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Annaburg-Prettin Annaburg-Prettin: Diskussion um Ersatzneubau der Förderschule in Holzdorf

Von Andreas Richter 17.02.2016, 21:00
Die Entscheidung, ob man künftig in der Heideschule weiter am aktuellen Standort in Holzdorf-Ost, eher in Jessen oder womöglich doch woanders jubelt, ist nach wie vor nicht gefallen.
Die Entscheidung, ob man künftig in der Heideschule weiter am aktuellen Standort in Holzdorf-Ost, eher in Jessen oder womöglich doch woanders jubelt, ist nach wie vor nicht gefallen. Archiv/Zahn

Prettin - Die Ausschreibung von Planungsleistungen für einen Ersatzneubau der Förderschule (Heideschule) in Holzdorf-Ost hat eine Welle der Empörung in Annaburg-Prettin ausgelöst. Seitens der Heidestadt wird seit 2013 versucht, dem Landkreis Wittenberg eine Ansiedlung der Schule für geistigbehinderte Kinder und Jugendliche, bislang in Holzdorf-Ost, am Standort Prettin nahe zu bringen. Zwischendurch zeichnete sich ab, dass der neue Standort in Jessen (Kernstadt) gesucht und gefunden werden soll. Jetzt plötzlich ist wieder von Holzdorf-Ost, dem derzeitigen Domizil, die Rede. Das verärgert die Annaburger. Beim Gespräch mit der MZ wird das mehr als deutlich.

Sehr deutliche Worte

Helga Welz (Ortsbürgermeisterin Prettin, Interessengemeinschaft Feuerwehr und Bürgerwohl) findet deutliche Worte. „Was da Dr. Hartmann jüngst erzählt hat, ist Blödsinn. Bei einem Standort direkt in Jessen hätten wir viele Dinge nachvollziehen können. Jetzt aber müssen wir lesen, dass in Holzdorf-Ost gebaut wird und plötzlich dort alles viel besser ist? Die Infrastruktur ist besser? Die Schülerbeförderung günstiger? Ich und andere sind doch nicht mit dem Klammerbeutel gepudert!“

Regelrecht erbost ist Welz darüber, dass man im direkten Vergleich zwischen Prettin und Holzdorf-Ost letzterem Standort den Vorzug bei der „gesellschaftlichen Teilhabe“ zuspricht. „In Prettin gibt es einen großen Schulstandort mit Grundschule und Turnhalle. Wir haben das Touristenzentrum, die Lichtenburg, einen Reiterhof, an vielen Stellen haben wir die Stadt extra auf Bedürfnisse für Behinderte eingerichtet. Und da will mir Dr. Hartmann erzählen, dass Holzdorf-Ost schöner ist?“

Keine Zahlen auf dem Tisch

Darüber kann auch Nadine Lehnert (Stadtratsvorsitzende Annaburg, Freie Wählergemeinschaft) nur müde lachen. Wie Bürgermeister Klaus-Rüdiger Neubauer (parteilos) treibt sie vor allem ein Fakt um. „Da wird seit Jahren von Kosten gesprochen. Angeblich sind der Schülerverkehr und ein Umbau in Prettin zu teuer und und und. Aber: Nicht einer hat die Zahlen auf dem Tisch zu liegen. Wir kennen keine Kreistagsbeschlüsse zum Standort. Nicht einmal unseren vielen Einladungen ist man gefolgt, sich persönlich in Prettin ein Bild zu machen.“ Und: „Jetzt soll die Schule vielleicht doch in Holzdorf-Ost bleiben? Dies ist noch weniger nachzuvollziehen.“

Harsche Kritik breitet sich da aktuell aus Annaburg-Prettin Richtung Kreisverwaltung aus. Nun hätte die MZ natürlich gern persönlich mit Jörg Hartmann gesprochen. Allerdings zieht es der Landratsvize vor, nur über Pressesprecher Ronald Gauert zu kommunizieren. Der versucht zu relativieren. Und plötzlich hört sich manches anders an. Natürlich könne Gauert verstehen, dass gerade beim Thema Schulstandort heftig gestritten wird. Und da werde eben auch manches anders aufgefasst, als es gemeint ist. Den Vorwurf in Richtung Hartmann, sich bei seinen Aussagen zur „gesellschaftlichen Teilhabe in Holzdorf-Ost“, vergaloppiert zu haben, lässt Gauert nicht gelten. „Fahren Sie in die Förderschule wenn dort beispielsweise Weihnachtsfeier ist. Dort ist so viel Leben und Engagement, da stimmt die Aussage Hartmanns zur gesellschaftliche Teilhabe.“

