Tischfußball als Wettkampfsport Tischfußball als Wettkampfsport: Halles Kicker-Kaderschmiede

Halle (Saale) - Es klackert und der Ball ist klein, sehr klein. Drehstangentischfußball heißt die Sportart im Behördendeutsch, alle anderen sagen Kickern. Und das ist eine schweißtreibende Angelegenheit, wie man im Tischfußball-Landesleistungszentrum in Halle beobachten kann. Seit 2010 ist Kickern als Sport anerkannt.
Eine echte Kaderschmiede
Der Verein Kixx'n'Trixx gilt als Kaderschmiede in Sachsen-Anhalt. Eine junge Frau wird von dort aus bald zum ersten Mal an einer WM teilnehmen.
Liuba Sydorchuk fand Kickern am Anfang „wirklich blöd“, nun spricht die 29-Jährige von Technik, Strategie und Nervenstärke. Die gebürtige Ukrainerin spielt in der Ersten Bundesliga der Damen und ist 2012 mit ihren Mitstreiterinnen Vizemeisterin geworden. Niemand bei Kixx'n'Trixx spielt besser als die kleine, dunkelhaarige Frau, die in einem Notariat arbeitet. „Ich kam 2008 wegen des Studiums von Weißenfels nach Halle“, erzählt sie.
„Alles war noch im Aufbau.“ Nach anfänglicher Skepsis habe sie sich wohlgefühlt am Tisch. Nun sagt sie: „In der Kneipe oder auf der Straße kann ich jeden abzocken.“ Die Pokale, die sie gewonnen hat, lassen so viel Selbstbewusstsein zu.
Bei Turnieren oder Meisterschaften pokert sie. Den Gegner lesen und immer wieder in seine Augen blicken. „Nervosität steht einem irgendwann ins Gesicht geschrieben“, sagt Sydorchuk. „Wenn einer zittert, muss man das ausnutzen.“ In kaum einer anderen Einzel- oder Teamsportart komme man seinem Gegner so nah wie beim Tischfußball. „Da sieht man jede Schweißperle.“
Kein Sport zum reich werden
Kickern als Wettkampf ist härter als Kickern in der Kneipe. „Nach einem Turnier bist du platt“, sagt die deutsche Nationalspielerin. Reich wird sie mit dem Sport nicht - manchmal gibt es ein kleines Preisgeld, meistens zahlt sie aber drauf. „Fahrkosten, Hotel und das Startgeld“, fasst sie zusammen.
Als Sponsoren fungieren meist die Verbände. Der Deutsche Tischfußballbund ist der Dachverband der Landesverbände. Sie organisieren Landesmeisterschaften und Landesligen und entsenden nach ihren Ranglisten Spieler zur Deutschen Meisterschaft und Ligamannschaften für die Erste und Zweite Bundesliga. Auch die Tischfußballvereinigung „Players4Players“ engagiert sich.
Strenge Regeln und das richtige Equipment
Beim Tischfußballspiel wird nicht nach einer bestimmten Zeit abgepfiffen, es zählt, wie viele Tore fallen. Es gibt Schiedsrichter und ein langes Regelwerk. „Bei der Fünferreihe in der Mitte ist der Ballbesitz beispielsweise auf zehn Sekunden begrenzt“, sagt Sydorchuk. „Aber die meisten entscheidenden Ballwechsel gibt es auf der Mittelreihe. Da fällt die Entscheidung.“
Den Kickertisch anzuheben oder zu drehen ist verboten, bei Wettkämpfen werden die Tische aus Fairnessgründen gewechselt. „Das sind Hightechgeräte“, sagt Daniel Gündel, Vorsitzender des Mitteldeutschen Tischfußballverbands. Bis zu 2000 Euro kostet einer. Die Spieler kaufen oder leihen sich außerdem Bälle und Griffbänder, die wie beim Tennis um die Stangengriffe gewickelt werden. Das sei wichtig bei bestimmten Schusstechniken, sagt der 35-Jährige, der seit 20 Jahren kickert und Kixx'n'Trixx-Gründungsmitglied ist.
Weltmeisterschaft in Hamburg
Im April 2017 steht die Weltmeisterschaft in Hamburg an - Premiere für Sydorchuk und Gastgeber Deutschland. „Jede Chance, Menschen in Deutschland fürs Kickern zu begeistern, muss man ergreifen“, sagt Verbandsmann Gündel. Er hofft, dass sich Tischfußball so entwickelt wie Darts. „Die TV-Präsenz und die Begeisterung sind immens. Wer hätte das einmal gedacht?“ Gündel will Sydorchuk unterstützen. Deren kleiner Sohn kickert übrigens auch schon. (dpa)

