Umbau des Bahnknotens Halle Umbau des Bahnknotens Halle: Ältester E-Lokschuppen Deutschlands wird abgerissen

Halle (Saale) - Die vielen Eisenbahnfans, die von der Berliner Brücke aus täglich den Umbau des Bahnknotens Halle beobachten, bekommen ein neues Motiv. Die wenigsten wird es freuen: Ab Montag beginnt der Abriss des Lokschuppens V. Die ab 1888 genutzte Lok-Garage gilt als der älteste E-Lokschuppen Deutschlands. Seitdem 1922 die Strecke Halle-Leipzig elektrifiziert wurde, dienten die später 41 Arbeitsstände in der Halle der Wartung und Reparaturen von strombetriebenen Lokomotiven und Triebwagen. Acht Gleisanlagen führen nebeneinander durch die Halle.
Fußgängertunnel war geplant
Der imposante Rechteckschuppen steht nördlich des Hauptbahnhofes zwischen den Gleisen des Güterbahnhofs und den Fernbahngleisen. Im Zuge der Modernisierung des Eisenbahnknotens Halle wird das unter Denkmalschutz stehende Betriebsgebäude nun doch abgerissen. „Ursprünglich sollte der Lokschuppen erhalten bleiben. Auch der Bau eines neuen Fußgängertunnels zum Schuppen war bereits geplant. Doch das Bauwerk hat sich einfach als zu marode erwiesen“, sagt Frank Kniestädt, Sprecher der Bahn für den Knotenausbau Halle. Seit Jahrzehnten ist das Gebäude vernachlässigt worden. Bis Mitte der 1990er Jahre wurden noch Loks gewartet, eine Zeit lang diente es dem nahen DB-Museum als Garage, ehe es Ende 2002 offiziell geschlossen wurde.
Größter Bauplatz der Bahn
Rund acht Wochen wird es dauern, bis das hallengroße Bahngebäude weggerissen ist, schätzt Ronald Kaiser, einer der Bauüberwacher am Eisenbahnknoten Halle. Mit neun Kilometern Länge und Kosten von rund 700 Millionen Euro ist Halle derzeit der größte Bauplatz der Bahn überhaupt. „Der Abriss des Lokschuppens ist schwierig. Erstens führt an jeder Seite direkt ein Betriebsgleis entlang, also ein genutztes Gleis. Zweitens wissen wir außerdem nicht wirklich, was an Altlasten im Boden gefunden wird“, so Ronald Kaiser. Bis 1,50 Meter tief - bei der Bahn heißt das „unter Schienenoberkante“ - wird der Boden abgetragen. Was der Abriss kostet, sagte Bahnsprecher Kniestädt nicht, aber eine Million Euro dürfte da längst nicht ausreichen.
100.000 Euro für Bestandsdokumentation
Das Landesamt für Denkmalpflege hat eine genaue Dokumentation des Schuppens vor dem Abriss gefordert. Das Berliner Denkmalpflege-Büro Holland und Partner hat das Gebäude mehrere Wochen vermessen und die Baugeschichte erforscht. Der immerhin 119 Meter lange und 47 Meter breite massive Bau wurde mit Lasermessgeräten vermessen, die an ein Zeichenprogramm angeschlossen sind. „Es gab noch Baupläne von 1886, aber die konnten nicht mehr benutzt werden. Der Lokschuppen wurde immer wieder verändert“, sagt Yngve Jan Holland. Wenigstens auf Papier, in Plänen, wird der Lokschuppen V also zu den Akten gelegt. Die Kosten dieser baudenkmalpflegerischen Bestandsdokumentation gab Bahn-Sprecher Kniestädt mit rund 100.000 Euro an. Welche Überraschungen im rund 150 Jahre alten Bahngelände im Boden warten, weiß dagegen keiner genau. Altlasten waren auch ein große Problem beim Abriss des verfallenen Ringlokschuppens III, direkt an der Berliner Brücke. Dort musste verseuchtes Erdreich großflächig weggeräumt werden, Hinterlassenschaften einer sogenannten Fettgasanstalt.
Goldenes Zeitalter der Lok
Aus minderwertigeren Fetten und Ölen wurde dort Leuchtgas erzeugt, das vor der Elektrifizierung unter anderem zur Innenbeleuchtung von Eisenbahnwagen diente, aber auch Halles Hauptbahnhof und Teile der Stadt mit Gaslicht versorgte. Auch der ebenfalls denkmalgeschützte Ringlokschuppen III wurde vor dem Abriss aufwendig vermessen. Hier kam allerdings ein 3D-Laserscanning zum Einsatz, ein Laserstrahl tastete alle Oberflächen ab.
Von 23 Standorten aus wurde der Schuppen so gescannt. Dieses Scans wurden zu einer digitalen „Punktwolke“ mit einem Datenvolumen von 1,7 Milliarden Punkten verbunden. So entstanden verschiedene Ansichten, auch eine vollständige Fassadenansicht. Wie die beiden prominenten Lokschuppen verschwinden im Zuge des Knotenumbaus in Halle mehrere Industriedenkmale. Unter anderem 17 alte Stellwerke, von denen sechs sogar unter Denkmalschutz standen.
Auch der älteste E-Lokschuppen Deutschlands stammt aus einer Zeit, die den Eisenbahnfreunden in Hallen golden vorkommen. In den 1920er und 1930er Jahren etwa war das Bahnbetriebswerk Halle mit über 1600 Beschäftigten eines der größten Bahnbetriebswerke Deutschlands. (mz)
