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Bender GmbH in Siersleben Bender GmbH in Siersleben: Ost-West-Geschichte mit Erfolg

Von Wladimir Kleschtschow 31.07.2015, 12:11
Der letzte Arbeitstag: Klaus Wedler in der Produktion. Baugruppen für Kontroll- und Messgeräte werden hier hergestellt.
Der letzte Arbeitstag: Klaus Wedler in der Produktion. Baugruppen für Kontroll- und Messgeräte werden hier hergestellt. Jürgen Lukaschek Lizenz

Siersleben - Schluss. Feierabend. Für immer. Klaus Wedler hat am Freitag seinen letzten Arbeitstag, braucht aber gar nicht zu arbeiten. Eine Feierstunde ist angesagt. Der Leiter der Siersleber Filiale der Bender GmbH & Co. KG wird in den Ruhestand verabschiedet. In der Feierstunde wird eine kleine deutsch-deutsche Erfolgsgeschichte Revue passieren.

Wedler will der Belegschaft ein besonderes Andenken hinterlassen: einen Spaten. Mit diesem hat er 1993 den ersten Stich auf der Baustelle für den heutigen Standort in Siersleben gemacht. Der Spaten und Fotos in der Betriebschronik erinnern an die Stimmung von damals: Wir haben’s geschafft!

Selbstverständlich war der Erfolg nicht. Klaus Wedler, gelernter Funkmechaniker und studierter Fachmann für Elektroniktechnologie, war bis zur Wende im Automatisierungsbetrieb Eisleben des Mansfeld-Kombinates tätig. Mit dem Ende der DDR kam das Aus auch für das Mammutunternehmen im Mansfelder Land.

Mit dem Wartburg in den Westen

Sein oder nicht sein - die Hamlet-Frage stand auch vor der Belegschaft des Automatisierungsbetriebes. Manche resignierten, gaben auf. Eine kleine Gruppe jüngerer Fachleute wollte es versuchen. Wedler war dabei. „Für die gesamte Industrie der DDR kann ich nichts sagen, da fehlt mir der Überblick“, sagt er. „Aber die Elektronik- und Elektroindustrie war sehr gut.“

So hofften die Enthusiasten, im Westteil Deutschlands ein Unternehmen zu finden, mit dem sie kooperieren könnten. Potenzielle Partner zu finden war kein Problem. „Wir waren ja früher auf der Leipziger Messe und wussten, wer in der Branche tätig ist, so Wedler. In einem Dienstwagen - einem Wartburg - ging es gen Westen, um die Kandidaten abzuklappern. Auf Wunsch wurden im selben Wartburg Probeprodukte hingebracht, die in ihrer Qualität fast immer überzeugten.

Was die Produkte der Bender GmbH mit Krankenhäusern und Landebahnen zu tun haben, lesen Sie auf der nächsten Seite.

„Irgendwann merkten wir aber, dass man uns keine Aufträge erteilen will, sondern nur an Fachkräften interessiert war“, schildert der 65-Jährige. „Wir waren ja gut.“ Bis ein Kontakt zur Firma Bender zustande kam, einem Familienunternehmen in Grünberg (Hessen), ein Spezialist im Bereich elektrische Sicherheit. Firmenchef Christian Bender setzte nicht auf ein Ausbluten des Ostens, sondern auf echte Ost-West-Kooperation. Zehn Mann aus dem Automatisierungsbetrieb Eisleben produzierten bald für Bender. Es ging Berg auf. Nach einem Jahr wurden zwei weitere Mitarbeiter angestellt. Dann beschloss Bender, eine Filiale zu bauen. In Siersleben.

60 Beschäftigte aus der Region

Heute sind hier 60 Leute tätig. „Alle aus der Region“, betont Wedler. Jährlich werden zwei Lehrlinge ausgebildet und bei Wunsch übernommen. Produziert werden Baugruppen, die in Grünberg in hochsensible Geräte montiert werden. Und diese gehen in die weite Welt. Sorgen zum Beispiel dafür, dass moderne Technik in Krankenhäusern reibungslos funktioniert. Dass die Lichter an einer Landebahn zuverlässig brennen, wenn Maschinen starten oder landen. „Überall, wo Strom ist, ist auch Bender“, beschreibt Klaus Wedler den Markt.

Auch andere aus der Gruppe junger Enthusiasten von damals bewiesen, dass sie nicht nur gute fachliche, sondern auch Führungsqualitäten haben, so Wedler. Die Chefs der Eisleber Firmen Resa oder Hafra seien Beispiele dafür.

Übrigens hätte Klaus Wedler auch in die Politik gehen können. In der Wendezeit sei er aktiv beim Neuen Forum, im Gemeinderat gewesen, erzählt er. „Reden ist aber nicht mein Ding. Ich bin ein Techniker“.

Rentner haben Zeit? Ja, sagt der Siersleber. Mehr Zeit - für sich, seine Frau Steffi, seine Tochter und seinen Sohn, die in Westdeutschland leben. Für seine erste Enkelin. Für seinen Freizeitsport: Der einstige Geräteturner und Fußballspieler radelt gern, will weiter früh aufstehen und konsequent Gymnastik treiben, um nicht einzurosten.

Und die Firma? Kapitel beendet? „Wenn irgendetwas ist, bin ich natürlich weiter zu erreichen“, sagt er. „Ich schalte ja mein Telefon nicht ab.“ (mz)

Die Bender-Filiale in Siersleben entstand auf einem Acker.
Die Bender-Filiale in Siersleben entstand auf einem Acker.
Jürgen Lukaschek Lizenz