Zwinger-Trio Zwinger-Trio: Sprache als tödliche Waffe der Sachsen
Halle/MZ. - Sachsen reisen gern. Schon immer trieb es sie in die Welt hinaus, die Landeskinder von nebenan. Dass sie unter all den Glückssuchern immer eher auf der Seite der Glücksfinder landeten, mag an ihrem Reisegepäck liegen. Denn obwohl ihr Ränzlein mitunter mehr als leicht ist, haben die Sachsen etwas sehr Brauchbares doch stets dabei: ihr glückliches Naturell. Am Samstag begab sich im Steintor-Varieté das Dresdener Zwinger-Trio auf eine besonders heikle Expedition: im Goldrausch durch den wilden Westen.
Angst vor Banditen? - Aber nicht doch! "Wir sind nicht unbewaffnet", widersprach der Wortführer der Sachsen-Gang, Peter Kube - der allerdings aus Halle stammt - dem etwas kläglichen Anschein, den die drei Cowboy-Hutträger erweckten. "Denn die Waffe der Sachsen ist ihre Sprooche", ergänzte der aus dem Fernsehen und "Ostalgie" bekannte Tom Pauls, der Star der Truppe.
"Diese Waffe kann vor allem auswärts döödlich sein - bei Einstellungsgesprächen zum Beispiel", präzisierte Kube. Dann griff das Trio in seiner Grand-Canyon-Kitsch-Kulisse zu Gitarre, Banjo oder Schlagwerk und schrammelte ein bisschen Country-Musik - oder ließ Thematisches hören wie den Never-Green "Da sprach der alte Häuptling der Indianer" - alles natürlich äußerst leichtverträgliche Kost. Bei alledem ließ sich die Kunst der Unterhaltungskunst made in Sachsen trefflich beobachten - und deren Wirkung, angesichts derer man schnell ins Grübeln kommt. Warum kommt das Lachen auch über die flachsten Dresdener Scherze tiefer aus dem Bauch als bei vergleichbaren komödiantischen Bemühungen etwa in unserer Gegend? - Liegt es nur daran, dass die Sachsen im Gegensatz zu den hiesigen Bindestrich-Sachsen tatsächlich so etwas wie ein Volksstamm sind, der seinen eigentümlichen Charakter in einer wirklich eigenen Sprache ausdrücken kann?
Auf jeden Fall war auch beim Zwinger-Trio wieder die große Stärke von Tom Pauls & Co. zu beobachten. Statt die unvermeidlichen Klischees nur zu strapazieren, werden sie mit vielen gut beobachteten und liebevoll kultivierten Details unterfüttert und das sattsam Bekannte damit immer wieder lebendig gemacht. Zudem ist das Zwinger-Trio von den Charakteren her gut gemixt und allein schon als Band mit der hinreißenden Löffel- und Flaschen-Percussion von Jürgen Haase hörens- und vorzeigenswert.
Und sogar vor ungeschminktem Tiefsinn schrecken die Drei bei ihrem Wild-Ost-West-Programm nicht zurück. Da fallen "Rieselsätze" - die langsam ins Hirn rieseln - wie dieser: "Nur der Erfolg unterscheidet das Wunder vom Betrug." Das Publikum fühlte sich am Ende des wundervoll wunderlichen Programm jedenfalls nicht betrogen.