Mansfeld-Südharz Mansfeld-Südharz: Ein Dorf ist auf den Hund gekommen
RODA/MZ. - Die Hauptstraße des Ortes besteht aus Pflastersteinen und mündet in einen Feldweg. Roda ist damit so etwas wie eine Sackgasse. "Kollegen von mir, die hier vorbeifahren, sagen immer zu mir: In was für einem Kaff wohnst du denn. Aber wenn sie erstmal hier waren, finden sie es alle schön und besonders ruhig", erzählt Kraftfahrer Detlef Litschke. Und in seinem Garten ist es wirklich beschaulich. Eine kleine Brücke ist über den Teich gebaut, im hinteren Bereich wachsen Weintrauben. "Dieses Jahr werden wir zwei Zentner ernten", sagt seine Mutter Charlotte Litschke, die mit in dem Haus wohnt.
Aber nicht nur das Beschauliche liegt Detlef Litschke. Den Urlaub verbringt er am liebsten zusammen mit seiner Frau Sylvia und einem befreundeten Ehepaar auf seinem Motorrad. Schon bis nach Sizilien in Süditalien sind sie damit gereist - knapp 5 500 Kilometer. Die beiden haben auch einen Hund, einen hellbraunen Cocker Spaniel namens Willy. Die Liebe zu den Vierbeinern ist in Roda aber nichts ungewöhnliches. "Im Dorf hat eigentlich jeder Haushalt mindestens einen Hund", sagt Günter Galtser, der seit 1986 hier wohnt. Auf 70 Einwohner kommen laut dem 55-Jährigen etwa 40 Hunde. Eine erstaunliche Quote gerade im Vergleich zu Gesamtdeutschland. Hier hat noch nicht einmal jeder zehnte Haushalt einen Hund.
Kultureller Höhepunkt des dörflichen Lebens in Roda ist das alljährliche Sommerfest Anfang Juli. Dann werden auf der Hauptstraße Bierbänke und Pavillons aufgestellt. Bei einem Fest trat sogar der Moderator Chriz Rock vom Radiosender 89,0 RTL auf. "Der hat ganz schön Stimmung gemacht", erzählt Detlef Litschke.
Ansonsten ist Roda stark von der Landwirtschaft geprägt. Schließlich entstand der Ort 1730 auf Initiative des Fürsten Leopolds von Anhalt-Dessau als Vorwerk, dass heißt als vorgelagerter Gutshof der Stadt Sandersleben. Neben der Schweinezucht der Agrargenossenschaft Freckleben und des Reparaturstützpunkts der Agrargenossenschaft Wiederstedt betreibt Hans-Henning Deike seinen Betrieb. Der Niedersachse kam 1992 durch einen Zufall nach Roda. Sein Bruder sollte den heimatlichen Betrieb in Hannover übernehmen und deswegen suchten seine Eltern für ihn einen neuen Hof. Da kam eine Kaufausschreibung eines Landeigentümers gerade recht. Heute betreibt Deike neben seinem Agrarbetrieb eine Spedition. "Dieses Ost-West-Ding mochte ich noch nie. Und ich bin von Beginn an hier gut aufgenommen worden", erzählt der 40-Jährige. Dies bestätigt auch Detlef Litschke: "Der ist doch ein richtiger Ostdeutscher geworden."
Aber auch in Roda gibt es Schattenseiten. Der Ort hat schon seit Ende der 1960er Jahre keine Gaststätte mehr. Der letzte Supermarkt machte kurz nach der Wende dicht. "Heute kommt nur noch einmal die Woche ein Bäcker- und ein Fleischerwagen vorbei. Es fehlt aber einer für alle Einkäufe", sagt Charlotte Litschke. Michele Braune, die in Roda aufgewachsen ist und deren Mutter eine Schafszucht betreibt, beklagt dagegen: "Früher waren wir 15 Jugendliche, heute gibt es gerade einmal drei Kinder". Vielleicht sind die vielen Hunde in Roda eine Kompensation dafür.
In der nächsten Woche ist die MZ im Mansfelder Grund unterwegs.