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MZ-Dorfserie MZ-Dorfserie: Klosterrode - Ein Ort atmet Geschichte

Von Beate Thomashausen 29.08.2018, 16:00
Blick auf das Klosterschloss in Klosterrode. Sowohl im Kloster als auch im Ort gibt es viel zu entdecken.
Blick auf das Klosterschloss in Klosterrode. Sowohl im Kloster als auch im Ort gibt es viel zu entdecken. Maik Schumann

Klosterrode - Fritz Bang ist 90 Jahre alt und ist seit 82 Jahren Klosterröder. Als er Acht war, kam er mit seinen Eltern aus Thüringen nach Klosterrode. Sie hatten sich 1936 um Siedlungsland in Klosterrode beworben.

„Mein Vater war eines von sieben Kindern. Wenn da das Land der Familie unter den Kindern aufgeteilt wurde, blieb nicht mehr genug Ackerfläche, um darauf so viel zu erwirtschaften, dass es für den Lebensunterhalt einer Familie reichte. Man musste nebenbei noch arbeiten. Mein Vater zum Beispiel als Fleischer“, erinnert sich der Klosterröder. Über eine sogenannte Siedlungsgesellschaft tat sich damals für Menschen wie Bangs Vater die Möglichkeit auf, Land und ein Haus zu erwerben, wenn genug Geld dafür vorhanden war.

Klosterrode - einst ein junger Ort voller Kinder und Familien

Familie Bang kaufte - so wie 15 andere Familien, die zumeist aus Thüringen stammten - in Klosterrode 17 Hektar Land und ein Haus. Dann zog man mit dem damals achtjährigen Fritz und der sechs Jahre alten Tochter Charlotte in den kleinen Ort um, den Charlotte John, die damals natürlich noch Bang hieß, als einen sehr jungen Ort voller Kinder beschreibt.

Dieses Bild des Ortes voller Kinder und junger Leute hat sich im Verlaufe der Jahre geändert. Als der Blankenheimer Bürgermeister André Strobach, der waschechter Klosterröder ist, 1984 in Blankenheim eingeschult wurde, sei man zu dritt aus Klosterrode hinauf nach Blankenheim in die Schule gegangen. „Alle Drei sind wir aber unserem Klosterrode treu geblieben“, freut sich Strobach.

Klosterschloss fällt sofort in Klosterrode auf

„Das ist heutzutage nicht so selbstverständlich, dass die Leute im Ort bleiben“, sagt der Bürgermeister. Rund 1.300 Einwohner hat Blankenheim. Gut ein Zehntel von ihnen lebt im Ortsteil Klosterrode, in dem vor allem eins sofort auffällt: das Klosterschloss.

Eine, die sich hier auskennt wie andere nur in ihrem eigenen Wohnzimmer, ist Helma Helmbold. Ehrenamtlich betreut sie die Museumsräume im Klosterschloss und führt Besuchergruppen durch die alten Gemäuer und erzählt ihnen davon, dass das Frauenkloster bereits im neunten Jahrhundert erwähnt wurde, sich dort dann aber vom 12. Jahrhundert bis zur Zeit des Bauernkrieges ein Prämonstratenserorden in Klosterrode befand.

Burgsdorf, Friedrichrode, Neuglück - Orte, die nicht jeder gleich auf der Landkarte findet. In ihnen leben teils deutlich weniger als 200 Einwohner. Und doch gibt es interessante Geschichten. Wir haben uns im Landkreis Mansfeld-Südharz auf die Suche begeben. Die Resultate werden in unregelmäßigen Abständen in der Zeitung veröffentlicht. (mz)

Der Reformator Thomas Müntzer soll sich dort eine Zeit lang versteckt haben. Als nur noch acht Mönche in Klosterrode lebten, wurde das Kloster an die Grafen von Mansfeld verkauft, die daraus ein Rittergut machten. Von nun an beginnt eine wechselvolle Geschichte für die alten Gemäuer. Besitzer wechseln. Es wird viel gebaut und noch mehr abgerissen.

Neues Schloss von Klosterrode nur 150 Jahre nach Erbauung gesprengt

Das neue Schloss zum Beispiel, das in den Jahren 1778 bis 1783 vom Grafen Albrecht Ludwig von der Schulenburg errichtet wurde, wurde keine 150 Jahre später gesprengt und abgerissen, weil sich der damalige Besitzer, der Industrielle Max Müller aus Bornstedt-Neuglück, der unter anderem die Elektrizität nach Klosterrode brachte, das Anwesen in Klosterrode schlicht nicht mehr leisten konnte und bankrott ging. Das war lange, bevor Fritz und Charlotte Bang nach Klosterrode kamen.

Als wechselvoll beschreibt Helma Helmbold auch die Klosterröder Geschichte nach dem zweiten Weltkrieg bis zur Wendezeit. Aus den Siedlern und Neubauern der Bodenreform waren mittlerweile LPG-Mitglieder geworden. Im Schloss entstanden Wohnungen, die vorrangig von jungen Ehepaaren bezogen wurden. Und im Schloss arbeiteten sogar Näherinnen für den VEB Kindermoden Aschersleben.

Klosterschloss in Klosterrode öffnet zum Tag des offenen Denkmals

Heute obliegt es der Gemeinde, das Klosterschloss zu erhalten und ehrenamtliche Helfer sowie geringfügig beschäftigte Kräfte kümmern sich darum, dass die Ausstellung geöffnet und der Raum für Feiern in Ordnung ist.

Übrigens: Zum Tag des offenen Denkmals am Sonntag, 9. September, wird das Klosterschloss in Klosterrode von 10 bis 17 Uhr geöffnet sein. Heimatforscher Horst Stübner wird auch Fotos von Einschulungen, Konfirmationen und Jugendweihen aus Blankenheim zeigen. „Und vielleicht finden sich an diesem Tag auch Interessenten für die Gründung eines Schlossvereins. Wir müssen uns Gedanken machen, wie wir unser Schloss in Zukunft erhalten“, so Helma Helmbold. (mz)

Blick ins Örtchen.
Blick ins Örtchen.
Schumann
Charlotte John lebt seit ihrem sechsten Lebensjahr im Ort.
Charlotte John lebt seit ihrem sechsten Lebensjahr im Ort.
Schumann
Fritz Bang wurde Landwirt und blieb im Elternhaus.
Fritz Bang wurde Landwirt und blieb im Elternhaus.
Schumann