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"Zweitwohnsteuer bestraft die Leute" "Zweitwohnsteuer bestraft die Leute": Sanktion für die Halb-Hallenser?

Von Oliver Müller-Lorey 26.09.2019, 04:00
Wohnungsschlüssel liegen auf einem ausgefüllten Mietvertrag.
Wohnungsschlüssel liegen auf einem ausgefüllten Mietvertrag. dpa

Halle (Saale) - Bevor am 1. Oktober das Wintersemester an der Uni Halle beginnt, ziehen Tausende Studenten aus ganz Deutschland in die Saalestadt - und müssen sich entscheiden: Verlegen sie ihren Hauptwohnsitz vom Heimatort nach Halle oder melden sie hier einen Zweitwohnsitz an? Das ist teuer, denn die Stadt erhebt eine Zweitwohnsitzsteuer von zehn Prozent der Kaltmiete. Kostet eine Wohnung beispielsweise 400 Euro Miete im Monat, muss der Mieter im Jahr 480 Euro Zweitwohnsitzsteuer an die Stadt zahlen.

Das tun im Langzeitvergleich deshalb auch immer weniger Einwohner. Der Stadt geht auf lange Sicht so eine Einnahmequelle zusehends verloren. Seit 1994 hat sich die Zahl der Zweitwohnsitze von einst gut 17.000 auf gerade einmal 3.460 im Jahr 2018 reduziert. Gerade in den 2000er Jahren sank die Anzahl der Zweitwohnungen kontinuierlich, während die Zahl der Erstwohnsitze stieg.

Steuern sinken auf lange Sicht

Das hat einen Einfluss auf die Steuern, die die Stadt einnimmt. Sie sinken auf lange Sicht, auch wenn es aus verschiedenen Gründen große Schwankungen gibt. Als die Stadt die Steuer im Jahr 2004 erstmalig erhob, lagen die Einnahmen noch bei 282.000 Euro. Zuletzt betrugen die Einnahmen nur noch 216.000 Euro im Jahr 2018. Dazwischen sind einige Jahre mit großen Ausreißern nach oben und nach unten.

So verdiente die Stadt im Jahr 2009 nur 47.000 Euro mit der Zweitwohnsitzsteuer, ein Jahr darauf aber plötzlich die Rekordsumme von 440.000 Euro, also fast das Zehnfache. Wie kann das sein? Mit der Zahl der Zweitwohnsitze hat das Phänomen laut der Stadt nichts zu tun, sondern mit einem Gerichtsurteil. Das Oberverwaltungsgericht hatte die bisherige Satzung im Januar 2009 für nicht rechtens erklärt. Die geänderte und damit wieder legale Satzung wurde im Sommer 2009 rückwirkend bis 2004 erlassen.

In der Zeit des Gerichtsverfahrens verzichtete die Stadt auf die Steuer

In der Zeit des Gerichtsverfahrens verzichtete die Stadt auf die Steuer, weshalb die Summe in diesem Jahr so gering ist. Dafür holte sich die Stadt in den Folgejahren die Steuern rückwirkend zurück und nahm 2010 und 2011 deshalb außergewöhnlich viel ein.

Für die Stadt ist die Steuer nach wie vor eine wichtige Einnahmequelle, auf die sie nicht verzichten will. Schließlich erhalte die Stadt nur Geld für Personen mit Hauptwohnsitz in Halle, erklärt Halles Finanzbeigeordneter Egbert Geier. „Für Personen mit Zweitwohnsitz erhält die Stadt keine Zuweisungen. Dem gegenüber stehen jedoch Mehrausgaben für Einrichtungen, die auch durch den Zweitwohnungsinhaber genutzt werden“, sagt er. Zudem könne man angesichts der Haushaltslage nicht auf die Einnahmen verzichten.

„Aber die Steuer bestraft die Leute“

Die Stadt versucht aber nicht nur, mit der Steuer Einwohner dazu zu bringen, ihren Lebensmittelpunkt nach Halle zu verlegen, was für sie auch lukrativ ist. Wer sich in Halle anmeldet, erhält ein Willkommenspaket, unter anderem mit Gutscheinen für die Oper und den Zoo.

Noch mehr solcher Boni würde der Vorsitzende des Studentenrates, Lukas Wanke, begrüßen. „Ich kann verstehen, dass Halle will, dass die Leute ihren Lebensmittelpunkt hier haben. Aber die Steuer bestraft die Leute“, sagt er. Er als Stura-Vorsitzender sei immer dafür, dass Studenten so wenig wie möglich zahlen müssten. Eine Repression wie die Steuer sei daher falsch. Besser sei es, mehr positive Anreize zu schaffen, seinen Hauptwohnsitz nach Halle zu verlegen. (mz)