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Badesaison hat begonnen Wie die Retter der DLRG in Halle für den Ernstfall trainieren

Die Einsatzkräfte der DLRG rüsten sich für den Sommer. Was dabei die Herausforderung ist und warum der Geschäftsführer ein Umdenken bei Bädern fordert.

Von Dirk Skrzypczak 23.05.2022, 17:55
Tauchertraining der DLRG am Heidesee in Halle.
Tauchertraining der DLRG am Heidesee in Halle. Foto: Silvio Kison

Halle (Saale)/MZ - Nancy Böttcher sitzt am Ufer des Heidesees und atmet tief durch. „Es ist anstrengend, die Leine hinter sich herzuziehen“, sagt die 24-Jährige. Die junge Frau ist Taucherin bei der Deutschen Lebensrettungsgesellschaft (DLRG). Das Tagebaurestloch in Nietleben ist einer der Trainingsstützpunkte der Lebensretter im südlichen Sachsen-Anhalt. Hier trainieren die Helfer für den Sommer, für Einsätze an Seen und Flüssen, Hilfeleistungen in Freibädern. Etwa 700 Mitglieder hat die DLRG in Halle und dem Saalekreis.

Organisiert sind sie in mehreren Ortsgruppen. Das sei ein Vorteil, meint Holger Friedrich, Geschäftsführer der DLRG in Sachsen-Anhalt. „Wir haben in und um Halle viele Gewässer. Da ist es wichtig, im Notfall schnell vor Ort zu sein“, sagt er. Friedrich setzt sich dafür ein, dass für Seen und Flüsse Mindestanforderungen definiert werden. Das sind Informationen, die Retter dann nutzen können, sollten sie zu einem Notfall gerufen werden. „Jedes Gewässer hat seine Eigenarten. Die Beschaffenheit des Bodens, die Sichtverhältnisse, der Zugang. Wenn diese Fakten bekannt sind, ist es für uns leichter“, sagt Einsatztaucher Andreas Triebel. Mit den anderen „Froschmännern“ trainiert er deshalb auch gern in verschiedenen Gewässern. Und dabei kommt mitunter Überraschendes an die Oberfläche. So hatten die Taucher der DLRG bei ihrem Training Anfang April in einem Steinbruchsee in Neustadt einen versenkten Kleinwagen entdeckt. Die Sichtweite betrug nur etwa einen Meter. Vermutlich war das Auto deshalb auch erst jetzt gefunden worden. „In solchen Fällen helfen wir zwar auch. Aber ursächlich geht es uns um die Menschen“, sagt Friedrich.

Auch die Sportler und Rettungsschwimmer der DLRG trainieren im Heidebad.
Auch die Sportler und Rettungsschwimmer der DLRG trainieren im Heidebad.
Foto: Silvio Kison

Pro Jahr werden Taucher und Rettungsschwimmer der DLRG in Sachsen-Anhalt zu etwa 50 Notfallrettungen gerufen. Hinzu kommen 550 Hilfeleistungen. Apropos Schwimmen: Dass Bäder in Sachsen-Anhalt als freiwillige Leistung gelten, hält Friedrich für einen fatalen Fehler. „Einerseits sollen Kinder schwimmen lernen, andererseits haben in den vergangenen 20 Jahren in Sachsen-Anhalt 120 Bäder dichtgemacht, weil sich die Kommunen ihre Finanzierung nicht mehr leisten konnten.“ Schwimmbäder müssten zur Daseinsvorsorge zählen.

Über das Engagement der Mitglieder kann Friedrich indes nicht klagen. Obwohl Retter und Sportler ehrenamtlich aktiv sind, würden sie nicht jammern, an Wochenenden oder feiertags im Einsatz sein zu müssen. „Wir würden uns aber wünschen, dass speziell unsere Taucher sofort informiert werden, wenn es eine potenzielle Gefahrenlage an einem Gewässer gibt. Oft werden wir zu spät alarmiert. Dann können wir aber nur noch bergen statt retten“, sagt Friedrich. Selbst wenn sich der Notruf letztlich als unbegründet herausstelle, sei es immer besser, schnell vor Ort zu sein.

Toni Zinnert hat einen alten Polizei-Bus zu einem Geräteträger für den Rettungseinsatz um- und ausgebaut.
Toni Zinnert hat einen alten Polizei-Bus zu einem Geräteträger für den Rettungseinsatz um- und ausgebaut.
Foto: Silvio Kison

Und schnell sein heißt, Leben zu retten. Dafür hat die DLRG das First-Response-Team (FRT) um Toni Zinnert im Einsatz. Zinnert hat einen alten Polizeibus zum multifunktionalen Rettungsträger umgebaut. Auf dem Dach ist ein Rettungsbrett verschnürt. An Bord sind zwei Sauerstoffflaschen, Neoprenanzüge und alles, was man für Noteinsätze braucht. „Und im Fall der Fälle kann ich unterwegs noch Helfer einsammeln“, erzählt Zinnert. Der Vorteil des FRT: Zinnert ist mit dem Bulli auch tagsüber unterwegs. Schrillt der Notruf, kann er gleich los. „Damit bin ich viel schneller vor Ort als die Taucher“, sagt er.