Bergleute in Bierlaune Bergleute in Bierlaune: Traditionelle Polonaise in Hettstedt

Hettstedt - Der 1. Januar ist den „Unsterblichen“ von Hettstedt heilig. Da bedarf es keiner Einladung, denn seit 1881 ist dieser Termin Pflicht. Aus einer Bierlaune heraus gründeten einst die Bergleute den Club der „Unsterblichen“: Und so ist es seit 138 Jahren Brauch, gegen elf Uhr drei Kerzen zu entzünden und das Steigerlied „Glück Auf“ zu singen.
Um 13 Uhr werden die Kerzen wieder für ein Jahr gelöscht. Vorher wird aber auch noch eine Polonaise auf dem Markt vor dem Hettstedter „Ratskeller“ getanzt.
Früher kamen mehr als hundert Männer
Einige des Männerstammtisches besuchen den Frühschoppen zum Neujahr schon seit vielen Jahren. „Ich bin seit 1968 regelmäßig dabei“, erzählt der 76-jährige Alfred Ambrosch aus Hettstedt. Der Vorsitzende der „Unsterblichen“, Bernd Rudloff, kommt bereits seit 1963.
Andere, wie Rainer Schneider, besuchen das Treffen sporadisch, denn „ich war viel auf Montage, und als Feuerungsmonteur mussten wir immer zu den Feiertagen arbeiten“, so der Hettstedter.
Mit dem Eintritt in den Ruhestand will er jetzt regelmäßig dabei sein. In den 60ern war Schneider auch schon mit von der Partie und kann sich erinnern, dass „damals die Runde mehr als 100 Männer zählte“.
Doch in diesem Jahr gab es auch ein neues Gesicht. „Mir wurde das Treffen von meinem Kumpel Mario Baum empfohlen“, erzählt Sebastian Fügner. Mit seinen 35 Jahren zählt er zu den jüngsten „Unsterblichen“.
Bürgermeister eingeladen
„Es ist eine lockere und angenehme Atmosphäre“, meint der Hettstedter. Er lud den neuen Hettstedter Bürgermeister Dirk Fuhlert ein, im nächsten Jahr an der Tradition teilzunehmen.
Ein weiterer Brauch des Männerclubs ist es, Karten zu kaufen und von allen Mitgliedern unterschreiben zu lassen. Axel Oppermann hat rund 30 gesammelt. Viele Jahre pendelte er von Heilbronn am Neujahrstag nach Hettstedt, „weil ihm der Zusammenhalt und die Treffen sehr wichtig sind“.
Dieses Jahr musste der 57-Jährige die Strapaze nicht auf sich nehmen, weil er seine „schwäbische Frau einfach einpackte und zurück in die Heimat“ gezogen ist. Der Frührentner wohnt seit August in Arnstedt.
"Unsterbliche" gedenken den Toten
Der Club der „Unsterblichen“ gedenkt jedes Mal mit einer Schweigeminute der Verstorbenen. „Das trifft uns immer sehr“, sagt Bernd Rudloff, der seit 1999 der Vorsitzende ist und die Chronik schreibt. Mit dem Alterspräsidenten Horst Sappok (86 Jahre) und Finanzchef Horst Große saß er im Präsidium.
In der Chronik ist zu lesen, dass es zum 1. Januar 1974 Post mit Grüßen von der „MS Mansfeld“ gab. 1985 erreichte ein Telegramm mit den Zeilen: „Herzlichen Glückwunsch zum 90-Jährigen. In alter Verbundenheit zu Hettstedt“ den Club.
Sie stammen von einem bereits verstorbenen Mitglied, das bei der Handelsmarine arbeitete und nur unter dem Spitznamen „Muhme“ bekannt war.
(mz)
