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Wegen des Umzugs von HausbesetzernWegen des Umzugs von Hausbesetzern in Halle: Identitäre Splittergruppe provoziert mit Video

Halle (Saale) - Das Video ist professionell gemacht und wirkt fast wie eine Dokumentation im öffentlich-rechtlichen Fernsehen. Doch der 4:37 Minuten lange Clip, der auf Youtube zu finden ist und den Namen „Der linke Fördersumpf: Steuergeld für Hausbesetzer“ trägt, hat es in ...

Von Oliver Müller-Lorey 04.06.2019, 05:00

Das Video ist professionell gemacht und wirkt fast wie eine Dokumentation im öffentlich-rechtlichen Fernsehen. Doch der 4:37 Minuten lange Clip, der auf Youtube zu finden ist und den Namen „Der linke Fördersumpf: Steuergeld für Hausbesetzer“ trägt, hat es in sich.

Er stammt von „Ein Prozent“, einem Ableger der rechten, vom Verfassungsschutz beobachteten „Identitären Bewegung“ und kursiert nach MZ-Informationen vor allem bei Jugendlichen, die auf Youtube aktiv sind, als sogenanntes Vorschaltvideo.

Das heißt, der Film wird automatisch - wie eine Werbung - abgespielt, noch bevor das eigentliche Video, das der Nutzer sehen will, beginnt. Youtube lässt sich dies in der Regel vom Werbenden bezahlen. Womöglich wurde also auch für das Einstellen des Films als Vorschaltvideo Geld bezahlt. In dem Video geht es im Kern um angebliche Verfehlungen von Oberbürgermeister Bernd Wiegand (parteilos) im Zusammenhang mit dem Umzug der „Hasi“-Hausbesetzer aus der Hafenstraße auf den Galgenberg.

Kurz vor Weihnachten vergangenen Jahres hatte Wiegand überraschend das Kapitel „Hasi“ beendet. Die Hausbesetzer rund um den „Capuze-Verein“ hatten sich bis dahin stets geweigert, das Gebäude in der Hafenstraße 7 zu verlassen, sogar ein massiver Polizeieinsatz für die Räumung war gescheitert. Doch dann verkündete Wiegand quasi über Nacht den Umzug und die Hausbesetzer zogen freiwillig um.

Vorwurf der Korruption und Nutzung auf Kosten des Steuerzahlers

Die Filmemacher werfen Wiegand nun vor, er habe „der Antifa eine Villa im Grünen“ besorgt, von der aus die Nutzer auf Kosten des Steuerzahlers ihre Ideologie verbreiten könnten. „Am Stadtrat und allen demokratischen Vertretern vorbei hatte der Oberbürgermeister den linken Hausbesetzern über Nacht ein luxuriöses Anwesen zugeschanzt“, heißt es weiter. Die Autoren schließen daraus, die Stadt Halle habe ein Linksextremismusproblem, da illegale Hausbesetzungen staatlich unterstützt würden.

Es gebe „korruptionsähnliche Zustände in Halles Amtsstuben“. „Linksextremistische Vernetzungen in Halle reichen von privaten Organisationen über den Studentenrat bis in den Stadtrat hinein“, behauptet Hannah Rößler von der AfD-nahen Hochschulgruppe „Campus Alternative“ im Clip.

Stadt bleibt gelassen und widerspricht Vorwürfen in Video

Die Stadt reagiert auf MZ-Nachfrage gelassen auf die Vorwürfe der Rechten. „Die Stadt begrüßt die Nutzung des Geländes durch einen gemeinnützigen Verein“, sagt Sprecher Drago Bock. Ob man gegen das Video vorgehen werde, sagte er nicht. „Die Stadt kommentiert kein Propaganda-Material der vom Verfassungsschutz beobachteten Identitären Bewegung.“ Es sei jedoch falsch, dass Steuergeld für Umzug und Betrieb der Hasi aufgewendet wird. Der Verein zahle einen ortsüblichen Pachtzins und habe Auflagen zu erfüllen, etwa Baumpflege und den Umweltschutz.

Dass die „Hasi“ am Galgenberg von Steuergeldern finanziert sei, hält auch Stephan Schirrmeister vom Verein „Haushalten Halle“ für Unfug. Der Verein, der sich darum bemüht, leerstehende Gebäude wieder zu nutzen, ist quasi Mittelsmann zwischen „Capuze“ und der Stadt als Eigentümerin des neuen Geländes. „Haushalten“ hat das Gelände von der Stadt gepachtet und vermietet es an Capuze weiter.

Halle gegen Rechts: Video sei Werbung für Identitäre Bewegung

Wie hoch die Pacht ist, will Schirrmeister zwar nicht verraten, „aber sie liegt absolut auf dem üblichen Niveau. Es gibt keinen Rabatt für die Hasi“, sagt er. Die Stadt komme durch den Umzug des Vereins auf den Galgenberg sogar besser weg. „Vorher stand das Gelände leer, die Stadt hat da also keinen Cent damit verdient.“

Unterdessen hat sich auch das Bündnis Halle gegen Rechts zu dem Video geäußert. Es handle sich um einen Versuch, soziokulturelle Projekte als linksextrem zu brandmarken. Man beobachte, dass „die in Halle zuletzt geschwächte Identitäre Bewegung mit solchen, als bezahlte Werbung verbreiteten, Beiträgen versucht, sich erneut ins Gespräch zu bringen“, sagte Bündnis-Sprecher Valentin Hacken. Hannah Rößler trete als Aktivisten für die Identitäre Bewegung auf und zähle zu den Gründern eines Vereins für deren „rechtsextremes“ Hausprojekt. (mz)