Vogelwelt Halle Vogelwelt Halle: Auf und davon

halle/MZ - Im Herbst trübt sich nicht nur wegen kürzerer Tage und wegen kahler Bäume die Stimmung ein. Tristesse macht sich in Halle auch deshalb breit, weil die Zugvögel, die für Stimmung in Höfen, Straßen und Grünanlagen sorgen, längst weg sind. Laut dem Ornithologischen Verein werden einige der gefiederten Gesellen auch nicht wieder in die Stadt zurückkehren. Denn die Ergebnisse der jüngsten Erhebung des Vereins sind besorgniserregend: Insbesondere die Rauchschwalbe und die Haubenlerche machen sich rar. Letztere könnten in der Stadt sogar bald aussterben.
Nach Angaben des Vorsitzenden Tobias Stenzel wurde seit 1987 erstmals wieder eine Vogelzählung für Halle vorgenommen. Vor 25 Jahren seien noch 823 bis 2.287 Rauchschwalben-Brutpaare für die Stadt ausgewiesen worden. Jetzt seien es nur noch 553 bis 1.632 Brutpaare. Wenn die Verbreitung der Vögel in einer Spanne angegeben wird, rührt das laut Stenzel daher, dass die Vogelkundler je Erfassungsgebiet die Brutpaare zumeist nicht exakt zählen können, sondern nach Häufigkeitsklassen erfassen.
Größere Sorgen für die Haubenlerche
„Die Rauchschwalbe hat die Innenstadt inzwischen nahezu komplett verlassen“, sagt der 42-jährige Biologe. Der Grund sei, dass die Hallenser im Gegensatz zur Vorwendezeit kaum noch Tierhaltung betreiben. „Rauchschwalben sind eigentlich typische ‚Dorfschwalben‘, die gern in und an Ställen brüten, weil dort viele Insekten, allen voran Fliegen vorkommen.“
Noch größere Sorgen als die Rauchschwalbe bereitet den Vogelfreunden allerdings die Haubenlerche. 1987 waren es noch 166 bis 286 Brutpaare. Heute sind es 26 bis 49. „Früher oder später wird sie ganz aus Halle verschwinden“, so Stenzel. Die etwa sperlingsgroßen Vögel, die als flinke Läufer auffallen, bevorzugen Ödlandflächen, aber auch Gelände in Gewerbegebieten sowie große Parkplätze. Dort jagt die Haubenlerche Ameisen und andere Insekten. „Neustadt und die Silberhöhe, wo der Vogel früher weit verbreitet war, sind als Brutgebiete weggefallen, Brachflächen sind verschwunden, zudem sind auf den Grünanlagen längst Bäume und Sträucher hochgewachsen. Das mögen die Lerchen nicht.“ Auf dem Land und am Stadtrand würden jetzt auf einstigen Brachen Mais und Raps für die Bio-Energiegewinnung angebaut.
Derzeit werten die Ornithologen ihre Daten aus
21 Mitglieder des Ornithologenvereins hatten sich für die Erhebung zwischen 2009 und 2012 auf die Lauer gelegt und die Verbreitung von sieben Vogelarten erfasst und kartiert. Wegen des hohen Aufwandes und weil alle Vogelkundler ehrenamtlich arbeiten, wurden nicht mehr Arten unter Beobachtung genommen. Das Stadtgebiet wurde in 177 Planquadrate aufgeteilt, die nach und nach untersucht wurden. Derzeit werten die Ornithologen ihre Daten aus. Im Sommer sollen sie in einer Fachzeitschrift und auf der Webseite des Vereins veröffentlicht werden.
Rar in Halle macht sich Stenzel zufolge auch die Türkentaube. Die Mehlschwalbe hat sich immerhin behauptet. Sehr wohl in der Saalestadt fühlen sich dagegen der Mauersegler und die Dohle. Der Bestand der Mauersegler hat sich mehr als verdoppelt. Stenzel: „Das ist ein typischer Vogel für das Stadtgebiet.“ Nistplätze der Mauersegler seien Nischen, Simse und Mauerlücken an Gebäuden. „Eine genaue Erklärung für die Vermehrung suchen wir noch. Denn eigentlich hatten wir angenommen, dass sich die Nistbedingungen aufgrund der fortschreitenden Sanierung von Häusern verschlechtern.“ Vor diesem Hintergrund sorgte auch die Anzahl an Brutpaaren beim Turmfalken für Überraschung. „Er fühlt sich in der Innenstadt, an der Marktkirche und am Roten Turm wohl.“