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Suchtberatungsstelle der Arbeiterwohlfahrt Suchtberatungsstelle der Arbeiterwohlfahrt: Hilfe für Spielsüchtige in anonymer Runde

Von Silvia Zöller 09.03.2014, 18:41
Antje Fischer (links) und Annett Hausdorf beraten Spielsüchtige.
Antje Fischer (links) und Annett Hausdorf beraten Spielsüchtige. Schlüter Lizenz

Halle (Saale)/MZ - Spielsucht kann ein ganzes Leben zerstören: Stefans Leben zum Beispiel. Der 51-jährige Hallenser, der seinen Nachnamen nicht nennen will, hat alles verloren. Seinen Job, seine Partnerin, sein Geld. Er ist total verschuldet und wurde sogar kriminell, um sich Geld für die Spiele an den bunten Automaten zu besorgen. Er wurde zu einer vierjährigen Haftstrafe verurteilt. „Von 1998 bis 2005 habe ich exzessiv gespielt“, sagt er. Nach zwei Therapien ist er seit Juli 2012 weg von der Spielsucht - und hat zusammen mit der Suchtberatungsstelle der Arbeiterwohlfahrt (Awo) eine Selbsthilfegruppe ins Leben gerufen.

„Es gab zwar immer Anfragen nach einer solchen Gruppe, aber die Betroffenen haben aus verschiedenen Gründen doch nicht mitgemacht“, sagt Annett Hausdorf, Suchtberaterin bei der Awo. Durch Stefan ist der anonyme Gesprächskreis zustande gekommen. „Die Gruppe ist auch eine gewisse Therapie“, sagt Stefan. Denn niemand werde hier verurteilt bei einem Rückfall und man wisse, dass man mit dem Problem nicht alleine ist. Seit 2002 ist Spielsucht als Erkrankung anerkannt.

Tatsächlich ist die Zahl der Spielsüchtigen, die sich bei der Awo in Beratungsgesprächen Hilfe holen, in den letzten Jahren gestiegen. Als sich die Suchtberatung für Spielsüchtige 2008 im Rahmen eines bundesweiten Modellprojekts gegründet hatte, kamen 17 Männer und Frauen. 2013, so Annett Hausdorf, wurden hier bereits 56 Spielsüchtige beraten. Landesweit, so die Schätzungen, geht man von 15.000 Spielsüchtigen aus.

Zweimal im Monat treffen sich die rund zehn Betroffenen in den Räumen der Awo. Und dabei gibt es feste Regeln. Zum Beispiel die, dass alles, was im Raum besprochen wird, nicht nach außen getragen werden darf. Ehrlichkeit, Zuhören und Akzeptanz stehen bei dem Gruppentreffen an oberster Stelle.

Im Unterschied zu anderen Suchtarten müssen die Abhängigen in kürzester Zeit horrende Summen aufbringen: „Beträge von 30.000 Euro und mehr als Schulden sind keine Seltenheit“, berichtet Antje Fischer, die ebenfalls Spielsüchtige bei der Awo berät. Ein weiterer Unterschied sei auch, dass sich Betroffene aus Scham erst sehr spät Hilfe holen.

Nicht wenige von den Spielsüchtigen - darunter auch zunehmend mehr Frauen - die die Beratungsstelle aufsuchen, seien wegen akuter Selbstmordgefahr in die Psychiatrie eingewiesen worden: Der Druck der Schulden, der Verlust der Arbeit und des Partners seien oft enorm.

Das nächste Treffen der Gruppe ist am Donnerstag, 13. März ab 16.30 Uhr in der Trakehnerstr. 20.