Streit um Schulumbau in Halle-Trotha Streit um Schulumbau in Halle-Trotha: "Dinge die einfach keinen Sinn machen"

Halle (Saale) - Eigentlich müssten sich Lehrer und Schüler der Hans-Christian-Andersen-Grundschule freuen, dass ihre Unterrichtsräume bald saniert werden. Denn die sind mächtig in die Jahre gekommen. In dem Gebäude vom Typ „Trauzettel“ stammt einiges noch aus dem Baujahr 1965. Das Gebäude ist in einem schlechten Zustand. Farbe bröckelt, Linoleum hebt sich, die Geländer sind abgegriffen, mancherorts sind Wände mit Spanplatten verdeckt oder Räume ganz verschlossen, weil sie nicht mehr nutzbar sind.
Hinzu kommen für heutige Standards ungewöhnlich viele Treppen im Schulgebäude. Nicht nur die Haupt-Etagen sind über mehrere Stufen miteinander verbunden. Auch auf einer Etage selbst gibt es kleine Treppen mit gerade einmal zwei Stufen. Für Rollstuhlfahrer, an die in den 60er Jahren noch niemand dachte, eine riesige Hürde.
Sanierung von Schulen in Halle: 50 Einrichtungen auf Plan
Die Stadt erkannte den Handlungsbedarf und nahm die Andersen-Schule in ihren Sanierungsplan auf. Sie ist eine von 50 Einrichtungen, die in den kommenden fünf Jahren für insgesamt rund 255 Millionen Euro saniert werden. Doch während die Verwaltung darauf verweist, dass die Schule in die Umbaupläne eingebunden wurde, herrscht in dem Haus in der Seebener Straße große Skepsis. „Wir freuen uns zwar, dass nun etwas passiert, allerdings sind wir mit den Planungen nicht zufrieden“, sagte der Vorsitzende des Stadtelternrates, Thomas Senger, bei einem Treffen mit Direktorin Bianca Kutzner in der Schule.
Nach der Sanierung werde sehr viel Nutzfläche innerhalb der Klassenräume verloren gehen, weil Teile der Räume als Fluchtweg genutzt werden sollen. „Die Wegebeziehungen ändern sich komplett“, sagte Senger. In manche Klassenräume, in denen es bisher nur eine Tür gab, müsste aus brandschutztechnischen Gründen eine zweite eingebaut werden. Im Weg zwischen diesen beiden Türen dürften keine Bänke oder Ranzen stehen, weshalb der Platz sehr beengt sei.
Stadtelternratschef: Dinge, die einfach keinen Sinn machen
„Darüber hinaus gibt es noch andere Dinge, die einfach keinen Sinn machen“, so Senger. So würden Türen nach innen aufgehen - im Brandfall alles andere als optimal. Das Lehrerzimmer solle aus bislang völlig ausreichenden Räumen in einen alten Biologie-Vorlesungssaal mit unterschiedlichem Boden-Niveau umziehen.
Wie in einem Kinosaal würden die Lehrer dann auf verschiedenen Ebenen sitzen. Eine Angleichung des Bodens sei ebenfalls schwer, weil die Decke schräg verlaufe und der Raum nach der Nivellierung am früher tiefsten Punkt sehr eng werde. Ein ungeschickt platzierter Aufzug, viel zu weite Wege für Rollstuhlfahrer, zu wenig Stauraum für Jacken und Ranzen und das Verbauen des Eingangsbereichs sind weitere Kritikpunkte Sengers.
Sanierungsprogramm „Stark III“als sehr enge Förderrichtlinie
Auf der vergangenen Sitzung des Bauausschusses hatte sich die Kultur-Beigeordnete Judith Marquardt bereits zu der Kritik an den Sanierungsplänen im Allgemeinen geäußert. Dabei führte sie aus, dass das Sanierungsprogramm „Stark III“, mit dessen Hilfe gebaut wird, eine sehr enge Förderrichtlinie sei, die im Kern energetische Sanierung, also etwa Heizungsanlagen oder Wärmedämmung, fördert.
„Der Anteil der energetischen Sanierung an der Bausumme muss über 50 Prozent liegen. Fällt er darunter, gibt es gar keine Förderung“, sagte sie. Deshalb seien große Sonderwünsche abseits der energetischen Sanierung nicht erfüllbar. Die Schulen seien außerdem über die Bauvorhaben informiert worden. „2016 wurden die Pläne mit den Schulen besprochen, es gibt dazu auch Protokolle“, sagte Marquardt.
Schulsanierung in Halle: Stadt hat nur 14 Tage Zeit, den Förderantrag zu stellen
Schulleiterin Bianca Kutzner sagte dazu: „Da lag zwar ein Bauplan aus, aber als Laie fühlte ich mich nicht in der Lage, das einzuschätzen.“ Man habe sie zeitlich unter Druck gesetzt und gesagt, die Stadt habe nur 14 Tage Zeit, den Förderantrag zu stellen. Die Unterschrift, die sie tatsächlich unter die Unterlagen gesetzt habe, habe sie als Anwesenheits-Bestätigung angesehen aber nicht als Absegnung der Baupläne. „Außerdem hat die Architektin der Stadt gesagt, dass es schwierig sein wird, jetzt noch große Änderungswünsche einzuarbeiten. Ich wäre im Vorfeld einfach gerne informiert worden“, so Kutzner.
Die Stadt kontert auf MZ-Nachfrage, es liege ein schriftliches Einverständnis für die Baumaßnahmen vor. Dennoch scheint das Rathaus einen Schritt auf die Schule zuzukommen. So stelle die Stadt jeder Schule einen zentralen Ansprechpartner zur Verfügung, der die Baumaßnahme begleite. „An diesen kann sich die Schule jederzeit wenden“, sagt Marquardt. „Änderungen können berücksichtigt werden, wenn sie dem Förderantrag nicht widersprechen. Das ist im Einzelfall zu prüfen.“ In der Andersen-Schule jedenfalls hofft man allerdings, dass die Stadt die Pläne noch einmal überdenkt. (mz)
