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Das Leben nach der Droge Das Leben nach der Droge: Einblicke in die Arbeit der Drogenberater in der Region

Von Anja Förtsch 21.05.2017, 13:00
Nancy Otto, Beraterin der Sucht- und Drogenberatungsstellen in Hettstedt, Eisleben und Sangerhausen, kurz „drobs“, im Beratungsgespräch
Nancy Otto, Beraterin der Sucht- und Drogenberatungsstellen in Hettstedt, Eisleben und Sangerhausen, kurz „drobs“, im Beratungsgespräch Maik Schumann

Hettstedt - Die Zahl ließ in der vergangenen Woche aufhorchen: 1 333 Menschen sind 2016 in Deutschland an ihrem Drogenkonsum gestorben. Und die Zahl ist im Vergleich zum Vorjahr gestiegen - zum vierten Mal in Folge. Das zeigt: Drogen sind weiter auf dem Vormarsch. Nicht nur in Metropolen wie Berlin oder Frankfurt, sondern deutschlandweit. Und damit auch in Mansfeld-Südharz.

Jeder zweite der Klienten in Eisleben und Hettstedt kam 2016 wegen Alkoholproblemen zur Beratungsstelle

Das weiß wohl kaum jemand besser als Nancy Otto und Johannes Schöneck. Sie sind Berater der Sucht- und Drogenberatungsstellen in Hettstedt, Eisleben und Sangerhausen, kurz „drobs“. Zwar ist die Situation hier weit weniger drastisch als die Bundesstatistik vermuten lässt, aber Probleme gibt es auch hier. „An erster Stelle steht immer noch der Alkohol“, sagt Schöneck. Etwa jeder zweite der insgesamt 440 Klienten in Hettstedt und 678 Klienten in Eisleben kam 2016 wegen Alkoholproblemen. Die andere Hälfte nutzte illegale Drogen wie Cannabis, Heroin oder Amphetamine, etwa Crystal Meth.

Was alle Konsumformen gemeinsam haben, ist der Umgang der Berater mit ihnen: „Wir verfolgen hier einen akzeptierenden Ansatz“, sagt Otto. „Unsere Klienten können zu uns in die Beratung kommen, so lang und so oft sie wollen.“

Und wer zu Otto und Schöneck kommt, dem wird zuerst einmal eine Frage gestellt: Warum bist du hier? „Danach richtet sich dann unsere Beratung“, so Otto. „Denn nicht jeder Klient will auch vollkommen abstinent werden.“ Viele würden einfach lernen wollen, kontrollierter zu konsumieren. „Egal für welches Ziel, jeder muss seinen eigenen Weg finden. Eine Generallösung für alle gibt es nicht.“ Manchen Klienten, der auf eine einfache Lösung hofft, enttäusche das im ersten Moment. „Aber wichtig ist eben, dass die Konsumenten selbst die Verantwortung für ihr Handeln übernehmen“, so Otto.

Leidensdruck für Angehörige oft höher als für Betroffene mit Suchtproblem

Diese Verantwortung sollten auch die Angehörigen nicht übernehmen. „Familie und Freunde kommen ebenfalls immer öfter zu uns, wollen wissen, wie sie mit der Sucht umgehen sollen“, sagt Schöneck. Dabei sei der Leidensdruck für sie sogar oft noch höher als für die Betroffenen. „Schließlich wollen die Angehörigen umso mehr, dass sich etwas verändert“, sagt Otto. Deshalb gebe es spezielle Beratungsangebote für Familie und Freunde.

Die können aber auch Grund des Problems sein. „Viele nehmen Drogen, weil sie das als Bewältigungsstrategie von ihren Eltern gelernt haben“, so Otto. „Sie sehen: Wenn meine Eltern gestritten haben, trinken sie. Und das ahmen sie dann nach.“ Deshalb sei es wichtig, dass viel Präventionsarbeit geleistet werde und auch Erzieher und Lehrer genau hinschauen, wenn ein Kind oder seine Eltern auffällig werden.

Neben Einzelgesprächen gibt es auch Gruppentreffen. „Einige haben sich zuletzt privat zu einer Radtour getroffen. Das ist natürlich schön zu sehen“, so Otto. „Denn die Frage ist ja oft: Was mache ich jetzt, in dem neuen Leben ohne Drogen?“ Und dass sich dieses Leben lohnt, das wollen die Otto und Schöneck ihren Klienten zeigen - mit Akzeptanz, aber ohne Druck. (mz)

Die Angebote und Öffnungszeiten der „drobs“ finden Sie online unter www.drobs-msh.de/eisleben.