Santa taucht unter Beim Tauchclub „Atlantis“ Hettstedt muss der Weihnachtsmann ins Wasser
Seit über 53 Jahren besteht der Verein in der Kupferstadt, dessen Mitglieder auch mal im Kostüm und bei eisigen Temperaturen ins kühle Nass springen.

Hettstedt/MZ - Das Wasser des Sees hat kühle vier Grad. Kaum wärmer als die Lufttemperatur. Die Taucher stehen am Ufer bereit und nacheinander verschwinden sie im See. Flossenschlag für Flossenschlag tauchen sie tiefer ein ins kühle Nass. Und da sitzt er: der Weihnachtsmann. In froher Erwartung winkend, mit einem leuchtenden Baum an seiner Seite und einem Haufen Geschenke.
Die gibt es aber nur – wie es sich traditionell eben gehört – nach dem entsprechend weihnachtlichen Lied oder Gedicht. Für die Taucher heißt das: Atemregler aus dem Mund und die Worte laut ins Wasser gebrüllt. „Es ist erstaunlich, dass man das auch hören kann. Der Weihnachtsmann kriegt schon mit, was der andere von sich gegeben hat“, sagt Michael Kausch, Vorsitzender des Tauchclubs „Atlantis“ Hettstedt, der selbst schon in das Kostüm des Bärtigen geschlüpft ist.
Gründer ist noch Ehrenmitglied im Tauchclub
Das Weihnachtstauchen ist eine feucht-fröhliche Alternative zu einer Weihnachtsfeier im Trockenen; und eine feste Tradition in der Historie des Hettstedter Tauchclubs. Die begann bereits vor über 53 Jahren. Am 28. Mai 1968 wird die Sektion Tauchsport in der GST-Kreisorganisation Hettstedt gegründet. GST, das war die Gesellschaft für Sport und Technik, in der man versuchte, technische Sportarten zu etablieren. „Dazu benötigte man allerdings ausgebildete Taucher, die das langsam aufbauten. Einer davon war Bruno Strecker“, gibt Tauchlehrer Bernd Rickert die Anfänge des Vereins wieder. Er selbst ist seit 1975 Mitglied und hat den Tauchclub 30 Jahre als Vorsitzender geleitet. Strecker sei im Übrigen noch heute mit seinen 92 Jahren Ehrenmitglied.
Hat der Verein aktuell 76 Mitglieder, waren es zu Beginn gerade mal zwei Hände voll. Trainiert wurde damals aber schon im Klubhausbad, dessen Trägerbetrieb das Walzwerk Hettstedt war, welches wiederum zum Mansfeld-Kombinat gehörte, erklärt Hans-Holger Leicht, Vorstandsmitglied im Verein. „Somit war es dann auch eine Betriebssportstätte für die Taucher“, sagt er. Aber einfach mal drauflostauchen, war für die Mitglieder nicht möglich.




Ursprünglich galt der damalige Auftrag, junge Menschen im Tauchen für die Armee auszubilden. „Aber wir wollten das nicht. Deswegen haben wir auch keine Ausrüstung bekommen“, erinnert sich Bernd Rickert. Die bekamen die Hettstedter nur, weil sie an zahlreichen Wettkämpfen teilnahmen und regelmäßig dafür trainieren mussten. Ansonsten war das Equipment streng verschlossen mit einem Siegel und wurde nur mit Genehmigung der GST ausgehändigt, erzählt Hans-Holger Leicht weiter. Der Grund: Man fürchtete, die Taucher nutzen die Ausrüstung, um aus der DDR zu verschwinden und quasi unterzutauchen. Keine einfachen Voraussetzungen, die Vereinsmitglieder bei Laune zu halten.
Den Tauchern ging es damals wie heute aber immer nur um eins: den Zusammenhalt. Und damit der weiter gestärkt wurde, gab es regelmäßige Taucherlager, bei denen Sport und Verein im Vordergrund standen. Eben ein solches Taucherlager im Jahr 1976 in Sandersdorf war es dann auch, das die Hettstedter zum heutigen Namen brachte. Aus der Sektion Tauchsport wurde der Tauchclub „Atlantis“.
Erfindungsreichtum zu DDR-Zeiten gefragt
Fortan trat man unter diesem Namen auch bei Wettkämpfen auf und holte auf Bezirksebene Titel im Flossenschwimmen und Streckentauchen. Außerdem waren Geschick und Erfindungsreichtum zu dieser Zeit sehr gefragt. Denn: So schwer es war, überhaupt an Ausrüstung zu kommen, so schwer war es, auch Ersatz zu besorgen, sollte mal was kaputt gehen. „Wir kannten uns alle aus im Kleben von Gummianzügen, weil die immer kaputt gerissen sind“, sagt Hans-Holger Leicht.
