Zwölf Tiere 2017 erlegt Zwölf Tiere 2017 erlegt: Stehen Nutrias in Halle auf der Abschussliste?

Halle (Saale) - Im Sommer gehören sie zur Peißnitz wie die Picknickdecken und Einmal-Grills: Nutrias, die von vielen Hallensern sogar gefüttert, von den allermeisten aber mindestens geduldet werden. Doch ihr Leben ist offenbar in Gefahr. Auf Anfrage der SPD-Fraktion im letzten Ordnungsausschuss teilte die Stadt mit, dass 2017 zwölf Nutrias abgeschossen worden sind. „Die Stadt hat im Bereich des Freibades Saline durch den zuständigen Jäger zwölf Nutrias erlegen lassen, nach Hinweisen des Eigentümers“, sagte der Umweltbeigeordnete Uwe Stäglin.
Betreiber des Freibads sind die Stadtwerke. Deren Sprecherin Iris Rudolph verweist auf MZ-Nachfrage auf die Stadt, die zuständig sei, bestätigt jedoch den Abschuss. „Wir gaben der Behörde lediglich den Hinweis, dass sich relativ viele Nutrias im Freibad befinden - teilweise auch kranke Tiere.“ Die Nutrias seien zwar „äußerst possierlich“. „Aber nicht jeder Badegast möchte Auge in Auge mit den bis zu 65 Zentimeter großen Nagetieren auf der Wiese liegen“, so Rudolph.
Uwe Stäglin: Eine Jagd von Nutrias durch die Stadt ist nicht beabsichtigt
Im Ordnungsausschuss bestätigte Uwe Stäglin, dass sich die Nagetiere auch aufgrund der massiven und illegalen Fütterung und des milden Wetters vermehrt haben. Der Abschuss handle sich aber um einen Einzelfall. „Eine Jagd von Nutrias durch die Stadt ist nicht beabsichtigt“, so Stäglin. Doch für die SPD ist das Thema offenbar noch nicht erledigt.
SPD-Stadtrat Fabian Borggrefe fragte im Ausschuss, „welche Möglichkeiten zur Populationskontrolle“ es gebe und ob der Stadt Schäden durch die Nagetiere bekannt seien. Was die Partei mit „Populationskontrolle“ genau meint, konkretisierte der SPD-Fraktionsvorsitzende Johannes Krause auf MZ-Nachfrage.
Nutrias (Einzahl: die Nutria) wurden zu DDR-Zeiten laut Jäger Karl-Heinz Schadly als Fleisch- und Fell-Lieferant gehalten. „Nach der Wende wurden sie freigelassen und damit begannen die Probleme, genauso wie beim Marderhund und den Waschbären“, sagt er. Nutrias gehören zur Familie der Stachelratten und sind die einzigen wasserlebenden Vertreter dieser Gruppe. Auch wenn sie auf den ersten Blick den unter Naturschutz stehenden Bibern ähneln, sind sie dennoch durch ihre orangenen Zähne und den spitzen Schwanz von ihnen zu unterscheiden.
Ursprünglich stammen die Nutrias aus den Fluss- und Sumpfgebieten Südamerikas und standen im 19. Jahrhundert sogar kurz vor der Ausrottung. Allein an der Würfelwiese leben nach Schätzungen von Jäger Schadly inzwischen 40 bis 50 Tiere. (oml)
„In der letzten Zeit haben uns zum Thema Nutrias vermehrt Anfragen von Hallensern erreicht. Deshalb hat unser Stadtrat Fabian Borggrefe hierzu nachgefragt.“ Man habe sich aber lediglich nach dem Sachstand erkundigt und befürworte eine Jagd nur, wenn die Stadtverwaltung dies für notwendig erachte.
Jägerschaft Halle: Eine Jagd ist nicht ohne Weiteres möglich
Eine Jagd auf der Peißnitz, der Ziegel- oder Würfelwiese sei aber nicht ohne Weiteres möglich, sagt Karl-Heinz Schadly, Vorsitzender des Jägerschaft Halle. Der Bereich müsse für eine Jagd komplett gesperrt werden und Lebendfallen würden von der Bevölkerung nicht akzeptiert, schätzt er. Doch die Nutrias würden das Saaleufer unterhöhlen. „So lange wie die Stadt zulässt, dass sie gefüttert werden, vermehren sie sich“, sagt Schadly.
Wie die Nager gefüttert werden, hat Grünen-Stadtrat Wolfgang Aldag beobachtet. „Sie werden regelrecht gemästet. Ich habe schon Leute gesehen, die einen Eimer voll Kartoffelschalen ausgekippt haben“, sagt er. „Aber eine Treibjagd quer über die Ziegelwiese fände ich etwas merkwürdig.“ (mz)