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Nachfolger für die Traditionsbrauerei  Nachfolger für die Traditionsbrauerei : Von Hongkong nach Wippra

Von Wolfram Bahn 10.11.2015, 05:45
Der frischgekürte Bier-Sommelier Thomas Dobiezynski schaut sich ein Spezialbier an, das in Wippra auf traditionelle Art gebraut wird.
Der frischgekürte Bier-Sommelier Thomas Dobiezynski schaut sich ein Spezialbier an, das in Wippra auf traditionelle Art gebraut wird. Jürgen Lukaschek Lizenz

Wippra - Ein Mann aus Thüringen schickt sich an, in der Traditionsbrauerei in Wippra in die Fußstapfen von Wolfgang König zu treten. Der Braumeister, der dort schon zum lebenden Inventar zählt, geht in einem Jahr in den verdienten Ruhestand. Brauereimitinhaber Norbert Gehring suchte deshalb einen Nachfolger und den hat er in Thomas Dobiezynski aus Altenburg gefunden. Doch der kannte die Brauerei im Wippertal überhaupt nicht und ist nur durch einen Zufall dorthin gekommen.

Die Brautradition in Wippra reicht bis ins Jahr 1480 zurück. Das Bier wird nach althergebrachten Rezepturen in einem Sudhaus gebraut, das 1905 gebaut wurde. Ein Eiskeller im Schiefer, in dem Temperaturen zwischen acht und zehn Grad herrschen, dient seit jeher als Lagerraum. Das Original Wippraer Bier ist mittlerweile in über 70 Verkaufsstellen in Mitteldeutschland erhältlich. 

Schwiegereltern sind Schuld

„Schuld daran sind meine Schwiegereltern“, erzählt der 35-jährige Mann mit Thüringer Wurzeln. Sie machen oft Ausflüge in den Harz und kennen dadurch die Museumsbrauerei. Und sie gaben ihrem Schwiegersohn den Tipp, doch mal auf deren Homepage zu schauen. Das war im Frühjahr vorigen Jahres. Damals arbeitete Dobiezynski noch in China und betreute in Peking und Hongkong auch zwei Gasthaus-Brauereien.

Die Chinesen kennen nach seinen Erfahrungen, die er im Reich der Mitte gemacht hat, nur drei Biersorten: Lager, Dunkles und Weizen. „Das dort hat mir auf die Dauer nicht gereicht“, sagte er im Rückblick. Für ihn ist das Bierbrauen noch ein Handwerk. Und als er sah, dass in Wippra auf „handgemachtes“ Bier nach alten Rezepturen gesetzt wird, war er sofort Feuer und Flamme. Vor allem das „Wipprator“-Bier, ein Doppelbock, hat es ihm angetan. „Solch ein Name ist der absolute Marketing-Gag“, findet der Braumeister.

Sofort auf einer Wellenlänge

Schon beim ersten Kennenlernen in Wippra waren er und Gehring „sofort auf einer Wellenlänge“, erinnert er sich noch genau an sein Vorstellungsgespräch. „Genau solch einen Braumeister haben wir gesucht“, ist auch Gehring mehr als zufrieden mit dem Thüringer, der in der Altenburger Brauerei gelernt hat und sich später im Vorarlberg (Österreich) seine ersten Meriten verdient hat. Dort hat er jetzt auch erfolgreich seine Prüfung als Bier-Sommelier abgelegt. Damit ist Thomas Dobiezynski neben Gehring der einzige Brauer in Sachen-Anhalt, der sich mit diesem Titel schmücken kann.

Als Sommelier ist er sozusagen das Bindeglied zwischen Brauer und Gast. Er muss sich in den unterschiedlichsten Biersorten auskennen, wissen, was ihre besondere Note ausmacht, und dem Gast empfehlen können, welches Bier zu welchem Gericht am besten passt. „Wie beim Wein, nur dass es beim Gerstensaft ein weitaus größeres Spektrum an Aromen gibt“, so der frischgekürte Bier-Sommelier. Allein in Wippra werden neben vier Fass- und 25 Flaschen- auch zwölf Spezialbiere gebraut. „So etwas gibt es sonst nirgends in Deutschland“, glaubt Dobiezynski.

Spaß am Experimentieren

Er hat Spaß am Experimentieren mit den vier Zutaten Gerste, Hopfen, Malz und Wasser. Zur Bier-Messe in Nürnberg, die heute beginnt, hofft er, neue Anregungen zu bekommen. Wie Gehring hält auch er nichts vom „industriellen Einheits-Bier“, das die großen Brauereien überall „verzapfen“.

Beide haben ausgemacht, dass das handwerklich gemachte Bier inzwischen immer mehr Anhänger findet. Dafür spricht auch, dass alle Veranstaltungen in der Traditionsbrauerei in Wippra bis Jahresende ausgebucht sind. „Das ist auch eine Anerkennung unserer Arbeit“, sagt Braumeister Dobiezynski nicht ohne Stolz. (mz)

Praktikantin Jenny Siefke an der Anlage zur Flaschenreinigung.
Praktikantin Jenny Siefke an der Anlage zur Flaschenreinigung.
Lukaschek Lizenz