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Stromsperre für 1700 Kunden

Von Silvia Zöller 09.01.2008, 16:51

Halle/MZ. - Ihre Wohnung ist seit November eiskalt, Strom und Heizung sind wegen hoher Schulden abgeklemmt. Claudia D. (Name geändert) und ihre zehnjährige Tochter wohnen seitdem tageweise bei Bekannten. Fünf Jahre lebte die 32-jährige Hallenserin von Arbeitslosengeld und Hartz IV - und kam mit dem wenigen Geld nicht klar. Sie bestellte dennoch im Versandhaus, zahlte die Energiekosten nicht und hatte zum Schluss keinen Überblick mehr über ihre Finanzlage: "Mir ist das alles über den Kopf gewachsen", berichtet sie verzweifelt. Allein bei der Energieversorgung Halle (EVH) sind Energieschulden in Höhe von 3 000 Euro aufgelaufen, außerdem gibt es noch 32 weitere Gläubiger. Obwohl die junge Frau sogar wieder eine Arbeitsstelle hat, muss sie jetzt Verbraucherinsolvenz anmelden.

Großer Beratungsbedarf

Claudia D. ist mit diesen Problemen nicht alleine: Während die Zahl der angemeldeten Privatinsolvenzen am Amtsgericht Halle nach Angaben von Pressesprecher Werner Budtke vom Jahr 2004 von 717 auf genau 1791 im Jahr 2007 stieg, so stiegen auch die Energieschulden bei den Stadtwerken ins Astronomische. Mit 5,1 Millionen Euro stehen Kunden laut Marketing-Leiterin Ute Brockhaus derzeit in der Kreide. "Das ist eine erschreckende Summe", sagt sie. Im Vorjahr hatten Kunden bereits 3,1 Millionen Euro Energieschulden. 2005 waren es "nur" 2,2 Millionen Euro.

Derzeit, so Brockhaus, sei 1700 Haushalten in Halle wegen Schulden der Strom abgestellt. 40 Prozent der Kunden, die in das Kundencenter der Stadtwerke kommen, hätten Klärungsbedarf wegen Rechnungen, Stundungen oder Ratenzahlungen. Allerdings sei nicht jeder zahlungsunfähig, der seine Rechnung liegen lässt oder Abschläge nicht bezahlt: Verschickte die EVH im Vorjahr 63 000 Mahnungen bei Rückständen ab 100 Euro, so zahlte darauf die Mehrzahl der Kunden. Dennoch waren 12 000 zweite Mahnungen nötig, nach denen insgesamt 3 700 Sperrungen veranlasst wurden.

Ratenzahlung möglich

Im EVH-Kundencenter, so betont dessen Leiter Steffen Dargies, bemühe man sich um Lösungen wie Ratenzahlungsvereinbarungen, oder Stundungen. Und auch wenn ein Sperrtermin angekündigt ist, gehe ein Mitarbeiter persönlich zu dem Kunden und versuche per Barkasse eine Sperrung zu verhindern. Auch werde auf Schuldnerberatungsstellen hingewiesen.

Den Weg zur Schuldnerberatung ist auch Claudia D. gegangen - allerdings zu spät. Denn das 1999 eingeführte Verbraucherinsolvenzgesetz kann nicht von heute auf morgen helfen. "Die Vorbereitung eines Insolvenzverfahrens kann je nach Fall bis zu einem Jahr dauern", sagt Astrid Albrecht, Leiterin der Schuldnerberatung der Verbraucherzentrale. Auch hier sei die Zahl der Beratungen stetig gestiegen, knapp 200 Klienten werden derzeit in dem vorgeschriebenen außergerichtlichen Schuldenbereinigungsverfahren betreut: Dabei werden die Außenstände aufgelistet und alle Schuldner angeschrieben. Neben Miet-, Energie - und Unterhaltsschulden seien auch Schulden bei Versicherungen häufig. Erst danach kann ein Insolvenzverfahren am Gericht überhaupt eröffnet werden.