Offener Brief TOOH-Streit in Halle: Offener Brief unterstützt Intendanten Brenner und Lutz

Halle (Saale) - Im andauernden Kompetenzstreit an den Bühnen Halle haben Schauspielchef Matthias Brenner und Opernintendant Florian Lutz jetzt prominente Unterstützung - und Gegenwind aus Halle bekommen. Zunächst hatte sich Matthias Lilienthal, Intendant der Münchner Kammerspiele, gemeinsam mit weiteren namhaften Theaterleitern in einem Offenen Brief an Halles Oberbürgermeister Bernd Wiegand, Sachsen-Anhalts Kulturminister Rainer Robra und den Aufsichtsrat der Theater, Oper und Orchester GmbH Halle (TOOH) gewandt.
Leuchtturm mit „Vison und Leidenschaft“ wird gelobt
Die Unterzeichner betonen, Halle sei seit Beginn der Opernleitung von Florian Lutz, Veit Güssow und Michael v. zur Mühlen in der Spielzeit 2016/2017 und durch das seit acht Jahren kontinuierliche und mutige Wirken von Matthias Brenner und Henriette Hörnigk im neuen theater zu einem Leuchtturm der Mitteldeutschen Kulturlandschaft mit deutschlandweiter Strahlkraft geworden.
Weiter heißt es: „In Halle wird mit künstlerischer Vision und Leidenschaft an einem Theater der Gegenwart gearbeitet, das sich in intensivem Austausch mit den Menschen der Stadt und Region befindet und mit einem vielfältigen Angebot auf die sich wandelnde Stadtgesellschaft reagiert. Wir beglückwünschen den Aufsichtsrat ausdrücklich, sich für dieses künstlerische Profil für seine Stadt entschieden zu haben!“
Gerade deshalb verfolgten die Unterzeichner, darunter Jürgen Flimm, der frühere Intendant der Staatsoper Berlin, Oliver Reese, Intendant des Berliner Ensembles, und Nicolas Stemann, der designierte Intendant des Schauspielhauses Zürich, mit größter Sorge die jüngste Zuspitzung des Konfliktes zwischen den künstlerischen Leitungen der Oper und des neuen theaters auf der einen und der Geschäftsführung der TOOH auf der anderen Seite.
Die Mitteldeutsche Zeitung hatte Ende vergangenen Jahres von Briefen Kenntnis erhalten, in denen Brenner und Lutz den Aufsichtsrat um Klärung der Verhältnisse baten. Zugleich erklärten sie den Informationen zufolge, zwar sehr gern über die Laufzeit ihrer Verträge hinaus in Halle arbeiten zu wollen, jedoch nicht unter dem Geschäftsführer Stefan Rosinski. Lilienthal und die Unterzeichner seines Briefes verweisen nun ihrerseits darauf, zahlreiche Beispiele in der TOOH zeigten, „welch destruktive Energie und welch nachhaltiger Schaden für eine Kulturinstitution entstehen kann, wenn die Machtverhältnisse und Organisationsstruktur im Hause und die Repräsentation gegenüber den Aufsichtsgremien die Kunst aus den Augen verlieren“.
Robra sieht Offenen Brief als Beleg für überregionale künstlerische Bedeutung
Damit ist die Diskussion um die TOOH quasi über Nacht zu einem deutschlandweiten Thema geworden. Es geht hierbei um die grundsätzliche Frage, wie weit die Zuständigkeit eines Geschäftsführers auch in die künstlerischen Bereiche hinein reicht - und wie entsprechend begrenzt die Handlungsfreiheit der Intendanten für das Geschehen in ihren jeweiligen Häusern ist.
Rosinski wollte sich am Dienstag auf MZ-Anfrage nicht zu dem Offenen Brief äußern. Halles Oberbürgermeister Wiegand, der zuletzt erklärt hatte, man müsse gegebenenfalls darüber nachdenken, ob die Kompetenzen der künstlerischen Leiter gestärkt werden sollten, verwies jetzt im Gespräch mit der MZ erneut auf die im Februar anstehende Sitzung des Aufsichtsrats der TOOH.
Dabei werde es darum gehen, wertfrei verschiedene Strukturmodelle vorzustellen. „Wichtig ist, dass die Mitglieder des Aufsichtsrats diese Modelle kennen und sich eine Meinung bilden können“, sagte Wiegand, der auch Chef des Aufsichtsrats der TOOH ist. Erst müsse man die Sachdiskussion führen, bevor man über etwaige Veränderungen und Personen sprechen könne.
Sachsen-Anhalts Kulturminister Rainer Robra (CDU) sieht den Offenen Brief als eindrucksvollen Beleg für die überregionale künstlerische Bedeutung des Kulturstandortes Halle. Zugleich sei es auch schwierig, aus der Ferne und ohne Detailkenntnisse in einen Diskussionsprozess einzugreifen. „Die Einigung muss vor Ort angestrebt werden. Sie ist zunächst eine Angelegenheit zwischen den Akteuren der TOOH und ihrem Träger, der Stadt Halle“, so Robra. Er appelliere an die Beteiligten, sich zu verständigen.
Post aus dem Stadtrat: OB Wiegand soll Podiumsdiskussion fernbleiben
Unterdessen haben sich die halleschen Stadtratsfraktionen von CDU/FDP, Linken und SPD mit einer gemeinsamen Erklärung gemeldet. Darin fordern sie Oberbürgermeister Wiegand auf, einer für den kommenden Montag angekündigten öffentlichen Podiumsdiskussion zum Thema „Kunst und Geschäft“ im Opernhaus fernzubleiben.
Offensichtlich, so heißt es in dem Text der Fraktionen, solle „durch die Veröffentlichung von subjektiven Darstellungen und im Interesse von zwei der vier Spartendirektoren in nicht akzeptabler Weise Druck auf den Aufsichtsrat ausgeübt werden“.
Die Diskussion von Interna im Vorfeld der im Februar planmäßig anstehenden Entscheidung zur Vertragsverlängerung der künstlerischen Direktoren sei allein im zuständigen Gremium, dem Aufsichtsrat der TOOH, zu führen und gehöre nicht in die Medien und auf ein Podium. Setzte sich diese Lesart durch, dürfte gleichwohl die öffentliche Debatte über die Zukunft der TOOH schwerlich beendet sein. (mz)