Ob die Protagonisten selbst davon überzeugt sind, sei dahingestellt. Auf jeden Fall scheint es, als ob plötzlich manches wieder offen wäre. Rudert die Verwaltung zurück? Gauert erklärt nämlich: „Ein Neubau kommt immer besser, egal wo. Da wir die Chance haben, dieses Projekt über das Förderprogramm Stark III zu finanzieren und es dabei bestimmte Fristen gibt, mussten wir jetzt Planungsleistungen für einen Ersatzneubau ausschreiben. Dabei haben wir zwar Holzdorf-Ost angegeben. Aber dies heißt nicht, dass es letztlich dort passiert. Denn eine Entscheidung über den tatsächlichen Standort gibt es noch nicht.“

Wie? Es hieß doch, dass die zwei Angebote für die Jessener Kernstadt nicht in Frage kämen, daher sei Holzdorf-Ost eben wieder im Gespräch? „Nein, so ist es nicht. Uns liegen mehrere Angebote aus Jessen vor, einschließlich einer Variante in Schweinitz. Gefunden wurde die beste Lösung aber noch nicht. Dazu kommt, dass es noch Vor-Ort-Termine an allen möglichen Standorten geben wird, wenn die engere Auswahl steht.“

Daher existierten bislang auch keine Beschlüsse aus den Ausschüssen des Kreises oder dem Kreistag selbst. „Das Thema ist schließlich in der Diskussion, noch waren keine Beschlüsse nötig.“

Nach konkreten Zahlen befragt, schneidet Prettin in einem Punkt auf einmal gar nicht so schlecht ab. Die Analyse „Kosten Schülerverkehr“ wird aus Annaburg-Prettin nämlich ebenso heftig kritisiert, da man sie nicht kennt. Oder wie es Helga Welz ausdrückt: „Von Jessen nach Prettin sind es halt mehr Kilometer als von Prettin nach Jessen.“ Die MZ bekam zwar keine Einsicht in die Analyse, aber Ronald Gauert nennt Zahlen. „Da der Landkreis für den Schülerverkehr zuständig ist, haben wir auch in unserem Haus diese Analyse aufgestellt. Grundlage ist, dass wir von der dem Wohnort des Schülers nächstgelegenen Bushaltestelle und seinem Weg zur Schule ausgehen. Auf dieser Basis und anhand der aktuellen Schülerzahlen kommt folgendes Ergebnis heraus: Alle Schüler zusammengefasst, müssen bei einer Tour nach Jessen 431 Transportkilometer absolvieren. Nach Prettin sind es 696, nach Elster 722 und nach Holzdorf-Ost 805. Am Nachmittag kommt die gleiche Strecke dazu.“

Jessen bleibt Nummer eins

Deutlich wird aber auch dabei: Jessen (Kernstadt) hat die Nase vorn. Und ein Standort dort werde von der Kreisverwaltung favorisiert, betont Gauert. Zur Frage nach den Kosten (Umbau Prettin, Ersatzneubau) geht der Kreispressesprecher nicht sonderlich ins Detail. Wesentliche Kernaussage: „Es haben sich politische Entscheidungsträger und Mitarbeiter der Kreisverwaltung mehrfach ein Bild vor Ort gemacht und sind so zum Schluss gekommen, dass ein Umbau der Schule in Prettin im Vergleich zu einem Neubau zu teuer ist.“

Verärgert reagiert man beim Landkreis auf die Anfrage, ob sich denn nicht der Landratsvize mit Annaburger Stadträten und interessierten Bürgern zu einem Gespräch treffen könne, Stichwort bessere Kommunikation. Roland Gauert heftig: „Jetzt lassen wir die Kirche mal im Dorf. Das Thema ist seit Jahren bekannt, auch den Prettinern. Mangelnde Kommunikation lassen wir uns nicht vorwerfen. Wir haben mehrfach Anfragen beantwortet, stellen uns der öffentlichen Diskussion. Deswegen muss niemand extra nach Annaburg kommen.“ Eine kluge Reaktion? (mz)

Der Schulgebäude-Komplex in Prettin schien aus dem Rennen zu sein beim Kampf um die Heideschule. Ist das jetzt wieder anders?
Der Schulgebäude-Komplex in Prettin schien aus dem Rennen zu sein beim Kampf um die Heideschule. Ist das jetzt wieder anders?
Andreas Richter