Auf gepackten Koffern Auf gepackten Koffern: Viele Flüchtlinge haben die Einrichtungen bereits verlassen

Eisleben/Hettstedt - Die Sachen sind gepackt. Die 24-jährige Syrerin Jahan sitzt in einem Zimmer im Herrenhaus des Kloster Helfta und zeigt auf ihre drei Koffer, die vor der Tür stehen. Für Jahan heißt es Abschied nehmen, sie verlässt die 2015 eröffnete Sammelunterkunft in der Lutherstadt, es geht nach Magdeburg. „Eisleben ist schön“, sagt sie, „aber ich freue mich, dass es jetzt weitergeht.“
Jahan ist lange nicht die erste, die die Unterkunft in der Lutherstadt verlässt. In den Hochzeiten lebten hier 57 Personen, jetzt sind es noch 16. Und auch die werden bald andernorts unterkommen. Denn: Die Flüchtlingsunterkunft, die der Landkreis angemietet hat, wird zum 31. März geschlossen.
Kreis reagiert auf rückläufige Flüchtlingszahlen
Damit reagiert der Kreis auf die rückläufigen Flüchtlingszahlen. Aufgrund weiterhin nur „sporadischer Zuweisungen neuer Geflüchteter durch das Land Sachsen-Anhalt“ passe man die Kapazitäten an, teilte Landrätin Angelika Klein (Die Linke) in der jüngsten Sitzung des Kreisausschusses mit. Mit dem Vermieter des Herrenhauses sei bereits eine Einigung über die Beendigung des Mietverhältnisses getroffen worden. „Die Bewohner werden in Wohnungen oder kleinere Unterkünfte umziehen.“
Dass sich die Nutzung des Herrenhauses als Flüchtlingsunterkunft dem Ende entgegen neigt, ist dort unschwer zu erkennen. Vor dem Haus stehen nur noch wenige Fahrräder, viele Zimmer sind bereits leer, die Betten abgezogen, die Schränke ausgeräumt. Auf den Fluren herrscht Ruhe, nur ab und an huschen noch ein paar Kinder über den Gang und winken schüchtern. „Das waren hier mal über 20 Kinder“, berichtet Yvonne Zerlach, die für die Beschäftigungsgesellschaft GSG die Menschen in der Unterkunft betreut. Untergebracht waren hier überwiegend Familien, in der großen Mehrzahl aus Syrien. Die Atmosphäre sei gut gewesen, sagt Zerlach, das Herrenhaus als Flüchtlingsunterkunft ideal, jedes Zimmer habe eine eigene Nasszelle. „Selbst als es voll war, gab es keine Probleme. Es war wirklich richtig schön.“
„Ein Großteil“ hat die Gemeinschaftsunterkunft in Burgörner verlassen
Das bestätigt auch die Syrerin Jahan, die gut gelaunt mit ihrer Freundin Fatiya plaudert. Genau wie Jahan stammt auch Fatiya aus der syrischen Stadt al-Hasaka im Nordosten des Landes. „Wir haben uns vorher aber nicht gekannt“, sagt die 35-jährige Fatiya, während sie ihre eineinhalb Monate alte Tochter in den Armen hält. „Meine Tochter heißt Maria und wurde in Sangerhausen geboren“, sagt sie stolz und strahlt. Während Jahan bereits aufbricht, werden Fatiya und die kleine Maria noch ein paar Tage in der Unterkunft im Kloster Helfta bleiben. Dann geht es auch für sie in eine andere Wohnung, ebenfalls nach Magdeburg. „Dort geht Maria dann irgendwann in die Kita und ich möchte Deutsch lernen“, sagt Fatiya.
Nicht alle der in Eisleben untergebrachten Flüchtlinge verlassen indes die Stadt, berichtet Heimleiterin Zerlach. Manche blieben in Eisleben, andere gingen. Ähnlich stellt sich die Situation in Hettstedt dar. Wie Christoph Altmann, Streetworker in der Kupferstadt, der MZ sagt, hat „ein Großteil“ die Gemeinschaftsunterkunft in Burgörner verlassen. Im vergangenen Jahr seien viele in die alten Bundesländer abgewandert. „Einige sind aber auch in der Region geblieben“, fügt er an. Lebten im August 2016 noch über 200 Asylsuchende in der Kupferstadt, sind es nach Angaben von Christin Saalbach, verantwortlich für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit bei der Stadt, derzeit noch 120.
Integration und Migration im Landkreises Mansfeld-Südharz
In der Gemeinschaftsunterkunft in Stedten sind laut einem Mitarbeiter zurzeit rund 130 Personen untergebracht. Von Schließung kann dort keine Rede sein. Es herrsche eine hohe Fluktuation. So hätten einige Bewohner die Unterkunft verlassen, neue seien aber dazu gekommen. Unter anderem aus der Tennstedt in Sangerhausen.
Diese Unterkunft, die der Landkreis in Sangerhausen betreibt, soll hingegen leergezogen werden. „Im Laufe des Jahres schließt die Unterkunft an der Tennstedt“, sagt Katharina Boelsen, die die Integration und Migration des Landkreises Mansfeld-Südharz koordiniert. Am liebsten schon im ersten halben Jahr, doch man wolle erst einmal sicherstellen, dass jeder Flüchtling auch eine Bleibe gefunden hat. „Danach gibt es nur noch eine Unterkunft im Landkreis, und zwar in Eisleben, im Gebäude vom Kreissportbund.“
Um das Personal in den Unterkünften macht sich die Integrationsbeauftragte Boelsen keine Gedanken. „Die Leute werden doch gebraucht, genauso dringend wie hier“, sagt Boelsen und verweist auf viele Vermieter, die ohne den Nachweis, dass der Flüchtling auch garantiert betreut wird und ihm in Alltagsfragen geholfen wird, keine Wohnung an sie vermieten. (mz)

