Stellenabbau der Verwaltung Stellenabbau der Verwaltung: Droht Halle der Personal-Kollaps?

Halle/MZ - Die Szenarien passen nicht zusammen. Während die Stadtverwaltung einerseits 250 Stellen abbauen will, malen der Personalrat und die Gewerkschaft Verdi ein Schreckensbild über die Zustände in der Stadtverwaltung: Personalmangel in vielen Ecken, Überlastung, hoher Krankenstand. Die Stadt, so die Botschaft, könne in vielen Bereichen nicht einmal mehr die Pflichtaufgaben erfüllen. Der Hilferuf der städtischen Mitarbeiter hat auch die Stadtratsfraktionen erreicht. Die haben dringenden Gesprächsbedarf über die Bereiche angemeldet, in denen der Personalabbau stattfinden soll.
Anmeldungen abgelehnt
Besonders weit klaffen Anspruch und Wirklichkeit nach Darstellung von Simona König, der Personalratsvorsitzenden, im Geschäftsbereich IV, Bildung und Soziales, auseinander. Nach MZ-Informationen hatten allein die zwei Fachbereichsleiter für Bildung, Katharina Brederlow, und Soziales, Jörg Baus, einen akuten Stellenbedarf von 33 Stellen angemeldet, um die Aufgaben, etwa im Jugend- oder im Sozialamt, zu erfüllen - einen Teil davon schon für das laufende Jahr. Am Ende, so steht es in der Planung der Verwaltung, bekommt Dezernent Tobias Kogge für seinen Geschäftsbereich keine einzige zusätzliche Stelle. Stattdessen sieht die Personalplanung, die Kämmerer Egbert Geier im Finanzausschuss vorgestellt hat, einen Abbau von 68,5 Stellen über sogenannte KW-Vermerke vor. Eine Stelle mit einem solchen Vermerk fällt weg, wenn der Inhaber aus dem Dienst der Stadt ausscheidet.
Nach Darstellung von Simona König auf einer Verdi-Mitgliederversammlung Anfang September sind zentrale Bereiche, die Pflichtaufgaben der Stadt umfassen, derzeit durch Mitarbeitermangel überlastet. Brennpunkt ist, neben dem Jugendamt, die Asylbewerberbetreuung im Fachbereich Soziales. Doch auch im Geschäftsbereich Stadtentwicklung und Umwelt von Uwe Stäglin herrsche an einigen Stellen Mangel, so in der Abteilung Baugenehmigungen oder im Grünflächenamt .
„Ich bin angefasst“ hatte SPD-Fraktionschef Johannes Krause gesagt, als er den Vortrag der Personalratsvorsitzenden Simona König zur Personalsituation in einigen Behörden der Stadt gehört hatte. Denn Königs Zahlen zeichnen ein dramatisches Bild:
Die seit Monaten steigenden Bewerberzahlen stellen das Sozialamt vor große Herausforderungen. Inzwischen kämen rund 260 Fälle auf einen Mitarbeiter. Eine Richtlinie empfehle dagegen 120 Fälle. So könnten Anträge nur verzögert bearbeitet werden, auch die Auszahlung der Gelder für den Lebensunterhalt stocke.
Große Probleme sieht König beim Allgemeinen Sozialen Dienst, der für die Betreuung von Kindern in schwierigen Familienverhältnissen zuständig ist und unter anderem bei drohender Kindswohlgefährdung aktiv werden muss. Hier liege die Fallbelastung pro Mitarbeiter inzwischen bei 40 bis 44, der allgemein anerkannte Schnitt liege bei 23 bis 25.
Auch hier fehlen Mitarbeiter zur Bearbeitung der Anträge. So werden Baugenehmigungen verzögert, und die Mitarbeiter, die noch da sind, sehen sich sogar teilweise mit Untätigkeitsklagen konfrontiert.
Kern des Problems sei, so sehen es zumindest viele Stadträte, dass die Stadt seit Jahren keine aktuellen Fachkonzepte habe. Diese müssten regeln, welches Amt wofür zuständig ist und wie viele Mitarbeiter dafür gebraucht werden. Bernd Wiegand hat die Konzepte seiner Vorgängerinnen für obsolet erklärt, ohne bisher eigene vorzulegen. Es habe, so versichern Kämmerer Egbert Geier und Finanzberater Jens Rauschenbach, eine Aufgabenkritik im Zuge der Haushaltsplanungen gegeben. Sie werde auch fortgesetzt. „Natürlich sind steigende Zahlen berücksichtigt“, sagte Geier. „Nicht jede Überlastungsanzeige bedeutet automatisch einen Stellenaufwuchs.“ Das könne auch über neue, optimierte Software oder eine andere Organisation geregelt werden.
Stadträte sind skeptisch
Und natürlich geht es beim Personalabbau um Einsparungen im Haushalt. „Man muss klar sagen: Wenn die Zielstellung von 250 Stellen aufgeweicht wird, hat das Auswirkungen auf den Haushalt“, warnte Geier. Denn das könnte ab der kommenden Woche drohen. Dann tritt der gemeinsame Ausschuss aus Fraktionen, Stadtverwaltung und Personalrat zusammen. „Da wollen wir dann für jede Stelle eine Begründung haben, warum die wegfallen kann“, sagte Bernhard Bönisch, CDU-Fraktionsvorsitzender. Im Grundsatz sei der Personalabbau aber in Ordnung. Auch der Fraktionschef der Linken, Bodo Meerheim, kündigte eine klare Aufgabenkritik an: „Einen Freifahrtsschein für die rund 250 Stellen kriegt die Verwaltung nicht von uns.“