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Ausblick aufs Honigjahr Wie kommen Halles Bienen mit den Extremen zurecht?

Das Wetter in diesem Frühling pendelt enorm zwischen heiß und frostig. Ein Imker berichtet.

Von Phillip Kampert 11.05.2021, 13:00
Imker Ernst Zittau kümmert sich in seinem Garten in Halle um seine Bienen.
Imker Ernst Zittau kümmert sich in seinem Garten in Halle um seine Bienen. Foto: Silvio Kison

Halle (Saale) - Träge landet eine Biene mit einem gelben Punkt auf dem Kopf auf dem Gartentisch. An ihren Beinen hängt gelber Pollen. „Die kommt gerade aus dem Rapsfeld“, sagt Imker Ernst Zittlau. Noch zweieinhalb Meter ist der Bienenstock entfernt, eine Distanz, die das Insekt nach kurzem Verschnaufen in Angriff nimmt.

Obstbauern beklagten Temperaturstürze haben den Blüten und damit dem Ertrag geschadet

„Das liegt am Wetter, dass sie eine Pause brauchte“, sagt Zittlau. Es ist wechselhaft an diesem Montagmittag im Südosten Halles. Sobald eine Wolke vor die Sonne zieht, verbrauchen die Bienen beim Fliegen mehr Energie und müssen sich auf dem Rückflug kurz erholen. Ebenso starten weniger Tierchen von ihren Stöcken aus – was sich schlagartig ändert, sobald die Maisonne durch ein Wolkenloch hinabscheint. Dann beginnt es am Gartentisch so laut zu summen, dass man sogar etwas lauter sprechen muss.

Die Windstöße, die einen trotz der immer wieder hervorbrechenden Maisonne den Kragen aufstellen lassen, sind symptomatisch für dieses Frühjahr. Nachdem es im März schon einige außerordentlich warme Tage gab, kühlte es im April so tief ab, dass der Deutsche Wetterdienst vom kältesten April seit 40 Jahren spricht. Auch in Sachsen-Anhalt beklagten vor allem Obstbauern, dass die Temperaturstürze den Blüten und damit dem Ertrag schadeten.

„Es ist noch alles offen, die Völker sind heiß“

Imker Zittlau ist entspannt, aber seine Tiere schaffen derzeit im wechselhaften Wetter in der Tat nicht so viel Nektar heran wie sonst in dieser Zeit. Auch war das vergangene Jahr hart für die Bienen, nicht zuletzt, weil die für die Nahrung wichtigen Robinien stark unter dem Wetter litten. Dennoch ist Zittlau optimistisch: „Wir brauchen nur eine Woche schönes Wetter“. Dann würden die Bienen, die in den letzten Monaten fleißig gebrütet haben, zehn bis 15 Kilo Honig herstellen. Es könnte also noch ein normal ertragreiches Jahr werden. „Es ist noch alles offen, die Völker sind heiß“, sagt Zittlau.

Er sagt das mit Erfahrung. Vor über 40 Jahren begann Zittlau mit zwei Bienenvölkern nebenbei zu imkern. Mittlerweile sind es mehr als 20 und Zittlau – mittlerweile Rentner – und sein Sohn Michael widmen dem Imkern ihre volle Zeit. Gemeinsam haben sie den kalten April vorausgeahnt. „Wir hatten es im Gefühl“, sagt Zittlau senior. Entsprechend fütterten sie ihre Bienen im Winter gleich zwei Mal.

Halles Südosten biete noch viele wilde Flächen, auf denen in jedem Fall etwas blühe

Zum Vergleich: In guten Honigjahren braucht es gar keine extra zugeführte Nahrung. Mittlerweile hat Zittlau ein Gefühl für die Bienen, deren Wohlbefinden oberste Imkerpflicht sei: „Als Imker muss man sich um seine Tiere kümmern, darum, dass sie gesund sind, Vorräte haben und genug Nahrung finden.“

Gerade in puncto Nahrung hat Zittlau einen Standortvorteil. Halles Südosten biete noch viele wilde Flächen, auf denen in jedem Fall etwas blühe – anders als in großen Monokulturen. Ein paar erfrorene Obstblüten änderten nichts daran, dass für die Bienen nun die „Zeit der Fülle“ anbreche. Obwohl es noch recht kalt ist, rechnen Zittlaus damit, Ende Mai mit der Honigernte beginnen zu können. Etwa einen Monat brauche es dann noch, um den Honig zu schleudern, in Fässer zu pumpen, zu klären, abzuschäumen und schließlich abzufüllen.

Hallenser Imker freut sich über sorgsame Menschen

Der Honignachschub für Mitte bis Ende Juni sei dann auch dringend notwendig: Wegen der eher dürftigen letzten Jahre hat Zittlau derzeit kein Glas Honig mehr auf Lager. Zwar seien Bienen gut darin, sich dynamisch an die Gegebenheiten des Jahres anzupassen, aber wenn der Sommer zu trocken wird, leide der Ertrag doch erheblich.

Wenn man sich aber gut um seine Tiere kümmere, müsse man keine Angst um ihr Überleben haben. Dennoch freue Zittlau sich, dass derzeit viele Menschen etwas Gutes für Bienen tun möchten. Er empfiehlt: „Machen Sie sich für ein gutes Nektarangebot stark.“ (mz)