Gärtnereien Gärtnereien : "Es ist ein harter Kampf"

Eisleben - Wenn zu DDR-Zeiten im Volkseigenen Gut (VEG) „Walter Schneider“ Tomatenpflanzen verkauft wurden, „dann standen die Leute in Dreierreihen an“, erinnert sich Volker Kuhn. Der Gartenbau-Ingenieur arbeitete damals in der Saatzucht-Station des VEG - und ist heute geschäftsführender Vorstandsvorsitzender der Haubner-Stiftung, die das Gelände an der Gerbstedter Chaussee in Eisleben bewirtschaftet. Der Betrieb ist eine der letzten Gärtnereien im Landkreis, die ihre Pflanzen noch selbst ziehen. Wie können sie sich gegen die Bau- und Gartenmärkte behaupten?
Komplett ohne Chemie
„Es ist ein harter Kampf“, sagt der 62-Jährige. „Es gibt ja überall Pflanzen zu kaufen. Und viele Kunden gucken nun einmal zuerst auf den Preis.“ In dieser Beziehung habe man gegen die großen Erzeuger natürlich keine Chance. „Wir ziehen alles selbst“, sagt Kuhn: Salat, Tomaten, Kohlrabi, Porree, Sellerie, Paprika, Zucchini und Gurken sowie einige Blumen wie Astern und Petunien.
Nachdem die Saat aufgegangen ist, müssen die Pflanzen in Handarbeit pikiert (vereinzelt) werden, damit sie genug Platz zum Wachsen haben. „Wir sind kein zertifizierter Bio-Betrieb, arbeiten aber komplett ohne Chemie“, sagt Kuhn. Der Betrieb hat drei Beschäftigte: seine Frau und ein weiterer Mitarbeiter im Gartenbau sowie eine Verkäuferin.
„Unsere Kunden wissen um die Qualität der Pflanzen“, so Kuhn. Wichtig sei dabei: „Man muss den Pflanzen Zeit geben, dass sie sich entwickeln können.“ Erkennbar sei das an einem gut ausgebildeten Wurzelballen. Die Jungpflanzen würden außerdem „abgehärtet“: Das Gewächshaus werde zeitweise heruntergekühlt, damit die Pflanzen später im Garten auch mal eine kalte Nacht überstehen.
Bis circa Ende Mai werden die Pflanzen verkauft, danach kommen die Gemüse wie Tomaten, Gurken und Paprika. „Wir verkaufen in unserem Stand an der Straße, auf dem Blumen- und Pflanzenmarkt in Eisleben und über Händler, zum Beispiel Naturkostläden“, so Kuhn.
Mit Leib und Seele Gärtnerin
Auf dem Eisleber Pflanzenmarkt sowie auf dem Erzeugermarkt in Halle ist auch Karin Stäuber regelmäßig vertreten. Sie betreibt seit 30 Jahren eine Gärtnerei in Sylda. „Es ist ein schöner, aber auch anstrengender Beruf“, sagt die 64-Jährige, die in Quedlinburg Gartenbau studiert hat.
„Ich bin mit Leib und Seele Gärtnerin. Man arbeitet im Rhythmus der Natur.“ Sie baut unter anderem Tomaten, Paprika, Kohlrabi, Sellerie, Petersilie, Zucchini, Auberginen, Gurken, Bohnen und Astern an. Auch Äpfel, Birnen und Kirschen hat sie im Angebot.
„Meine Kunden schätzen die Breite des Sortiments und die Qualität. Je nach Jahreszeit habe ich bis zu 100 Kulturen“, so Stäuber. „Bei mir ist alles frisch, und die Leute wissen, wo es herkommt.“ Schließlich seien alle Pflanzen Eigenproduktion. Dünger und Pflanzenschutzmittel setze sie nicht ein.
„Das ist nicht notwendig.“ Über die Jahre habe sie sich so einen „riesigen Kundenstamm“ aufgebaut, so Stäuber. „Man wird nicht reich, aber man kann gut davon leben.“
Die ersten paar Jahre habe sie noch ein Geschäft am Freimarkt in Hettstedt gehabt. Jetzt sei sie aber nur noch auf den Märkten unterwegs. Sie und ihr Mann Werner, der ebenfalls Gärtner von Beruf ist, bedauern, dass sich bislang kein Nachfolger für den Betrieb gefunden hat.
„Ich wollte eigentlich schon dieses Jahr aufhören“, sagt Stäuber. Nach einem Inserat in einer Fachzeitschrift hätten sich zwar einige Interessenten aus ganz Deutschland gemeldet, darunter auch junge Leute. „Wegen der Straßenausbaubeiträge in Sachsen-Anhalt haben dann aber alle abgesagt“, so Werner Stäuber, der sich generell mehr „Unterstützung für Kleinbetriebe“ wünschen würde. Seine Frau meint, dass die Gärtnerei durchaus weiter Chancen hätte. „Wenn man das noch ausbauen würde, könnte es sehr gut gehen.“
Auch Weihnachtsbäume
Von Primeln, Geranien und Stiefmütterchen im Frühjahr bis zu Weihnachtsbäumen im Dezember - „bei uns geht es fast das ganze Jahr durch“, sagt Daniel Kuhn (47). Mit seiner Frau Grit und seiner Mutter Edda betreibt er eine Gärtnerei und Baumschule in Liedersdorf (Stadt Allstedt).
Der von seinem Vater Horst Kuhn gegründete Familienbetrieb kann in diesem Jahr sein 35-jähriges Bestehen feiern. Auf vier Hektar wachsen Blumen, Gemüse- und Kräuterpflanzen, Obstgehölze, Rosen und Heckenpflanzen. „Wir machen alles selbst“, so Kuhn.
Wie behauptet er sich gegen die große Konkurrenz? „Mit Qualität, guter Beratung und einem breiten Angebot.“ Kuhns verkaufen im eigenen Laden sowie auf den Wochenmärkten in Eisleben, Hettstedt, Sangerhausen und Bad Frankenhausen. Auch auf dem Bauernmarkt zur Kleinen Wiese im Herbst sind sie vertreten.
Das Gärtnern liegt bei Daniel Kuhn in der Familie. Nicht nur sein Vater, sondern schon der Großvater und der Urgroßvater waren Gärtner. Und es gibt gute Chancen, dass die Tradition fortgesetzt wird: Sohn Paul lernt bereits im Betrieb. (mz)

