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Mansfeld-Südharz Mansfeld-Südharz: Schnecken-Schlachter sind nur schwer zu finden

Von Jörg reiber 24.09.2012, 13:09

Hermerode/MZ. - In Frankreich, ein Land, das einem bei dem Wort Schneckenzucht wohl immer als erstes durch den Kopf geht, ist die Zucht der Mitteleuropäischen Weinbergschnecke äußerst umstritten, da sie in Fachkreisen als unwirtschaftlich gilt. Diese Schnecken sind zwar sehr schmackhaft, aber sie wachsen und vermehren sich nur langsam. Heinz Strache aus Wippra beweist mit seiner Harzer Schneckenfarm in Hermerode, dass die Zucht dieser Weichtiergattung durchaus wirtschaftlich machbar ist.

"Ich kann zwar noch nicht von meiner Farm leben, aber sie trägt sich inzwischen selbst", so Strache. Im Jahre 2006 starteten er und ein Partner mit rund 20 000 Exemplaren in ökologischer Freilandhaltung. Im Laufe der Jahre nahm er noch die Mittelmeer-Weinbergschnecke (Helix Aspersa) mit inzwischen fast einer Million Tieren hinzu. Diese Art gilt als Saisonware, da sie nicht "winterhart" ist. Allerdings sind sie in sechs Monaten voll ausgewachsen, im Gegensatz zur einheimischen Weinbergschnecke, die drei Jahre braucht.

Das brachte die 450 Besucher am Wochenende beim Schneckenfest ins Staunen. Viele Nachbarn ließen es sich nicht nehmen, an diesem Tag der offenen Tür vorbeizuschauen. Die anfängliche Skepsis der 138 Einwohner Hermerodes ist inzwischen einer breiten Akzeptanz gewichen. Wohl auch, weil die damals befürchtete Schneckenplage durch ausgebüxste Tiere ausblieb.

Strache erinnerte sich auch, dass gerade in den ersten Jahren kaum einer seine Schneckengerichte kosten wollte. Doch im Laufe der Zeit rangen sich immer mehr Skeptiker dazu durch und es ist nun fast niemand darunter, der von diesen Gerichten nicht angetan war. Nur sein Nachbar Achim Ahlig weigerte sich bisher standhaft, eines der Weichtiere zu verkosten. Jetzt gab er endlich nach, nachdem er seine Scheu überwinden konnte. "Sie schmecken besser als gedacht", räumte er am Sonnabend nach der Verkostung der Schnecken ein.

Die Schnecken aus Hermerode landen mittlerweile auch auf den Tellern der Top-Gastronomie von Sylt bis ins Allgäu. Die Zucht ist nicht einmal das größte Problem, sondern die Vermarktung stellt Strache vor ungeahnte Schwierigkeiten. "Denn ich darf die Tiere nur lebend verschicken", sagte er.

Nach EU-Richtlinien braucht man für die Verarbeitung der Weichtiere ein vollausgestattetes Schlachthaus und natürlich die Berechtigung, solche Schlachtungen durchzuführen. Darüber verfügen weder Heinz Strache noch die Gastronomiebetriebe. So blieb ihm nichts anderes übrig, als sich einen Schneckenschlachter zu suchen.

Und das war gar nicht mal so einfach. Im gesamten norddeutschen Raum gibt es lediglich eine Schlachterin, die sich darauf spezialisiert hat, Elken Arp aus Bargstredt im Landkreis Stade. Sie übernimmt inzwischen auch die Vermarktung seiner Tiere. Er schickt sie lebend zu ihr und sie kümmert sich dann um den Rest.

Nachdem die Tiere seine Farm verlassen haben, landen sie bereits nach 48 Stunden bei den Köchen in ganz Deutschland. Dieses Schicksal ist auch der Schnecke Nummer 4 beschieden, mit der Daniela Hahn aus Wippra beim Hermeröder Schneckenrennen gewann.