Zeitzeugen in Hettstedt Zeitzeugen in Hettstedt: "Währungsunion war alternativlos"

Hettstedt/MZ - Richard Schröder ist Theologe und einer der aktivsten Gestalter der politischen Wende in Deutschland. Am Sonnabend stellte er sich in der Jakobikirche einer Diskussion mit Hettstedter Bürgern und schilderte den Verlauf und die Hintergründe des Zusammenbruchs der DDR 1989. Doch vor allem die Zeit danach, bis zur Wiedervereinigung, ist das Thema, das die Menschen heute noch nach immerhin 23 Jahren beschäftigt. Schröder saß zu dieser Zeit für die SPD in der Volkskammer und wurde später Verfassungsrichter in Brandenburg.
Seiner Meinung nach hätte die Wiedervereinigung nicht groß anders gestaltet werden können. Allerdings sehe er ein Dilemma: Die Einführung der D-Mark in der DDR. „Wirtschaftlich war die Währungsunion ein Unding, politisch war sie alternativlos“, fasste er das Problem in Worte. Die beiden Währungen waren damals völlig inkompatibel zueinander und eine Umrechnung eigentlich gar nicht möglich, aber dennoch nötig, um den Abwanderungsstrom gen Westen in den Griff zu bekommen.
Verschiedene Blickwinkel
Edgard von Stromberg, der langjährige Ortsbürgermeister von Welfesholz, bekam den Umbruch aus einem ganz anderen Blickwinkel mit. Schließlich lebte er zu der Zeit in Nordrhein-Westfalen, war aber oft in Sachsen-Anhalt. „Was wirklich bei euch los war, wussten wir gar nicht“, erinnert er sich. Dass die DDR eine der führenden Industrienationen war, habe man dort einfach geglaubt. Das böse Erwachen kam erst später. Als einmal real nachgerechnet wurde. Noch heute wird der Treuhand vorgeworfen, das Betriebe mit vollen Auftragsbüchern abgewickelt worden sind, die eigentlich hätten gerettet werden können und müssen.
„Der Wartburg wurde 30 Prozent unter seinen Herstellungskosten verkauft“, nennt Schröder eines seiner liebsten Beispiele und erzählt, wie die Belegschaft damals sogar die Autobahn blockierte. Sie wollten unbedingt weiter Wartburgs bauen. Dass aber jedes verkaufte Auto mit rund 5.000 Mark vom Steuerzahler bezuschusst werden musste, wurde dabei gern geflissentlich ausgeblendet.
Zusammenfassend könne man heute sagen, die Wende war alternativlos - anders hätte es gar nicht laufen können. So sieht es auch Schröder. „Ich würde heute im Großen und Ganzen alles noch einmal genauso machen“.