Turmsanierung der Jakobikirche Turmsanierung der Jakobikirche: Extra-Mörtel für Hettstedt

hettstedt - Bei der Sanierung des Turmes der Hettstedter Jakobikirche gibt es ein Novum. Es kommt dabei ein spezieller Hettstedt-Mörtel zum Einsatz. Den hat Tobias Jung, der bauausführende Steinsanierer, selbst entwickelt. „Das ist eine auf die örtlichen Gegebenheiten angepasste Mischung aus grobem Sand und hydraulischem Kalk“, erklärt Jung.
Dieser Mörtel ist anfangs noch etwas heller, passt sich aber im laufe der Jahre farblich an das alte Fugenmaterial das Sandsteinmauerwerks hervorragend an. Das genaue Ausmaß, wie viel des alten Mörtels ausgetauscht werden muss, wurde erst nach Beginn der Rückbauarbeiten an den Maßwerken, so heißen die Formsteine der Turmfensterleibungen, sichtbar. Die Steine mussten ausgebaut werden, um die beiden neuen Glocken, die am Sonntag ab 10 Uhr auf dem Markt gezeigt und um 12 Uhr geweiht werden sollen, wieder in den Glockenstuhl einbauen zu können.
Gips ist Schuld an großen Rissen
Bei den letzten Umbauarbeiten am Turmfenster in den 1950er Jahren wurde beim Wiedereinbau der Maßwerke ein gipshaltiger Mörtel verwendet, hat Jung während der Sanierungsarbeiten festgestellt. „Gipshaltiges Material ist im Außenbereich immer eine ganz schlechte Idee“, findet der erfahrene Bausanierer. Denn Gips zersetze bei Feuchtigkeitseinflüssen im Laufe der Zeit. Das erklärt seiner Meinung nach auch die großen Risse im Mauerwerk des Turms.
Der Guss der beiden neuen Glocken für die Hettstedter Jakobikirche ist nötig geworden, weil das Läutewerk seit mehr als einem Jahrhundert unvollständig ist. Nachdem alle Glocken im Zweiten Weltkrieg abgehängt und eingelagert wurden, ist die größte Glocke wahrscheinlich auf dem Rücktransport beschädigt worden.
Zwischen einigen der riesigen Sandsteine klaffen inzwischen Löscher, in die man mit beiden Händen hineingreifen kann. Das wurde aber erst richtig sichtbar, nachdem er mit seinem Kollegen Renzo Cavallin die ersten Formsteine der Leibung entfernt hatte. Dass sich das genaue Ausmaß der Schäden immer erst während der Sanierungsarbeiten zeigt, ist für Jung indes kein Problem. „Das macht die Arbeit ja so spannend“, findet er.
Da es über die früheren Arbeiten am Kirchturm keinerlei Pläne gebe, müsse er halt auch ohne einen echten Plan zurechtkommen. So muss er zum Beispiel nach jedem Stein neu überlegen,welchen er als nächstes aus dem Mauerwerk entnimmt und wann er einen neuen Stahlanker setzen muss. Denn entfernt er den falschen Stein, würde ein Teil der Turmmauer einfach zusammenbrechen.
Die Sandsteine, die aus Sachsen stammen, liegen zwar in einem Mörtelbett, haben aber mit diesem keinerlei Verbindung. „Die Mauer ist nur durch die Anordnung der Steine stabil“, erklärt er. Mit dem Rückbau des Mauerwerks sind beiden Steinsanierer zwar nun erst einmal fertig, sie haben dennoch genug zu tun, während der Glockenstuhl von Zimmerern komplett umgebaut und dann elektrifiziert wird. In den kommenden Wochen werden sie dann die Maßwerke, überarbeiten und einzelne Bruchstücke ersetzen. Zwar gebe es heutzutage Techniken diese Arbeiten so auszuführen, dass sie später nicht mehr sichtbar sind, das ist aber nicht Jungs Intention. „Ich will die jetzigen Sanierungsarbeiten so gestalten, dass sie für die Nachwelt nachvollziehbar sind“, erklärt er.
So bleiben die ausgebesserten Stellen in dem Kirchturm zumindest noch bei genauem Hinsehen erkennbar. Das gilt auch für die Löcher, die nach dem setzen der Anker in den Steinen verfüllt werden. So weiß auch der nächste Saniererer, wo er suchen muss. (mz)