Weltneuheit "made in Halle" Weltneuheit "made in Halle": Wie ein Roboter-Rochen Leben im Hufi und der Saale rettet

Halle (Saale) - Er surrt wie eine Biene, dann gleitet der „Rochen“ unter Wasser durch den Hufeisensee. Kaum eine Minute später kehrt der Roboter mit einer Person an die Oberfläche zurück. Es ist der geglückte Test einer Weltneuheit made in Halle: Der Wasserrettungsroboter soll künftig Menschen in Schwimmbädern und Freigewässern vollautomatisch vor dem Ertrinken bewahren.
2015 Jahr mit besonders vielen Badetoten - Idee zum Rochen-Retter
Im Hufeisensee wurde er nun praktisch erprobt. „Er hat sein Ziel durch optische und akustische Signale angesteuert, die Person in Not aufgenommen und sicher zur Oberfläche gebracht“, sagt Sven Thomas, Vorstandsvorsitzender des Wasserrettungsdienstes in Halle. Mittlerweile wurde der Roboter zum Patent angemeldet.
Der geistige Vater hinter dem ausgeklügelten Rettungsgerät ist Thomas selbst. „2015 bin ich auf die Idee gekommen. Das war ein Jahr mit besonders vielen Badetoten ist Deutschland“, sagt der Hallenser. Etwa 500 Personen würden pro Jahr bei Badeunfällen oder Unglücken ihr Leben verlieren, 15 bis 20 seien es jährlich in Sachsen-Anhalt. Und die Zahlen bleiben stabil.
Nicht nur Warnung: Roboter können Menschen in einer Minute erreichen
„Es gibt Schwimmbäder in skandinavischen Ländern, aber auch in Frankreich und Belgien, die bereits ihre Becken mit einem Videosystem überwachen, das Alarm schlägt, wenn Personen zu ertrinken drohen. Komischerweise hat sich diese Technik bislang bei uns nicht durchgesetzt“, erzählt der 53-Jährige. Doch Thomas wollte mehr, statt der Warnung auch gleich noch die Rettung. Ohne Zeitverzug.
„Etwa fünf Minuten dauert es bei einem normalen Menschen, bis schwere Hirnschäden eintreten, wenn er bewusstlos unter Wasser treibt. Unser Roboter ist in Schwimmbädern in der Lage, Personen innerhalb von einer Minute zu erreichen und in Sicherheit zu bringen.“
Konstruktion der Auftriebs- und Stabilisierungssysteme eine Herausforderung
Die Technik funktioniere wie bei einem Gabelstapler. Der Roboter fährt unter das Opfer. Anschließend blasen sich Schwimmkörper auf, die die Person fixieren. Dann steigt der Rochen zur Oberfläche auf. Nach einer intensiven Entwicklungszeit in der Abteilung für Maritime Systeme am Fraunhofer Institut in Ilmenau ist der Roboter fast fertig. „Er sieht zwar noch aus wie ein Auto ohne Karosserie. Wichtiger ist doch aber, dass die Technik funktioniert“, sagt Thomas.
Für Fraunhofer war vor allem die Konstruktion der Auftriebs- und Stabilisierungssysteme eine Herausforderung. Den Rochen soll es in zwei Varianten geben - für Schwimmbäder und für Freigewässer. Für die Schwimmbäder wird der Roboter mit einer Kamera ausgestattet und erhält quasi die Software, die bereits in diversen europäischen Freibädern zum Einsatz kommt. Erkennt der Roboter einen Notfall, setzt er einen Notruf ab und gleitet automatisch los.
Roboter Rochen der Fraunhofer gerade für Rettung in der Saale geeignet
Für den Einsatz in Flüssen, Seen und auch der Ostsee kommt ein Sonar hinzu, das eine Reichweite von etwa 30 Metern hat. „Gerade für die Saale mit ihren zum Teil tückischen Strömungen und dem steil abfallenden Grund ist so ein Roboter von Vorteil. Nach einem Notruf brauchen wir mitunter Tage, bis wir Personen finden - dann ist es natürlich schon längst zu spät.“
Angetrieben wird der Rochen über sechs Propeller. Vier sind für den Vortrieb zuständig, zwei für Ab- und Auftrieb. „Damit lässt sich das Gerät zentimetergenau steuern. Es kann schweben oder sich auf der Stelle drehen“, sagt Thomas. Etwa 90 Minuten könne der Roboter im Einsatz sein, danach muss er in die Ladestation. Oder er erhält neue Akkus. Der Austausch sei ein Kinderspiel.
Saalekreis und der Burgenlandkreis gehören bereits zu den Unterstützern des Projekts
Knackpunkt sind aktuell die Kosten. Etwa 300.000 Euro wurden bislang in das Projekt investiert, gefördert von der Bundesregierung. „Der Preis ist ein Schnäppchen. Aktuell bemühen wir uns um eine Anschlussfinanzierung“, sagt Thomas. Fließt das Geld, dann soll der Prototyp in etwa einem Jahr serienreif sein. Bis er flächendeckend etwa in Schwimmbädern zum Einsatz kommt, dürften indes noch etwa zehn Jahre vergehen.
„Wir werden unsere bisherigen Partner aber auch neue Interessenten fragen, ob sie den Weg mit uns weitergehen wollen.“ Der Saalekreis und der Burgenlandkreis gehören bereits zu den Unterstützern des Projekts. Thomas sieht für den Wasserrettungsroboter jedenfalls günstige wirtschaftliche Prognosen - und ein neues Zeitalter für die Wasserrettung sowieso. (mz)

