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Lesung am Theater Eisleben Lesung am Theater Eisleben: "Ich habe kein Deutschland gefunden"

Von Jörg Müller 15.10.2019, 10:28
Chefdramaturgin Ann-Kathrin Hanss hat die Texte ausgesucht und szenisch eingerichtet.
Chefdramaturgin Ann-Kathrin Hanss hat die Texte ausgesucht und szenisch eingerichtet. Maik Schumann

Eisleben - Er rieb sich an der DDR, blieb auf einer Reise im Westen - und wurde dort auch nicht frei. „Die Berliner Mauer ist immer ein zentraler Punkt im Leben von Einar Schleef gewesen“, sagt Ann-Kathrin Hanss, Chefdramaturgin am Eisleber Theater.

Insofern ist der aus Sangerhausen stammende Universalkünstler ein bestens geeigneter Protagonist für die erste „Zugabe“ dieser Spielzeit: Zum 30-jährigen Mauerfall-Jubiläum steht am Freitag, 18. Oktober, 19.30 Uhr, die szenische Lesung „Ich habe kein Deutschland gefunden“ auf dem Programm.

Anregung vom Arbeitskreis

Der Schauspieler Philip Dobraß liest aus Erzählungen, die in einem gleichnamigen Band aus dem Elfenbein-Verlag erschienen sind, sowie aus Tagebuchnotizen Schleefs. Die Texte hat Hanss zusammengestellt und eingerichtet.

Die Anregung dazu kam vom Einar-Schleef-Arbeitskreis aus Sangerhausen, der sich anlässlich des 75. Geburtstages des Künstlers in diesem Jahr an das Theater gewandt hatte.

Der 1944 geborene Schleef war 1964 zum Studium - Malerei und Bühnenbild - nach Ostberlin gezogen. 1976 erhielt er das Angebot, in Wien zu inszenieren, und kehrte nicht in die DDR zurück.

Er lebte unter anderem in Westberlin und Frankfurt am Main und arbeitete als Maler, Bühnenbildner, Regisseur, Darsteller und Fotograf. Als Autor wurde er mit dem Roman „Gertrud“ und dem Groß-Essay „Droge Faust Parsifal“ bekannt. Nach seinem Tod 2001 erschien sein fünf Bände umfassendes Tagebuch.

Die Texte der Lesung seien keine fortlaufende Handlung, so die Dramaturgin. „Es sind einzelne Puzzlesteine. Wir zeigen kein fertiges Bild, sondern tasten uns an ihn heran.“

Schleef sei ein widersprüchlicher Mensch und Künstler gewesen. „Wir möchten diese Widersprüchlichkeit präsentieren.“ Dafür stehe auch der Titel „Ich habe kein Deutschland gefunden“.

„Er wollte raus aus der DDR und hatte dann im Westen das Gefühl, dass er dort auch nicht hingehört.“ Lohnenswert sei die Beschäftigung mit Schleef in jedem Fall, so Hanss. „Er ist ein weltbekannter Künstler aus der Region. Und er ist eine Person der Zeitgeschichte.“

Bühnenbild mit Mauer

Da die Auseinandersetzung mit seiner sehr bestimmenden Mutter Gertrud eine große Rolle in Schleefs Leben gespielt hat, wird sie auch in der Lesung auftauchen. Annette Baldin hat Passagen gesprochen, die eingespielt werden.

Außerdem wird in Telefongesprächen Oliver Beck zu hören sein. Als passende Kulisse hat Theatermalerin Cornelia Kretschmar-Warnicke eine große Telefonzelle gestaltet - in Anlehnung an einen bekannten Zyklus Schleefs mit Bildern von Telefonzellen. Außerdem hat Werkstattleiter Mark Bumke ein Stück Mauer gebaut. „Wir haben also diesmal ein richtiges Bühnenbild“, freut sich Hanss.

Drei weitere Zugaben

Mit der Reihe „Zugabe“ hat das Theater Eisleben sein Repertoire erweitert. In szenischen Lesungen werden besondere literarische Texte durch das Ensemble dargeboten. Für die Textzusammenstellung und die szenische Umsetzung zeichnet sich jeweils die Chefdramaturgin verantwortlich.

Drei weitere Zugaben sind in dieser Spielzeit geplant: „Widerstand und Ergebung“ zum 75. Todestag von Dietrich Bonhoeffer (19. März 2020), die Zugabe für Kinder „Timm Thaler oder Das verkaufte Lachen“ (25. Juni 2020) sowie „Beziehungskisten und Bettgeflüster“ mit Lyrik und Musik von Erich Kästner und Heinrich Heine (9. Juli 2020).

››Karten gibt es an der Theaterkasse in Eisleben, Bucherstraße 14, Telefon 03475/60 20 70, E-Mail: [email protected]

(mz)