1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Jessen
  6. >
  7. Alte Zeiten in Klöden: Alte Zeiten in Klöden: Treffen ehemaliger Agrotechniker-Lehrlinge

Alte Zeiten in Klöden Alte Zeiten in Klöden: Treffen ehemaliger Agrotechniker-Lehrlinge

Von H.-Dieter Kunze 18.10.2013, 18:11
Gruppenfoto mit ehemaligen Zootechniker-Lehrlingen auf der Treppe im ehemaligen Wohnheim in der Prettiner Lichtenburg
Gruppenfoto mit ehemaligen Zootechniker-Lehrlingen auf der Treppe im ehemaligen Wohnheim in der Prettiner Lichtenburg H.-D. Kunze Lizenz

Prettin/Klöden/MZ - Immer wieder gab es entweder ein „Hallo“ oder die Frage „Wer bist du denn?“, als einer nach dem anderen zum Ehemaligentreffen im Klödener Tagungs- und Freizeitenheim „Altes Pfarrhaus“ eintrudelte. Agrotechniker waren es, die von 1981 bis 1983 in der LPG Tierproduktion „Ernst Thälmann“ Groß Naundorf diesen Beruf erlernten. Susann Otto, damals hieß sie Lehnert, aus Senftenberg hatte das Treffen organisiert. Denn alle sagten sich zwar, dass es nach 30 Jahren an der Zeit wäre, ein Ehemaligentreffen zu veranstalten. Aber wer soll es Wirklichkeit werden lassen? Das ist bekanntlich mit einem immensen Aufwand verbunden.

Anerkannter Ausbildungsbetrieb

Es kam zu einer erlebnisreichen Begegnung, Erinnerungen wurden wach und aufgefrischt. Sowohl an die Lehrzeit im Ausbildungsbetrieb als auch an das Wohnheim in einem Flügel der Prettiner Lichtenburg. Die Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft Groß Naundorf war zu DDR-Zeiten ein renommierter und anerkannter Ausbildungsbetrieb. Agrochemiker, Agrotechniker und Zootechniker/Mechanisatoren für Rinderproduktion erlangten hier praktische Berufserfahrungen. Der theoretische Unterricht fand im ersten Lehrjahr in Jessen, dann an der Betriebsberufsschule Görlsdorf bei Luckau statt.

Auch Lehrmeister anwesend

Zu den ehemaligen Lehrlingen gesellten sich auch einige Lehrmeister. Besonders freute man sich über den Besuch von Martin Woßler. Er war extra wegen des Treffens von Eisenhüttenstadt nach Klöden gekommen. Nordfried Scheunemann war dabei, ebenso Gerda Opitz, Rosi Weber und Uta Petla, alle aus Prettin. Zwei Lehrmeister leben nicht mehr, einer konnte aus gesundheitlichen Gründen leider nicht teilnehmen.

Nach der Ankunft und der „Wiedererkennungsphase“ in Klöden wurde am nächsten Tag Prettin erkundet. Silke Rosenkranz übernahm die sachkundige Führung durch den Elbeort, der sich in all den Jahren merklich verändert hat. Intensiv wurden die ehemaligen „Wohnungen auf Zeit“ in der Lichtenburg erkundet. In Mehrbettzimmern, wie damals üblich, waren die jungen Leute untergebracht. Die Regeln des Heimlebens waren streng. Wehe, man kam mit einer „Fahne“ ins Heim. Alkohol in den Zimmern war völlig verpönt, es gab strenge Einlasskontrollen, Flaschen mit Hochprozentigem wurden eingezogen. Was trotzdem blieb, war der Durst.

Heimlicher Biertransport

Frank Gräbitz aus Schöneicho, er arbeitet noch heute in seinem erlernten Beruf als Agrotechniker, erinnerte sich lachend an einen Trick. Auf dem Hof wurde eine Tasche mit starkem Porter-Bier, gekauft im Prettiner Konsum, deponiert, am Fenster wartete jemand mit einem Strick. Bis endlich einer kam, der ihn an die Henkel knüpfte und das Bier nach oben gezogen werden konnte. Ein beliebter Treffpunkt war jeden Mittwochabend das „Kulti“, heute das Gemeinschaftshaus. Denn da gab es verlängerten Ausgang bis 22.30 Uhr und das Glas Bier kostete nur 42 Pfennige. Aber wehe, die Zeit wurde auch um nur eine Minute überschritten. Dann war Ärger vorprogrammiert.

Richtigen Zoff gab es an einem Abend, als plötzlich eine Heimerzieherin ins Zimmer stürmte und einen unerhörten Vorfall registrierte: Kollektiv wurde doch tatsächlich Rockmusik vom „Hetzsender“ Rias Berlin konsumiert. Sie zog den Stecker und konfiszierte die „Kofferheule“. Es folgten Aussprachen, Belehrungen und Verwarnungen. Denn dieses Vergehen wurde der Losung des Ausbildungsbetriebes „Wir lernen und kämpfen im Sinne von Ernst Thälmann“ in keiner Weise gerecht.

Susann Lehnert, die Initiatorin des Wiedersehens, kann sich an eine einsame Nacht im Heim erinnern. Sie war versehentlich in der Lichtenburg eingesperrt worden. „Das ging ja noch. Viel schlimmer war, dass ich nur noch eine Zigarette hatte“, erzählte sie.

Die meisten der ehemaligen Lehrlinge hat es in sämtliche Himmelsrichtungen verschlagen. Im gelernten Beruf arbeiten die Wenigsten von ihnen noch. Diana Heinrich fuhr damals von Hoyerswerda zur Ausbildung nach Groß Naundorf und ins Prettiner Lehrlingswohnheim. Heute ist sie in Eisingen bei Pforzheim zu Hause und hat einen Büro-Job. Die weiteste Anreise hatte Falk Heinrich. Er stammt aus Senftenberg und wohnt seit 1990 in Luxemburg. Dort arbeitet er als Kraftfahrer. Ihrem Beruf treu geblieben ist Simone Braubach aus Jessen. Nach der Lehre arbeitete sie in der Milchviehanlage in Battin. Jetzt ist sie im Rinderstall von „Seydaland“ in Seyda tätig.

Mit neuen und aufgefrischten Eindrücken verabschiedete man sich nach den beiden geselligen Tagen voneinander. Allerdings mit dem festen Vorsatz: In fünf Jahren sehen wir uns alle wieder. Dann soll das Naherholungszentrum Prettin der Treffpunkt sein.