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Stolpersteine mit Rosen geschmückt

Von Heidi Pohle 18.05.2008, 16:51

Halle/MZ. - Max Schwab hat Rosen mitgebracht, für jeden eine. Für Fritz Schwab und seine Frau Zlata sowie für die drei Töchter Margit, Edith und Liliane. Behutsam legt er die Blumen neben die im Gehweg eingelassenen Steine. Der 76-jährige emeritierte Professor der Uni Halle ist froh, dass an seine Verwandten, die 1943 in Auschwitz umkamen, nun Stolpersteine vor jenem Eckhaus am Eselsbrunnen erinnern, in dem sie zuletzt lebten.

Er kennt erst seit kurzem das Schicksal des Cousins seines Vaters und das seiner Großcousinen, die nur wenig älter waren als er selbst. Ihr Weg in die Emigration ist noch nicht ganz erforscht; zudem gibt es bislang nur von Vater, Mutter und Margit Fotos. "Deshalb werden wir weiter nach Spuren suchen", sagt Max Schwab. Er überlebte den Holocaust, weil seine Mutter zwar den jüdischen Glauben angenommen hatte, aber im Nazi-Regime als arisch galt. Sein Vater Julius jedoch wurde wie die Familie Fritz Schwabs in Auschwitz ermordet.

Den Anstoß für die Recherchen hatte Uwe Maul gegeben, der mit seinen Schülern vom Herder-Gymnasium auf die Spur der Schwabs gestoßen war. Volkhard Winkelmann, einst Lehrer am Südstadt-Gymnasium, erforscht seit Jahren die Geschichte von Holocaust-Opfern und recherchierte ebenfalls. Und zwar online in der Datenbank der israelischen Gedenkstätte Yad Vashem. Dort fand er die Namen ebenso wie im Archiv des Konzentrationslagers Buchenwald.

So stehe fest, dass der Kaufmann Fritz Schwab, geboren 1891, mit Tochter Edith (geb. 1928) über Prag nach Belgien emigrierte. Seine Frau Zlata, eine 1904 geborene Polin, wurde mit Margit (1927) und Liliane (1929) wenig später im Jahr 1938 von der Polizei aus Halle ausgewiesen. Über Frankreich und Holland kamen auch sie nach Belgien, lebten in Mechelen in einer als Sammellager umfunktionierten Kaserne. "Dort begann die SS 1942, Juden mit Zügen der deutschen Reichsbahn nach Auschwitz zu transportieren", erzählt Volkhard Winkelmann. Über 25 000 seien es innerhalb von zwei Jahren gewesen, darunter auch die Schwabs.

Da Fritz und Edith am 18. Januar 1943 im KZ Auschwitz ermordet wurden und Zlata mit Margit und Liliane drei Monate später, am 21. April, sei anzunehmen, dass sich die Familie nach ihrer Trennung nie wieder gesehen habe, so Winkelmann. Er hat bislang die Schicksale von 391 Juden aus Halle dokumentiert und sie im "Gedenkbuch für die Toten des Holocaust aus Halle" festgehalten, dessen dritte Auflage demnächst erscheint.

Max Schwab, Mitglied der jüdischen Gemeinde Halle, lernte seine Großcousinen und deren Eltern nie kennen, wusste nichts von ihrer Existenz, da sie schon wenige Jahre nach seiner Geburt ausgewandert waren. Umso dankbarer sei er, wie er sagte, dass an sie nun erinnert werde. Vielleicht gelinge es ihm ja, in Mechelen noch Fotos von Edith und Liliane zu finden. Bewegt dankte er allen, die sich an der Suche nach seinen Verwandten beteiligten sowie dem Kölner Künstler Gunter Demnig. Er fertigte die mit einer Messingtafel versehenen Steine an. Mit einem Gebet, das die Juden für Holocaust-Opfer sprechen, beendete er die Feierstunde.