten und Schankwirtschaften. Im Laufe der Jahre verschwanden 20 von einst 23 Häusern, in denen noch vor 150 Jahren Hunger, Durst und der Wunsch nach Geselligkeit gestillt werden konnten.
Auf den langen Textilpostern der Schau, die als Informationstafeln gestaltet sind, verbinden sich trefflich Geschichte und Geschichtchen, die sich in den Gasthöfen abgespielt haben. Das wiederum macht die Exposition auch für Nicht-Prettiner interessant.
In Vorbereitung des Prettiner Vereins- und Schlossgartenfestes 2009 wurde die Idee geboren, nachzuforschen, wie viele Gaststätten und Schankwirtschaften es einst in der Stadt gab und welche Entwicklung sie nahmen. Die Projektgruppe der Caritas, die seit 2005 bereits zahlreiche Aktionen und Ausstellungen initiiert hatte, fand heraus, dass heute nur noch drei einstige Lokale als solche betrieben werden. Ihre Erkenntnisse sind in der Ausstellung und in einer kleinen Broschüre zu finden.
Geöffnet ist die Ausstellung montags bis freitags von 11 bis 17 Uhr und am Wochenende von 13 bis 17 Uhr. Daneben sind die Besucher eingeladen, das sehenswerte Schlossmuseum sowie die erweiterte Mühlenausstellung anzusehen. Führungen können unter der Telefonnummer 035386/2 23 82 angemeldet werden. (ejo)
Die Vernissage nutzte Jörg Vibrans als Leiter der Prettiner Caritas-Vertretung, um einige besondere Erkenntnisse aus der Arbeit seiner Projektgruppe zum Besten zu geben. Was die Gäste da erfuhren, lässt nur den Schluss zu: In Prettin war vor 150 Jahren allerhand los. So wurde in „Häufels Restauration“ in der Herrenstraße der Wirt, der aus dem Keller Wein holen wollte, gleich mal von den Gästen, die sich bei der Gelegenheit reichlich selbst bedienten, dort unten eingesperrt. Kraft hatten offensichtlich die Besucher der „Krüger’schen Restauration“ in der Lindenstraße getankt, da sie auf dem Heimweg aus Übermut Scheunentore vertauschten.
Wirt wirbt mit selbst verfassten Versen
Bei der großen Auswahl an Lokalen mussten sich die Betreiber etwas einfallen lassen, um Gäste anzulocken. Da war es nicht mit einer winzigen Anzeige in einer Zeitung getan. Besonders viel Fantasie entwickelte August Dünnebier. Als Wirt vom Schützenhaus warb der aus Sübtitz Zugezogene mit selbst verfassten Versen: „Habt acht ihr Freunde ehrenwert. Zum Sonntag ist bei mir Konzert. … Damit es Jedem soll behagen, Sorg weislich ich für Mund und Magen. Kommt hungrig und mit Durst zu mir, Es stillet beides Dünnebier.“ Das Schützenhaus, welches im März 1968 nach einer wechselvollen Geschichte schloss, ist nur ein Beispiel für das Sterben der Kneipenkultur im ländlichen Raum. „Insofern“, stellte Jörg Vibrans fest, „hat die Landbevölkerung den Städtern etwas voraus: Hier ist das Gaststättensterben schon passiert.“
Ortsbürgermeisterin Helga Welz (parteilos) meinte angesichts von 23 Restaurationen: „Verdursten musste man in Prettin nicht. Und verhungern auch nicht. Neben unsere Bäckerei war eine Kneipe gebaut worden - die ,Drei Linden’. Die suche ich jetzt auf den Info-Postern“. Auch Gudrun Ebermann, Katrin Heisig und Beate Melpitz waren nach der Eröffnung mit Gesang vom Prettiner Volkschor („Prettin, ich will dich ehren“) auf der Suche. Sie wollten wissen, wo sich „Häufel’s Restauration“ einst befand. Ohne die Hilfe von Karl Hennig hätten sie das Haus nicht gefunden, gaben die Prettinerinnen zu. Prettin ist eben größer als man denkt, auch wenn Michael Heisig sich fragte, wer die ganzen Kneipen bevölkert hat? Die Höhen und Tiefen der Geschichte haben jedoch von den historischen Gastbetrieben nur das Fährhaus, das Hotel „Stadt Berlin“ und „Zu den drei Linden“ überlebt.
Gaststätten und Sch(w)ankwirtschaften
Die Prettiner sind weiterhin aufgefordert, Erfahrungen und Erzählungen über diese Thematik nicht für sich zu behalten. Vielleicht auch deshalb war auf den Textilpostern in der Überschrift zu lesen: Gaststätten und Schwankwirtschaften. Ein gewollter Fauxpas, um miteinander ins Gespräch zu kommen? Manch einer wird einen Schwank zu erzählen haben, wie er oder jemand anders schwankend ein Lokal verließ. Die Mitarbeiter der Lichtenburg würden sich freuen, noch mehr Geschichten zu erfahren und in ihr Archiv der Erinnerung aufnehmen zu dürfen.