Transport wie auf Wolken Transport wie auf Wolken: Das kann der neue Baby-Notarztwagen in Halle

Halle (Saale) - Kranke Neugeborene, die im südlichen Sachsen-Anhalt auf die Welt kommen, können ab sofort schonender in andere Krankenhäuser transportiert werden. Seit Dienstag ist in der Feuerwache Neustadt ein „Baby-Notarztwagen“ stationiert, mit dem Säuglinge, insbesondere zu früh geborene, in Spezialkliniken verlegt werden können, wenn die Geburtsklinik nicht auf deren Versorgung ausgerichtet ist.
Von außen sieht das rote Auto aus wie ein gewöhnlicher Krankenwagen, mit Blaulicht und dem kastenartigen Aufbau. Anders ist nur die Beschriftung „Baby-Notarztwagen“. Innen fällt die fehlende Liege auf. Stattdessen befindet sich an der Trennwand zur Fahrerkabine quer zur Fahrtrichtung ein Inkubator. So werden für die Patienten gefährliche Bremskräfte minimiert.
Im Baby-Notarztwagen beträgt die Belastung für die Patienten nur ein Zehntel eines herkömmlichen Rettungswagens
„Im Baby-Notarztwagen beträgt die Belastung für die Patienten nur ein Zehntel eines herkömmlichen Rettungswagens. Der Transport quer zur Fahrtrichtung ist deutlich schonender, sogar schonender als ein Hubschrauberflug“, sagte Pierre-Enric Steiger, Präsident der Björn-Steiger-Stiftung bei der Übergabe. Die Stiftung mit Sitz in Baden-Württemberg entwickelte das Fahrzeug, sammelte Spenden und übergab es an die Stadt.
Bereits seit 1974 baut die Stiftung Baby-Notarztwagen und entwickelt sie ständig weiter. Kernstück ist eine mehrfache Luftfederung aller Räder und des Inkubators sowie eine weitgehend akustisch abgeschirmte Patientenkabine. Der Schallpegel im Inkubator soll 60 Dezibel nicht übersteigen.
Baby-Notarztwagen: Halle ist die vierte Kommune in Deutschland
Halle ist die vierte Kommune in Deutschland, in der aktuell solch ein Wagen im Einsatz ist. Den Hintergrund erklärte Dr. Roland Haase, Leiter der Abteilung Neonatologie und Pädiatrische Intensivmedizin, also der Baby- und Kinderheilkunde in der Uniklinik.
Die Björn-Steiger-Stiftung ist nach einem achtjährigen Jungen benannt, der 1969 auf dem Weg vom Schwimmbad angefahren wurde und starb - nicht wegen der Verletzungen, sondern wegen des Schocks. Es dauerte fast eine Stunde, bis ein Krankenwagen kam. Seitdem kämpft die von seinen Eltern gegründete Stiftung unter anderem für die einheitliche Notrufnummer 112, die Ausbildung in Wiederbelebung und den Frühgeborenentransport.
So gebe es Geburtskrankenhäuser unterschiedlicher Stufen, wobei ein Level-1-Krankenhaus wie St. Elisabeth oder die Uniklinik die beste Versorgung für Neugeborene und kranke Babys biete, während Level-4-Kliniken zwar auf Geburten ausgerichtet seien, aber nicht auf die Behandlung von kranken Kindern. Gibt es dort Probleme, muss das Kind umverlegt werden.
Baby-Notarztwagen ist in einem Gebiet zwischen Wernigerode und Naumburg, Wittenberg und Zeitz unterwegs
„Der Wagen ist in einem Gebiet zwischen Wernigerode und Naumburg, Wittenberg und Zeitz unterwegs“, so Haase. Werde etwa im Mansfelder Land ein Kind krank oder zu früh geboren, das nach Halle verlegt werden muss, komme der Wagen zum Einsatz. Ein Rettungssanitäter holt einen Kinderarzt und Pfleger aus dem Krankenhaus ab, fährt zur Mutter und kommt mit dem Baby wieder nach Halle, wo es behandelt wird. „Bei uns gibt es jeden Tag einen Arzt, der in Transportbereitschaft ist, so dass er bei Bedarf sofort losfahren kann“, so Haase.
Sein Kollege, Dr. Ludwig Patzer vom Elisabethkrankenhaus sprach von einem „guten Tag“ für die Kindermedizin in Halle. Wegen der politisch gewollten Zentralisierung und Spezialisierung von Krankenhäusern würden Transporte immer häufiger. Allein im Jahr 2018 waren die damals noch drei Baby-Wagen 332 Mal im Einsatz und legten 34.500 Kilometer zurück. (mz)