Mit der Wende änderte sich das alles. Der Tauchclub wird offiziell als Verein eingetragen, er wird Mitglied im Verband Deutscher Sporttaucher (VDST), Ausrüstung ist nun überall zu bekommen und die Welt steht für Reisen hin zu sämtlichen Weltmeeren offen. „Es gibt für jeden Wunsch etwas. Der eine mag große Fische, ein anderer mag es Korallen zu beobachten. Alles unter Wasser lebt. Und wenn man sich ruhig verhält, kann man allerhand beobachten“, schwärmt Vereinschef Michael Kausch von der Unterwasserwelt, in der man zu Gast ist, wie alle Taucher immer wieder betonen. „Tauchen ist nicht nur reinspringen, vor sich hinschwimmen und irgendwann kommt bei mir was vorbei“, sagt Hans-Holger Leicht.
„Tauchen ist nicht nur reinspringen, vor sich hinschwimmen und irgendwann kommt bei mir was vorbei.“
Hans-Holger Leicht, Vorstandsmitglied auchclub „Atlantis“ Hettstedt
Je nachdem, was man sehen möchte, muss man sich die entsprechende Umgebung suchen. Selbst in der hiesigen Region ist das möglich: Der Hufeisensee in Halle, der Kulkwitzer See bei Leipzig oder die Sundhäuser Seen bei Nordhausen bieten Möglichkeiten. Alteingesessene Taucher können noch von Erlebnissen im Tonloch Hettstedt oder der Talsperre Wippra erzählen.
Häufig werden gezielt Boote, Telefonzellen oder Gegenstände versenkt; ja sogar ganze künstlich angelegte Städte gibt es hier unter Wasser. Oft sind aber einfach nur ehemalige Steinbrüche Ziel der Taucher. Hier finden sich konservierte Zeitzeugen. „Der erfahrene Taucher sucht das, was man sonst nicht mehr vorfinden würde. Die Dinge, die natürlich dort unten hinterblieben sind“, gibt Danny Isensee, Übungsleiter beim Tauchclub „Atlantis“, seine Wahrnehmung wieder.
Taucher gehen nie allein ins Wasser
Erfahrungen, die die Taucher übrigens nie alleine machen. Nicht nur aus Sicherheitsgründen sollte man mindestens zu zweit ins Wasser gehen, sind sich alle einig. „Wenn man alleine taucht, kann man nichts teilen. Wie will man jemand anderen dran teilhaben lassen?“, sagt Isensee. Taucher seien eine Gemeinschaft. Weltweit durch ihre eigene Sprache verbunden, die nahezu überall die gleichen Unterwasserzeichen nutzt.
Aber auch im Verein vor Ort. Mit gemeinsamen Tauchurlauben werden die Gruppendynamik und der Zusammenhalt ebenso gestärkt, wie mit den jährlichen Events in den heimischen Gewässern. Denn neben dem Weihnachtstauchen gehen die Hettstedter noch zu anderen wichtigen Daten ins kühle Nass: Ostern, Pfingsten und bald schon wieder zum Neujahrstauchen am 6. Januar.
Wenn man in Hettstedt tauchen lernen möchte:
Beim Hettstedter Verein startet die Ausbildung erst ab zwölf Jahren. Unterwasser ist man in einer dem Menschen unnatürlichen Umgebung unterwegs. Deswegen sollten Taucher nie allein unter Wasser sein, und ein Kind muss in der Lage sein, einem Erwachsenen in Not helfen zu können. Neben der Ausbildung zum Taucher in verschiedenen Stufen haben auch zwei Mitglieder des Tauchclubs „Atlantis“ die Berechtigung, neue Tauchlehrer auszubilden. In ganz Sachsen-Anhalt dürfen das derzeit nur fünf. Zusätzlich zur Taucherlizenz kann man noch Spezialkurse absolvieren, zum Beispiel zur Meeresbiologie.
Trainiert wird in Hettstedt zweimal pro Woche, immer montags und donnerstags von 19 bis 20 Uhr im Klubhausbad auf zwei Bahnen. Zum Start wird sich eine halbe Stunde mit verschiedenen Schwimmstilen aufgewärmt. Wie Übungsleiter Danny Isensee erklärt, ist es ratsam, ohne Flossen zu beginnen, um die Gelenke geschmeidig zu machen. Die letzte halbe Stunde des Trainings geht es ans reine Tauchen. Die tiefste Stelle im Hallenbad ist drei Meter.
Kontakt zum Verein gibt es unter: www.tc-atlantis.de