Vierseitenhof in Kröllwitz Vierseitenhof in Kröllwitz : Endlich auf der Zielgeraden

Halle (Saale) - Manche Dinge brauchen eben ein bisschen länger. Ein bisschen? Das ist in diesem Fall noch untertrieben. Satte acht Jahre werden ins Land gegangen sein, wenn Thomas und Claudia Demitrowitz im kommenden Frühjahr einen Haken an ein ebenso attraktives wie sperriges Immobilien-Vorhaben machen können. Nächsten April nämlich soll endlich auch der quasi dritte und letzte Bauabschnitt des Projekts „Vierseitenhof Talstraße“ fertiggestellt sein. Und der Hof selber ist dann auch wieder komplett.
Die Villa und die Remise des ehemaligen Wirtschaftshofs der Papiermühlenfabrik auf dem Grundstück Talstraße 27 sind bereits saniert und wieder bewohnt. Was zuletzt stockte, war der Neubau an der Straßenseite. Dort stand ein langgezogenes Stallgebäude, von dem heute nur noch die Mauer direkt an der Straße steht. Mehr konnte nicht erhalten werden, meinte letzten Endes auch der Denkmalschutz.
Außenwand übriggeblieben
Passanten durften bis vor kurzem noch den freigelegten Dachstuhl bestaunen. Das Holz indes war vollkommen vermodert und nicht zu retten.
„Wir wollten die Substanz weitgehend erhalten“, sagt Diplom-Bauingenieur Demitrowitz. Am Ende ist nur die Außenwand übriggeblieben, und auch hinter die wird aus Gründen der Wärmedämmung eine weitere Wand gesetzt. Die Fundamente des Stalls erwiesen sich ebenfalls als unzureichend für den Neubau.
Fünf Wohnungen
Die Maße des Baus sind die gleichen wie die des Stalls. 55 Meter Länge, zehn Meter Tiefe - das ist die Grundfläche. Drei Geschosse werden die fünf Wohnungen haben, die allesamt sehr großzügig bemessen sein werden. 160, 180 und 210 Quadratmeter groß werden sie sein. Von außen wird man Fachwerk sehen; auch dies eine Reminiszenz ans alte Erscheinungsbild. Baukosten: rund 1,5 Millionen Euro.
Der Gebäudekomplex in der Talstraße 27 bildete einst den Wirtschaftshof der 1714 gebauten Kröllwitzer Papiermühle. Papier war seinerzeit ein knappes Gut. Die Kröllwitzer Mühle lieferte fortan auch das Papier für die Bücherei und die Druckerei von August Hermann Franckes Waisenhaus.
Am Fuß des Ochsenbergs gelegen, bildet die Anlage auch den optischen Abschluss der Talstraße in Richtung Norden. Mühle und Hof gehörten einst der Fabrikanten-Familie Keferstein. 1940 wurde die Produktion eingestellt. Die Kröllwitzer Bevölkerung war darüber nicht unglücklich: Anfang des 20. Jahrhunderts war mit der Herstellung von Zellstoff aus Stroh begonnen worden. Das dabei eingesetzte Sulfatverfahren ging mit einem beißenden Gestank einher. „Es cröllwitzt mal wieder“, sagten die Anwohner dann.
Inzwischen schaut Thomas Demitrowitz zufrieden drein, insgesamt jedoch hat ihn das Projekt einige Nerven gekostet. Erste Pläne gab es bereits im Jahr 2008, doch schon der Startschuss für das, was man den „ersten Bauabschnitt“ nennen könnte (die Sanierung der Villa), hatte sich dann um satte fünf Jahre verzögert. Die Verwaltung habe ihm immer neue Steine in den Weg gelegt; erst mit dem Wechsel auf dem Oberbürgermeisterstuhl habe sich das geändert.
Denkmalschutz
Ursprünglich sollte der Kindergarten der Petrusgemeinde in die Villa einziehen. Die Gemeinde suchte schon lange ein neues, größeres Domizil - und hat es zwischenzeitlich auch gefunden: Der Kindergarten ist in die ehemalige Gaststätte Lindenhof eingezogen, in zweiter Reihe an der Kröllwitzer Straße, hinter dem gerade entstehenden Medikum 4.
„Manche Dinge müssen eben gären“, sagt Claudia Demitrowitz. Am Ende haben sich beide Seiten aufeinander zubewegt: Demitrowitz Pläne für den Stall sahen zunächst vier freistehende Einfamilienhäuser mit würfelartigem Aussehen vor. Sie hätten von der Straße aus zwar diverse Blickachsen auf die Villa geboten - dem Denkmalschutz war das aber entschieden zu modernistisch. Mit der nun gefundenen Lösung kann Demitrowitz freilich ebenso gut leben.
Alles gut? Halt, ein allerletzter Bauabschnitt fehlt ja immer noch. Wenn alles fertig ist, muss noch der holperige Hof mit den vorhandenen alten Steinen neu gepflastert werden. Das wird im Vergleich zum Rest dann aber wirklich ein Kinderspiel. (mz)
