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Traditionelles Handwerk Traditionelles Handwerk: Faible für Innovatives

Von Antonie Städter 02.10.2001, 17:59

Halle/MZ. - Die Tatsache, dass heutzutage "alles zu haben ist", führe allerdings zu Einbußen in der Kreativität vieler Schneider, findet Sigrid Adler. In der Nachkriegszeit brachte sie sich als Teenager das Nähen selbst bei. Der Mangel an modischer Kleidung brachte eine Fülle an Ideen hervor - egal ob bei Änderungsarbeiten oder der Verwertung von Stoffresten. Auch bei ihrem Studium zum Diplom-Textilingenieur zeigte sich Sigrid Adler oft einfallsreich: Bei einem Besuch einer Textilfabrik durften sich die Studenten kleine Stoffabfälle mitnehmen - ihre Kommilitonen waren damals nicht wenig verblüfft, als sich Sigrid Adler aus unzähligen Stücken eine ansehnliche Bluse genäht hatte. Manchmal kommt auch heute noch der Technologe bei Sigrid Adler durch: Als selbstständige Schneiderin und Raumausstatterin begibt sie sich gern auf die Suche nach Lösungen für die nicht immer gewöhnlichen Probleme ihrer Kunden. Zurzeit entwickelt sie einen Sport-Overall für eine Yoga-Lehrerin; auch für Rollstuhlfahrer entwarf sie schon praktische Kleidung. Den bisher wohl ausgefallensten Auftrag bekam sie von der halleschen Backzutaten-Firma Kathi. Für eine Werbekampagne schneiderte sie passende Outfits. Und traute sich sogar an die Herstellung von Hüten heran: Als nachempfundene Torte oder Pizza waren die Kopfbedeckungen ein lustiger Hingucker.

Auch sonst probiert Sigrid Adler leidenschaftlich gern Neues aus. Die verschiedensten Techniken, vom Stricken über Patchwork bis hin zu Perlen- und Nadelstickerei, beherrscht sie neben der Schneiderkunst. Die Offenheit für neue Entwicklungen und Techniken sei bei ihrem Beruf gerade heutzutage enorm wichtig, ist sich die sympathische Frau, die ihr eigenes Textilatelier im Lukashof in der Großen Ulrichstraße betreibt, sicher: "Das Nähhandwerk muss erhalten werden, es wird gebraucht und auch gewollt. Doch es darf nicht stehen bleiben."

Die Zukunft der traditionellen Nähkunst sieht die Schneiderin unter anderem in der Beratung. Das ist wohl auch der Grund, warum sie sich schon vor einiger Zeit zur Farb- und Stilberaterin ausbilden ließ. Man müsse auf die individuellen Wünsche und Bedürfnisse der Kundschaft eingehen - sei es bei Figur-Problemen oder Kleidung im optimalen Farbton.

Das erfordere ein hohes Maß an Flexibilität, meint Sigrid Adler. Neben der persönlichen Beratung betrachtet die Textilgestalterin auch die Outfit- und Image-Beratung von Unternehmen als ein innovatives und zukunftsträchtiges Betätigungsfeld im Schneiderhandwerk. "Gerade etablierte Unternehmen werden eine solche Beratung zu schätzen wissen."