1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Halle
  6. >
  7. Tierpark Petersberg: Tierpark Petersberg: Luchse im Luxusquartier

Tierpark Petersberg Tierpark Petersberg: Luchse im Luxusquartier

Von Claudia Crodel 01.05.2013, 19:18
Sancho wagte sich als Erster auf das neue Außengelände.
Sancho wagte sich als Erster auf das neue Außengelände. Bauer Lizenz

Petersberg/MZ - Sina und Sancho sind etwas unruhiger als sonst, so als spürten sie bereits, dass sich in kürzester Zeit etwas grundlegend in ihrem Leben ändern wird. Doch die beiden Luchse des Tierparks Petersberg, die 2006 im Bernburger Tierpark geboren und per Hand aufgezogen wurden, können nicht wirklich ahnen, dass sie gleich durch eine Narkose in einen tiefen Schlaf versetzt werden und eine gute halbe Stunde später an einem ganz anderen Ort aufwachen werden. Tierparkchef Sascha Strauß, Zootierpflegerin Sarah Grasse, Tierärztin Elisa Neblung und ihre Mitarbeiterinnen haben den kompletten Ablauf der Umsetzung der Luchse von einem in ein anderes Gehege genau durchgesprochen und dabei auch notwendige Reaktionen bei unvorhergesehenen Zwischenfällen einkalkuliert. „So eine Umsetzung macht man nicht jeden Tag und schon gar nicht bei Raubkatzen“, meint Sascha Strauß. Die MZ war exklusiv dabei.

Mit einem Blasrohr pustet der Tierparkchef die Narkosespritze, die auf Druckluftbasis funktioniert, zu den Tieren. 13.55 Uhr trifft ein solches „Geschoss“ auf das Hinterteil von Sancho, wenige Minuten später eins auf das von Sina. Diese ist schnell betäubt. Sascha Strauß öffnet den Käfig und trägt das Tier, begleitet von der Tierärztin und den Helferinnen zum neuen Gehege, in das neu gebaute Luchshaus. Dort wird das Luchsweibchen gewogen. 15,26 Kilogramm bringt es auf die Waage. Dann wird ihr eine Infusion gesetzt. „Das machen wir, damit die Nieren gut durchspült werden“, sagt die Tierärztin.

Bei Sina, der grazilen siebenjährigen Luchsdame, wirkt die Narkose-Dosis schnell. Ihr Bruder Sancho taumelt zwar auch bald in seinem Käfig umher, doch die Wirkung ist nicht ausreichend. Noch einmal muss eine Spritze aufgezogen und präpariert werden. Und wieder setzt Strauß das Pusterohr an.

In der Zwischenzeit wird Sina tierärztlich untersucht: die Herztöne kontrolliert, Maul und Zähne angesehen ebenso wie beispielsweise die Krallen. Doch plötzlich beginnt Sina sich zu bewegen. Auch bei ihr muss noch einmal das Narkosemittel nachgespritzt werden, denn die Tierärztin muss noch Blut nehmen. Das wird unter anderem als DNA-Rückstellprobe verwendet. „Wir sind darum gebeten worden, für den Fall, dass einer der Luchse mal ausbricht“, sagt Strauß und fügt hinzu, dass ein Ausbruch jedoch unwahrscheinlich ist.

Mittlerweile ist auch Sancho in einen tiefen Schlaf gefallen. Er wird vom Tierparkchef ins neue Luchshaus getragen, wo ihn die gleichen Untersuchungen erwarten. Das Luchsmännchen ist wesentlich schwerer, bringt 26,05 Kilogramm auf die Waage. Doch auch Sancho scheint kerngesund.

Das neue Luchsgehege wurde bereits 2012 gebaut. Über 600 Quadratmeter ist sie groß, die luxuriöse Katzen-Herberge. Durch die vielen Ecken und Winkel ist die genaue Größe schlecht bestimmbar. Es mussten Bäume gefällt, das Gehege auf einem bislang nicht genutzten Areal auf dem Hang angelegt und umzäunt werden. Rund um das Gehege wurde ein breiter Gehweg für die Tierparkbesucher gebaut, der von Blumenrabatten umsäumt ist, auf denen die Tulpen und Narzissen in voller Blüte stehen. „Es ist unsere größte Baumaßnahme im Tierpark überhaupt, weil alles neu erschlossen werden musste“, meint Strauß. Über 60 000 Euro habe der Bau gekostet. Vom Leader-Programm der Lokalen Aktionsgruppe „Unteres Saaletal und Petersberg“ ist Geld geflossen und auch von Lotto Toto. Zwar sei die Anlage für die Polarwölfe noch etwas größer, doch die musste nicht neu erschlossen werden. Dass die Luchse erst jetzt ihr neues Heim beziehen, lag am langen Winter. „Da eine Narkose immer ein Risiko für die Katzen darstellt, wollten wir sie nicht noch durch die Kälte zusätzlichem Stress aussetzen“, begründet Strauß.